Wie weit geht eine Mutter, wenn ihr Sohn entführt wird? Welchen Preis ist sie bereit zu zahlen? Diese Frage stellt Regisseurin Mar Targarona, die zuvor als Produzentin an filmischen Highlights, wie z.B. „Das Waisenhaus“ und „Julia’s Eyes“ beteiligt war. OFDb-Filmworks präsentiert uns den spanischen Thriller.

Originaltitel: Secuestro

Regie:  Mar Targarona

Darsteller: Blanca Portillo, Antonio Dechent, Marc Domenech, Andres Herrera

Artikel von Victor Grytzka

Der spanische Film hat sich, insbesondere seit Beginn des neuen Jahrtausends, immer wieder als eine sichere Bank toller Produktionen etabliert. Egal ob Thriller, Horror, Komödie – die Spanier haben es drauf. Nun ist es dabei aber so, dass man natürlich auch ein klein wenig Fan solcher Filme sein muss. Dies ist bei mir der Fall – Glück gehabt!

Als Victor (Marc Domenech), der Sohn der Anwältin Patricia (Blanca Portillo) eines Tages schwer verletzt aufgegriffen wird, weiß zunächst keiner was passiert ist. Bis Victor von einer Entführung berichtet. Der Polizist Requena (Antonio Dechent) stößt auf den Kleinkriminellen Charlie (Andres Herrera), der die Tat begangen haben soll. Aus Mangel an Beweisen muss er jedoch laufen gelassen werden, und so greift Patricia zur Selbstjustiz. Das Ganze gerät außer Kontrolle als etwas schief geht, Victor sein Schweigen bricht, und damit eine Verkettung von gefährlichen Ereignissen auslöst.

Irgendwie fühlte ich mich durch die Texte auf dem Cover etwas in die Irre geführt. Will man uns „Boy Missing“ doch tatsächlich als knallharten Rachethriller verkaufen, der er im Endeffekt gar nicht ist. Eher zahm benimmt sich Hauptdarstellerin Portillo in dem Machwerk, das nach knapp 100 Minuten als grundsolider Krimi endet. Vom angekündigten „Thrill“ gibt es leider viel zu wenig. Dafür wird der Zuschauer mit einer halbwegs intelligent verzweigten Story aus Lug, Betrug und Geldgier belohnt, an deren Ende es keine wirklichen Gewinner gibt.  Auf die Geschichte möchte ich nicht allzu sehr eingehen, da der Film einige interessante Wendungen beinhaltet, die – würde man sie spoilern – einfach zu viel vorweg nehmen würden. Eine Sache darf ich allerdings sagen. Nach einem recht müden Start entpuppt sich „Boy Missing“ als kleine Wundertüte, die an manchen Stellen für Verblüffung sorgen wird.

Handwerklich ist dem Film nichts vorzuwerfen. Eine recht kühle Optik dient der Grundstimmung, Kulissen und Sets sind stimmig gewählt. Das Gesamtpaket wagt sich dabei nicht. aus den vorgelegten Konventionen eines Krimis auszubrechen, spult die bekannten Standards dafür aber sehr sauber ab. Die Darsteller überzeugen, wenn auch Hauptdarstellerin Portillo etwas mehr Mimik gut gestanden hätte.Einige ihrer Reaktionen wirken für die gebotene Situation einfach zu kühl und unecht.  Lob an den kleinen Marc Domenech. Kinderdarsteller neigen dazu mich häufig zu nerven. Doch er beweist dass er seine Rolle verstanden hat, und spielt schon „wie ein Großer“. Angenehm.  Der Soundtrack wurde passend gewählt, ist aber nichts Besonderes, so dass ich ihn jetzt schon wieder weitestgehend vergessen habe.

Die Scheibe der „OFDb–Filmworks“ präsentiert sich als ordentliches Gesamtpaket. Die Synchro ist gelungen, Bild und Ton auf einem guten Niveau und gefällig abgemischt. Boni bekommt man als Zuschauer auch. So gibt es diverse Trailer, ein Making-Of und eine Interview-Featurette.

„Boy Missing“ ist ein durchaus solider Krimi mit Abzügen in der B-Note. Zuerst kommt der Film nicht wirklich in Fahrt, entschädigt danach aber mit einigen verblüffenden Plottwists, die den Zuschauer vor dem Bildschirm halten. Leider hat man zu sehr die etablierten Formeln des Krimis gewählt, so dass am Ende ein wenig der „Pfeffer“ fehlt, um das Machwerk aus der Masse hervorstechen zu lassen. Dennoch – Genrefans sollten einen Blick riskieren. „Boy Missing“ ist am Ende des Tages ein angenehmer Krimi, den man zwar nicht gesehen haben muss, der aber einen verregneten Nachmittag erträglicher machen kann.

Trailer:

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