Wenn schwerwiegende, historisch bedeutsame Ereignisse verfilmt werden¸ ist das Prädikat „besonders wertvoll“ nicht weit, besonders wenn es um Thematiken wie Rassismus geht. Mit „Kings“ (2017) erscheint nun ein weiterer Film im Heimkino, der sich diesem Sujet bedient und eine der dunkelsten Zeiten der Stadt Los Angeles in den 90er Jahren nachzeichnet. Hat man schon oft gesehen und es würde wahrscheinlich auch kein Hahn danach krähen, wenn mit Halle Berry und Daniel Craig nicht zwei Stars in den Hauptrollen zu sehen wären. Ob das Drama Gewicht hat und überzeugen kann, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Kritik!

Originaltitel: Kings

Drehbuch & Regie: Deniz Gamze Ergüven

Darsteller: Halle Berry, Daniel Craig, Issac Ryan Brown, Lamar Johnson…

Als am 03. März 1991 der afroamerikanische US-Bürger Rodney King, der betrunken am Steuer seines Wagen saß, sich seiner Verhaftung wiedersetzte, wurde er von vier Polizisten mit Stockschlägen und Fußtritten misshandelt. Über 50-mal schlugen die Polizisten auf den, am Boden liegenden, King ein, der nicht mal mehr im Stande war, sich zu wehren. Dieser Vorfall wurde von einem Augenzeugen gefilmt, der das Video an einen Fernsehsender weiterleitete. Das Material ging um die Welt und den Polizisten wurde Rassismus und unverhältnismäßige Polizeigewalt vorgeworfen. Ein Jahr später wurden die Beamten allerdings vor Gericht freigesprochen, was besonders unter Afroamerikanern eine Welle der Empörung auslöste, auf die zahlreiche Proteste und Ausschreitungen folgten. Der Protest schlug, in Verbindung mit der völlig überforderten Polizei, in Gewalt um und Vororte wie South Central wurden zu Schauplätzen bürgerkriegsähnlicher Zustände. Vor diesem Hintergrund inszenierte Regie-Debütantin Deniz Gamze Ergüven ihr Drama „Kings“ (2017). Die belgisch-französische Ko-Produktion schildert das Leben in dieser Zeit, verkommt aber schnell zum reinen Fragment, welches den Zuschauer seltsam unbefriedigend zurücklässt.

South Central, 1992. Die alleinerziehende Millie (Halle Berry) kümmert sich mit Vorliebe um alleingelassene Kinder und holt sie von der Straße weg. Bereits acht Kinder leben in ihrer Wohnung und das Nächste kommt bald hinzu. Ständig unter dem Druck leidend, alles unter einen Hut zu bekommen, aus Angst vor dem Jugendamt, verfällt Millie immer mehr in Angst als zunehmend Unruhen auf den Straßen ausbrechen. Ihr einziges Ziel ist es, die Kinder zu schützen. Ihr zur Seite steht nach anfänglicher Abneigung Nachbar Obie (Daniel Craig), ein, dem Alkohol nicht abgeneigter, Schriftsteller.

Der größte Kritikpunkt, der sich aus meinem persönlichen Empfinden ergibt, ist die fehlende Handlung. „Kings“ hat keinen erkennbaren roten Faden und versucht schon fast dokumentarisch die Ausnahmesituation im L.A. des Jahres 1992 einzufangen. Wir springen immer wieder von Millie zu ihren größten Kindern, die sich mit Bandenwesen, Liebe und dem Thema Gewalt auseinandersetzen. Der Film zeigt ein Bild der Armut. Manche müssen sogar klauen, um etwas Anständiges zu Essen auf dem Tisch zu haben. Das sind alles aussagekräftige Momente über die bitteren Umstände einer ganzen Bevölkerung aber Ergüven, die auch das Drehbuch schrieb, verarbeitet dies zu keiner Zeit in eine anständige Rahmenhandlung. Die Handlungsfäden, die offensichtlich ausgelegt werden führen oft zu Nichts, wie etwa die Gefühle von Jesse für Nicole oder das Begehren von Millie für ihren Nachbar Obie. Irgendwann gibt es eine Traumsequenz, in der eine Sex-Szene mit den Beiden gezeigt wird, welche aber nicht mehr aufgegriffen wird. Somit fühlte ich mich als Zuschauer immer wieder verloren, da man oft zwischen Figuren hin und her springt, nur um dann wieder Szenen der Proteste und Fersehausschnitte zu zeigen. Hier hätte man etwas mehr auf Kontinuität und eine stringente Erzählweise bauen sollen. Wahrscheinlich ging es der Regisseurin eher darum, in diese soziale Unterschicht zu diesen schwierigen Zeiten einzutauchen, um eine Milieu-Studie zu machen. Ein durchaus ehrbares Unterfangen, jedoch wird dabei die Dramaturgie vernachlässigt, so dass man es einfach schwer hat am Ball zu bleiben.

