Billy Wilder hat viele Klassiker gedreht und zählt bis heute zu den erfolgreichsten Filmemachern Hollywoods. Mit EXTRABLATT wird nun ein Spätwerk mit der Topbesetzung Matthau/Lemmon verdientermaßen neu aufgelegt. Ob der Witz des alten Kassenknüllers allerdings heute noch überspringt, wird sich zeigen.
Regie: Billy Wilder
Darsteller: Jack Lemmon, Walter Matthau, Susan Sarandon
Artikel von Kai Kinnert
Billy Wilder war ein Meister der wortgewandten und verzwickten Screwball-Comedy. Viele seiner Filme gehören zu den ewigen Klassikern Hollywoods und beweisen sich bis heute als zeitlos in Sachen Witz und Inszenierung. Kriegt ein heutiger Regisseur gesagt, das Billy Wilder stolz auf ihn wäre, dann würde er sich geehrt fühlen. Die Frechheit im Witz, das hohe Tempo und die meist grandiose Verdichtung eines Gags auf eine übergeordnete Pointe, sind bis heute Vorbild für viele Filme. Doch Wilder drehte nicht nur reine Komödien. Oft waren seine Filme von politischen und zeitgenössischen Anspielungen durchzogen und er bediente sich dabei gerne des Unkorrekten. Dieser doppelte Boden in seinen Filmen, ein scharfzüngiges Beobachten der Gegenwart, und ein zackiges Drehbuch, gekoppelt mit einigen ikonografischen Kameraeinstellungen (wie zB. in MANCHE MÖGENS HEISS, der Marilyn Monroe zum endgültigen Weltstar machte), ist intelligentes Kino. Billy Wilder war sich nicht nur dem Tempo und seinem Ensemble bewusst, er wusste auch die Kamera zu inszenieren. Gut also, das dieser Klassiker nun endlich im richtigen Bildformat veröffentlicht wird.
Billy Wilder drehte EXTRABLATT mit Walter Matthau und Jack Lemmon in den Hauptrollen und hatte damit das damalige Dreamteam in Sachen Schlagfertigkeit vor der Kamera. Matthau und Lemmon sind das Spencer/Hill-Duo des Quatschens. Außerdem hat hier eine junge Susan Sarandon ihre erste große Rolle und schaffte so den Durchbruch, denn der Film wurde damals ein Hit.
In Wilders drittletztem Film geht es um den Chefredakteur Walter Burns (Walter Matthau) und seinen besten Reporter Hildy Johnson (Jack Lemmon), der just an dem Tag Peggy Grant (Susan Sarandon) heiraten möchte, als sein Chef ihn am dringendsten braucht. Der Film spielt 1929 und alles passiert analog. Das macht Wilder in der tollen Eröffnungssequenz deutlich. Hier wird die Titelseite einer Tageszeitung noch kompliziert im Bleisatz aufs Papier gebracht, Telefone hatten Schnüre und Schreibmaschinen waren das einzige Werkzeug um zu Schreiben. Im städtischen Gefängnis soll ein Polizistenmörder hingerichtet werden, eine echte Sensation, und so versammelt sich schon eine Reportermeute im Presseraum des Gefängnisses. Es gilt als Erster die Sensationsnachricht in blumigen Worten an die Redaktionen zu schicken, um so mit der besten Schlagzeile in den Druck zu gehen.
Nur Burns kann keinen Reporter hinschicken, weil Johnson gerade gekündigt hat, um seine Liebste zu heiraten. Burns, sowieso etwas cholerisch, setzt nun alles darauf an, Johnson die Heirat zu vermasseln, um ihn für die Schlagzeile zu gewinnen. Zur gleichen Zeit gerät die Situation durch die Flucht des angeblichen Mörders aus dem Gefängnis außer Kontrolle und das Geschehen nimmt seine Fahrt auf. Auf der einen Seite Ärger mit Johnson, auf der anderen Seite der wohl doch unschuldige, aber dämliche Flüchtling, der natürlich Burns in die Arme läuft und ihm so die absolute Exklusivstory bringen würde. Er versteckt den angeblichen Polizistenmörder im Sekretär seines Büros vor der Polizei und hat dabei natürlich das quirlige Geschehen der gesamten Handlung drumherum, was alles nur noch schwieriger macht.
Das am Ende alles wieder Gut wird, ist klar, denn eine Screwball-Comedy lebt nicht vom überraschenden Ende, sondern von dem Chaos auf dem Weg dorthin. Und da hapert es bei EXTRABLATT ein wenig.
Der Film überrascht mit einigen derben Dialogen, politischer Unkorrektheit und leider nur wenigen, guten Gags. Natürlich gibt es schöne Nummern, wie zum Beispiel, als Burns die Braut aufsucht und sich als Sheriff ausgibt, der Johnson wegen Exhibitionismus sucht. Matthau spielt das gewohnt knurrig-komisch, als auf dem Höhepunkt der Szene Jack Lemmon anruft und mit seiner Braut spricht. Die Nummer ist auch heute noch echt komisch. Auch die Anspielung mit dem Sekretär, in dem sich der Gesuchte versteckt, ist eine schöne Anspielung an Hitchcocks COCKTAIL FÜR EINE LEICHE und wird geschickt von Wilder inszeniert. Ansonsten sind es zu viele Zuspitzungen, wie die in Zeitraffer gedrehte Verfolgungsjagd und etliches Hochzeitsgewusel. Das funktioniert in EINS, ZWEI, DREI (1961) bis heute großartig, aber in EXTRABLATT fusioniert das Geschehen nicht so gut, als das man sich hinterher groß daran erinnern würde.
In EIN SELTSAMES PAAR fanden Walter Matthau und Jack Lemmon in Höchstform zueinander, doch hier geht das Gesamtkonzept der Screwball-Comedy nicht ganz auf. Zuviel vom Film hat die Zeit nicht überstanden. Das der Film trotzdem ein Klassiker ist, liegt an der Qualität von Billy Wilders Inszenierung und seinen Schauspielern. Es ist gut, EXTRABLATT mal wieder gesehen zu haben, aber dann reicht´s auch für die nächsten Jahre. Der Film ist erstklassig remasterd und endlich im originalen Bildformat 2,35:1 erschienen. Als Extra gibt es ein langes, offenes Interview/Gespräch mit Billy Wilder von 1995. Für Wilder-Fans und Filmsammler lohnt dieses Update, für den launigen Komödienabend allein reicht es aber nicht.