Gute Komödien sind im Jahr 2018 rar gesät. Nachdem zumindest „Game Night“ (2018) etwas frischen Wind erzeugt hat, erwartet uns mit „Der Sex Pakt“ (2018) nun der nächste komödiantische Kassenerfolg im Heimkino. Ob die Teenager-Comedy ähnlich überraschende Facetten aufweist, oder sich doch nur in ausgetretenen Post-„American Pie“-Pfaden bewegt, erfahrt Ihr in unserer ausführlichen Kritik!
Originaltitel: Blockers
Drehbuch: Brian Kehoe, Jim Kehoe
Regie: Kay Cannon
Darsteller: Leslie Mann, John Cena, Ike Barinholtz, Kathryn Newton, Geraldine Viswanathan, Gideon Adlon…
Artikel von Christopher Feldmann
Das alte Lied vom ersten Mal. Schon viele Teenager-Komödien bedienten sich diesem Mythos, indem sie reihenweise pubertierende Jungfrauen in feuchtfröhlich zotige Abenteuer schickten, die sich seit jeher als erfolgreich erwiesen. Angefangen mit den israelischen „Eis am Stiel“-Filmen, bis zum Höhepunkt mit „American Pie“ (1999), inklusive Sequels, Spin-Offs und weiteren, im Fahrwasser des Kult-Hits schwimmenden, Sex-Klamotten, die sich besonders in den 2000ern großer Beliebtheit erfreuten. Wahrscheinlich gibt es wenige Genres, die in solcher Häufigkeit bis Heute bedient werden. Auch in den letzten Jahren verschwand diese Spielart nicht, sondern bekam durch den Erfolg von Filmen wie „Hangover“ (2009) noch etwas mehr Aufwind. Kay Cannons „Der Sex Pakt“ (2018), im Original treffender als „Blockers“ bezeichnet, wandelt dabei in recht klassischen Spuren und atmet den Geist der späten 90er, gibt sich aber weitaus mehr Mühe dem Zuschauer eine neue Perspektive zu bieten. Das ist dem Film durchaus anzurechnen, auch wenn man hier sehr „auf Nummer sicher“ geht.
Julie (Kathryn Newton), Kayla (Geraldine Viswanathan) und Sam (Gideon Adlon) sind seit Kindergarten-Tagen die besten Freundinnen und stehen nun vor ihrem bisher größten Tag, dem Abschlussball. Diese Nacht soll etwas ganz Besonderes werden, denn die drei Mädels wollen endlich ihre Jungfräuligkeit verlieren, um endlich den Schritt in Richtung Frau zu gehen. Somit schließen sie einen „Sex Pakt“ und beschließen, dass alle drei in dieser Nacht Sex haben werden. Sehr zum Leidwesen ihrer Eltern, die von dem Geheimnis erfahren und Alles daran setzen, dies zu verhindern. Während Julies alleinerziehende Mutter Lisa (Leslie Mann) sowieso Probleme damit hat, ihre Tochter loszulassen, sind auch Kaylas überfürsorglicher Vater Mitch (John Cena), sowie Sams entfremdeter, und von Ihr als Versager bezeichneter, Vater Hunter (Ike Barinholtz) mit von der Partie. Gemeinsam begeben Sie sich auf eine Odysee, um ihre Engel zu schützen.
„Blockers“ ist kein sonderlich guter Film, jedoch hat er Etwas zu sagen, was man einem Film dieses Kalibers wahrscheinlich nicht unbedingt zugetraut hätte. Während in vergangenen Sex-Comedys der Fokus immer auf den Männern lag, die um die Gunst der Frauen kämpfen mussten, um auf die sagenumwobene „dritte Base“ zu kommen, dürfen hier nun auch mal die Damen ihre Sexualität kennenlernen. Der Film kritisiert dabei ganz klar das Messen mit zweierlei Maß. Wenn es Jungs wären, hätten die Eltern vermutlich kein Problem damit, dass diese nach sexueller Befriedigung suchen. Mit einem Schmunzeln erinnern wir uns noch an die motivierenden Pepp-Talks von Jims Dad aus „American Pie“ (1999). Beim weiblichen Geschlecht sieht die Situation dann schon wieder anders aus. Man geht automatisch vom Schlimmsten aus, aber warum? Richtig, weil Frauen das schwächere und Beschützens wertere Geschlecht darstellen. Eigentlich völliger Quatsch aber in den Köpfen vorhanden. Deswegen stellt „Blockers“ auch die berechtigte Frage: Warum dürfen Frauen nicht genauso die Sau raus lassen? Die Komödie liefert keine wirkliche Antwort, da man sich in alt bewehrten Rezepturen verliert. Positiv anzumerken sind die Figuren der jugendlichen Protagonistinnen. Die werden nicht als notgeile, gierige Schlampen dargestellt, sondern als durchaus differenzierte Charaktere, die sich selbst einschätzen können und recht klischeebefreit agieren, ohne jemals zum Comic-Relief zu verkommen. Auch Sam, der man eine kleine Nebenhandlung gibt, welche sich um ihre wahre sexuelle Orientierung dreht, kommt ohne die üblichen Lesben-Gags aus. Eigentlich ein recht interessantes Beziehungsgeflecht, welches eine gute Vorlage für eine charmante Teenager-Comedy mit Coming of Age-Elementen darstellt, jedoch durch das eigene Ende negiert wird.