Auf der Habenseite macht Ergüven einen guten Job als Regisseurin. „Kings“ bietet authentische Bilder und zeichnet realistisch die Ereignisse nach. Der, bereits angesprochene, dokumentarische Stil sorgt für ein paar aufregende Momente, wie sie wahrscheinlich damals auch geschahen. So taucht der Film beängstigend gut in ein soziales Milieu ein und skizziert die Unzufriedenheit und Hilflosigkeit der schwarzen Bevölkerung. Besonders erschreckend bebildert „Kings“ die überforderte Polizei, die aufgrund mehrerer Brandherde immer wieder zu Gewalt neigen, oft nicht mal aus Rassismus, sondern einfach um sich den nötigen Respekt zu verschaffen, bevor sie abgestochen, erschossen oder überfahren werden. Hier kommt besonders die, daraus resultierende, Willkür zum Tragen, mit der die Beamten vorgehen. Es ist schon fast nebensächlich, ob man etwas verbrochen hat, man wird einfach entfernt damit endlich Ruhe ist. An diesen Stellen ist „Kings“ wirklich gut und fühlt sich echt an, bietet aber auch nicht viel Neues. Vieles hat man schon in anderen Filmen gesehen, wie zum Beispiel in „Dark Blue“ (2002) mit Kurt Russell, „Freedom Writers“ (2007) mit Hilary Swank oder „Menace II Society“ (1993). Auch in der großartigen Serie „American Crime Story: The People v. O.J. Simpson“ (2016) wird auf den Fall „Rodney King“ und dessen Folgen eingegangen und recht gut in die Hauptstory eingebettet. Somit ist „Kings“, trotz seiner stimmungsvollen Szenen, lediglich eine Wiederholung bekannter Motive und bietet keinen Mehrwert.

Die Darsteller machen dabei aber einen ganz guten Job. Vor Allem OSCAR-Preisträgerin Halle Berry überzeugt als verzweifelte Mutter, die lediglich Kinder schützen will und in die Unruhen gerät. Sie füllt die Figur mit Leben und vermittelt spürbar eine ganze Palette an Emotionen. 007-Darsteller Daniel Craig hingegen neigt leicht zum Overacting und gibt den etwas versoffenen Schriftsteller, der schon mal einen rassistischen Kioskbesitzer verteidigt, aus Angst er bekomme dann Tage lang keinen Alkohol mehr. Gerade die Szenen mit Craig besitzen oft eine leichte Komik, die nicht so ganz zur eigentlichen Tonalität des Films passt, egal wie amüsant seine Ausraster im Film sind. Der Rest der Besetzung setzt sich aus unbekannten Jungschauspielern zusammen, die ihren Job recht gut machen, obwohl man hier schon das Type-Casting spürt. Immerhin hat der Film einen schönen Soundtrack zu bieten, der von Nick Cave und Warren Ellis komponiert wurde und mit einer Mischung aus Hip-Hop, Funk und Soul überzeugt.

Fazit:

Mit „Kings“ (2017) erreicht uns ein weiteres Rassen-Drama. Nachdem schon diverse Filme die Unruhen aus dem Jahr 1992 aufgegriffen haben, bietet Deniz Gamze Ergüvens Regie-Debüt keinen wirklichen Mehrwert und leidet zudem unter einer fragmentarischen Handlung, die den Zuschauer oft ratlos zurücklässt. Zwar können Schauspieler, Musik und die eindringliche Inszenierung überzeugen, jedoch bleibt am Ende nur ein mittelprächtiger Film übrig, der zwar eine gute Intention hat aber wahrscheinlich als Dokumentation besser geraten wäre.

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