Steven Soderbergh hat mit der „Ocean’s“ Reihe den Heist-Movie wieder Salonfähig gemacht. Mit „Logan Lucky“ kommt nun sein aktueller Streich in die Heimkinos. Ein Streich, der sich über die typischen Konventionen dieses Genres lustig macht. Soderbergh darf das!
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Rebecca Blunt
Darsteller: Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig, Riley Keough, Seth MacFarlane, Katie Holmes, Hilary Swank, Dwight Yoakam
Artikel von Victor Grytzka
Ich gebe es ja zu – mit Soderbergh-Filmen ist es bei mir immer ein wenig wie beim Pokern. Glück muss man haben. Während ich Filme wie z.B. Erin Brockovich., Traffic, Der Informant und Haywire sehr unterhaltsam fand, die Oean’s-Reihe wenigstens als „okay“ empfunden habe, dagegen aber Werke wie Magic Mike, Solaris und Liberace einfach nur daneben waren, war es schon spannend ob Logan Lucky nun Hit, Shit oder irgendetwas dazwischen ist. Denn es ist ja nicht so, als hätte man in den letzten Jahren nicht schon genug Filme über ausgetüftelte Raubzüge gesehen.
Doch zu meiner persönlichen Freude ist die Geschichte um die Logan-Geschiwster erfrischend anders, und nimmt dabei das Genre frontal aufs Korn. Worum es geht? Jimmy Logan (Channing Tatum) führt ein wirklich beschiss… bescheidenes Leben. Seine Ex-Frau (Katie Holmes) will seine geliebte Tochter zu einem medialen Vorzeigepüppchen machen, er verliert seinen Job, sein Bruder Clyde (Adam Driver) faselt ständig von einem Familienfluch und er gerät in eine Schlägerei mit dem Rennfahrer Max Chilblain (Seth MacFarlane). Es gibt nur einen Ausweg – viel Geld! Denn Geld macht glücklich! Der Plan? Während einer Autoshow die Einnahmen aus dem Tresorraum einer Rennstrecke stehlen. Zur Unterstützung heuert er den – derzeit inhaftierten – Tresorknacker Joe Bang (Daniel Craig) an – und der hat seine beiden Redneck-Brüder im Gepäck.
Vielen Dank, Mr. Soderbergh. Sie nehmen da ein Genre auf die Schippe, an dessen Erfolg sie in den letzten Jahren nicht ganz unbeteiligt waren. Und genau deshalb funktioniert Logan Lucky auf so vielen verschiedenen Ebenen. Auch wenn der Grund für den Raub nicht ganz klar wird und die Geschichte an sich natürlich nicht bahnbrechend ist, so haut Soderbergh – sorry – Drehbuchautorin Rebecca Blunt, die nicht existiert, den Mangel an kreativer Geschichte mit herrlich überzeichneten Charakteren und bizarren Situationen wieder raus.
Jeder der Protagonisten ist so überzeichnet dass man den chaotischen Haufen in keinem Moment auch nur ansatzweise ernst nehmen kann oder möchte. Jimmy, als Verlierer auf ganzer Linie, gibt den sympathischen Pechvogel,der im Endeffekt aber doch (zu) locker mit seinen Schicksal umgeht. Sein Bruder Clyde ist der einarmige Veteran mit Kriegstrauma. Mag er auch nicht viel in der Rübe haben, er trägt sein Herz am rechten Fleck. Katie Holmes, als Ex-Frau von Jimmy, gibt eine böse und überdrehte Vorstellung einer Mutter ab,die ihr Kind zum Erfolg drängen möchte. Mein Highlight ist jedoch Craig. Sein Charakter ist genau das was man von einem Knacki nicht erwartet. Klar, er kommt muskulös und tätowiert daher. Klar, er kann einschüchtern. Doch so richtig herrlich wird es wenn er sich über natriumarmes Salz aufregt, Sprengstoff aus Gummibärchen herstellt und kurz vor dem Coup noch die Ruhe findet ein Bier zu trinken. Auch in den Nebenrollen bekommen wir es mit nicht minder unterhaltsamen Vögeln zu tun. Seth MacFarlane gibt einen tollen überheblich-schmierigen und nichts könnenden Rennfahrer ab, Dwight Yoakam – ein weiteres Glanzstück – mimt einen Gefängnisdirektor der lediglich darauf bedacht ist, dass sein Gefängnis „reibungslos“ funktioniert – um jeden Preis.
Schon fast episodenhaft wurde die Geschichte dabei in eine Einleitung (Vorstellung der Charaktere), Hauptteil (Planung und Ausführung) und Finale bzw. „Aftermath“ (Auswirkungen) unterteilt. Dabei strotzt Logan Lucky nur so vor dummen Ideen und charmanten Gags, ohne dabei aber jemals wirklich in Niveaulosigkeit abzudriften. Eine Menge Wortwitz und Situationskomik. Oft steht die Unfähigkeit unserer sympathischen Saubande im Mittelpunkt. Und irgendwie dachte ich so manches mal: „Yep, das wäre mir auch passiert!“. Auf solche Identifikationsfiguren war man hier offensichtlich bedacht und konnte dies auch sehr erfolgreich umsetzen. Die Laufzeit ist mit knapp zwei Stunden ordentlich, vergeht aber durch den Mix aus Erzähltempo und Nebenplots (von denen es ein paar gibt) wie im Flug. Diese Nebengeschichten verlaufen auch nicht im Nichts, sondern ergeben am Ende des Filmes ein rundes und in sich schlüssiges Gesamtbild. Dort bediente man sich einem tollen Kniff, indem man 90 Minuten lang auf einen vermeintlichen Abschluss hinarbeitet, dann aber quasi eine Auflösung nach der Auflösung bringt. Aber zu viele Details möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. An einer Stelle im Film wird es etwas rührselig, das hat mich ein wenig gestört da es irgendwie nicht ins Pacing des Films passen wollte. Aber am Ende sind wir immer noch in Hollywood, da muss so etwas sein.
Wie zu erwarten liefert man hier eine makellose Produktion ab. Sets, Cast, Kameraarbeit, Soundtrack – hier einen Grund zum meckern zu finden dürfte schwer werden. Obwohl – mhhhh…. nee, da passt schon alles!
Qualitativ gefällt die Scheibe aus dem Hause Studiocanal. Bild und Ton sind erwartungsgemäß einwandfrei, die Synchro professionell. Als Bonus gibt es Interviews, Trailer, Making of und Deleted Scenes. Nichts außergewöhnlich Besonderes, aber eine nette Dreingabe.
Bis in die kleinsten Rollen toll gespielte Kleinganoven-Persiflage, die sich Soderbergh Fans, und solche die es werden wollen, ohne Bedenken ansehen können. Die Riesenlacher bleiben zwar aus, aber zu einem Kichern und Schmunzeln reicht es jederzeit. Da dies durch den starken Cast kompensiert wird wäre jede weitere Fledderei einfach nur meckern auf zu hohem Niveau. Runde Sache, das Ding!