SPOILER:
Natürlich haben die Mädels am Ende keinen Sex, denn sie erkennen, dass es falsch ist seine Jungfräuligkeit zu verlieren, wenn man sich nicht absolut sicher ist. Das ist für meinen Geschmack zu inkonsequent, wenn man schon darauf herumreitet, dass Frauen emanzipiert handeln sollen und Sie dasselbe Recht auf sexuelle Freiheit haben.
Das Ende ist nicht der einzige Haken an „Blockers“. Natürlich räumt der Film den überfürsorglichen Eltern die meiste Screen-Time ein. Es ist ja auch viel lustiger, drei erwachsenen Menschen dabei zuzusehen, wie sie in abstruse Situationen geraten, in denen man viele zotige Gags unterbringen kann. Das sind auch die Passagen, in denen die Komödie ihre eigenen Prinzipien und Grundpfeiler vergisst, um möglichst abgefahrene Slapstick- und Gross-Out-Einlagen aneinanderzureihen. So bekommt man in „Blockers“ alles geboten, was dem Regelwerk nach in solch einen Film gehört. Drogenkonsum, eine Kotz-Orgie, derbe Sprüche, nackte Penisse, sowie eine, wenn auch nicht unlustige Szene, in der sich Cena und Barinholtz mit einem Pärchen auseinandersetzen müssen, das seine ganz eigenen Vorlieben hat. Und egal wie engagiert sich John Cena Bier ins Rektum pumpen lässt, es hat einen faden Beigeschmack und wirkt wie die obligatorische Provokation, die ja zum Genre gehört. Somit folgt der Film meistens den Eltern, die abgefahrenen Scheiß machen, den man dann lustig finden soll, anstatt sich mit den wirklich interessanten Figuren auseinanderzusetzen. Nicht, dass die Gags nicht witzig wären, sie wirken einfach größtenteils nicht homogen zum eigentlichen Kern des Films. Kay Cannon, die bereits als Autorin die, durchaus unterhaltsame, „Pitch Perfect“-Reihe betreut hat, liefert hier ihr Debüt als Regisseurin ab und macht einen soliden Job. Das Pacing stimmt und die Gags sind gut in den Film eingestreut, wobei wahrscheinlich das Knacken des „Emoji-Codes“ noch das Highlight darstellt.
Die Darsteller machen alle einen guten Job. Auch wenn sie im Schatten ihrer Film-Eltern stehen, liefern Newton, Viswanathan und Adlon eine charmante Performance ab. Auch Leslie Mann, John Cena und Ike Barinholtz schmeißen sich mit Verve in ihre Parts. Während Mann mit Bravour die klammernde Single-Mom gibt, kann vor Allem Cena als spießiger, sowie überforderter Daddy viele Gags für sich verbuchen. Dass durchaus Talent in dem Wrestler steckt, hat er schon in der Amy Schumer-Komödie „Trainwreck“ (2015) bewiesen. Nun darf er endlich mehr zeigen und kommt dabei gut zur Geltung. Gut gewählt ist auch Ike Barinholtz, der als tollpatschiger Taugenichts noch am meisten Vernunft hat und immer wieder an den Verstand seiner beiden Mitstreiter appelliert. Er ist die gesündeste Mischung aus kindlicher Unbeholfenheit und edlen Absichten. Es sind die gut aufspielenden Darsteller, die die Fehler des Films etwas wettmachen und einige Drehbuchpatzer vergessen machen, was „Blockers“ zumindest unterhaltsam macht.
Fazit:
„Der Sex Pakt“ (2018) ist eine typische US-Teenager Comedy, die erfreulicherweise einen frischeren Ansatz wählt, als das immer gleiche Lied von ausufernden Partys mit derbem Einschlag. Eigentlich ein Plädoyer für Emanzipation und das Recht auf die sexuelle Freiheit, welches aber nicht ohne den typisch zotigen Humor bekannter Genre-Vertreter auskommt und zum Schluss auch seine eigene Prämisse vergisst. Statt konsequent zu sein, geht der Film mit den bekannten Mustern „auf Nummer sicher“, bietet aber mit seinem charmanten Cast durchaus solide Unterhaltung.