Während uns das US-Blockbuster Kino immer weiter Superheldenfilme um die Ohren haut, scheint origineller Fantasy-Stoff fast schon Mangelware zu sein. Mit „Weltengänger“ (2018) veröffentlicht CAPELIGHT PICTURES nun einen Film, der diese Lücke füllen möchte. Interessant ist dabei, dass die Roman-Adaption nicht aus Hollywood stammt, sondern einer russische Produktion darstellt. Ob das Spektakel den US-Kollegen das Wasser reichen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Chernovik
Drehbuch: Maksim Budarin, Denis Kuryshev, Sergei Lukyanenko
Regie: Sergei Mokritsky
Darsteller: Nikita Wolkow, Severija Janusauskaite, Andrey Merzlikin…
Artikel von Christopher Feldmann
Sergei Lukjanenko ist in östlichen Gefilden kein Unbekannter. Der Autor und Graphic Novelist betätigt sich seit den 90er Jahren als Schöpfer von Fantasy-Romanen, die in Mütterchen Russland reißenden Absatz finden. Besonders bekannt ist seine „Wächter-Trilogie“, die ebenfalls schon für das Kino adaptiert wurde. „Wächter der Nacht“ (2004) von Timur Bekmambetov konnte bereits als packendes Sci-Fi/Fantasy-Abenteuer punkten und wurde 2006 mit „Wächter des Tages“ erfolgreich fortgesetzt. Seitdem warten Fans auf einen dritten Teil der Reihe. Nun können sich die Lukjanenko-Anhänger aber an „Weltengänger“ (2018) erfreuen, eine weitere Verfilmung seiner Geschichten, die abermals das Tor zu einer eigenwilligen Parallelwelt öffnet. Mit dem Film gelang den Machern um Regisseur Sergei Mokritsky ein optisch durchaus sehenswerter Film, der aber leider dramaturgisch deutliche Schwächen hat.
Kirill (Nikita Wolkow) ist ein erfolgreicher Computerspiel-Designer und hat seiner Firma gerade einen bahnbrechenden Titel verwirklicht. Eigentlich alles in bester Ordnung, bis auf seine Beziehung zu Ana (Yuliya Peresild), die sich von ihm entfernt hat. Eines Abends begegnet er in seiner Wohnung einer fremden Frau, die behauptet sie würde dort wohnen. Bei seinen Nachforschungen findet Kirill heraus, dass seine Identität quasi gelöscht wurde, denn weder Freunde, noch Familie oder Arbeitskollegen können sich an ihn erinnern. Die mysteriöse Frau eröffnet ihm daraufhin das Geheimnis. Kirill wurde auserwählt, um als Zöllner zwischen den Welten zu fungieren und den Übergang zwischen den Parallelwelten reibungslos zu gestalten. Von einem Turm aus, indem der junge Mann nun wohnt, eröffnen sich ihm die verschiedensten Szenarien und Kräfte, von denen er nie zu träumen gewagt hätte. Dabei will er aber nur sein altes Leben zurück!
Ich bin persönlich wenig versiert, was das russische Kino angeht und lasse mich gerne überraschen. Mit „Weltengänger“ (2018) bekam ich nun einen Film, auf den ich mich gefreut hatte, da die Prämisse doch mein Interesse geweckt hat. An dieser Stelle muss man erstmal CAPELIGHT PICTURES danken, die in der Vergangenheit schon so manchen russischen Film im deutschen Sprachraum veröffentlicht haben. Es ist schön, dass man somit auch mal einen Blick auf ein Land werfen kann, dessen Filmkultur, zumindest Mir, gänzlich unbekannt ist. Ohne CAPELIGHT hätten wir wahrscheinlich Filme wie „Attraction“ (2017) oder „Hardcore Henry“ (2015) nie gesehen. Und mit „Weltengänger“ serviert uns das Label nun einen Film, den man als russischen Blockbuster bezeichnen könnte. Energiegeladenes Effekt-Kino, irgendwo zwischen „Matrix“ und „Doctor Strange“ angesiedelt. Der Film beginnt eigentlich recht interessant und versucht ein Mysterium aufzubauen, welches nach und nach aufgedröselt wird. Allerdings scheitert „Weltengänger“ an einer stringenten Erzählung, denn vieles wirkt recht bruchstückhaft und lässt oft einen roten Faden vermissen. Eigentlich recht schade, denn die Idee eines Zollbeamten, der zwischen den Welten agiert, macht Lust auf mehr, nur leider kann der Film das aufkeimende Interesse schwer halten. Als Zuschauer weiß man lange Zeit nicht so recht, was jetzt eigentlich Masse ist und wird mit umherwirbelnden Protagonisten und schießwütigen Matrjoschkas konfrontiert. Der eigentliche Kern der Geschichte geht etwas verloren und wird stiefmütterlich behandelt. Das sorgt bei einer Laufzeit von 116 Minuten für einige Längen, die mich als Zuschauer immer wieder aus dem Film geworfen haben. Zusätzlich sind die Figuren recht oberflächlich gezeichnet und die Liebesbeziehung zwischen Ana und Kirill will auch nicht so richtig zünden.
„Weltengänger“ wirkt in vielen Szenen wie ein Show-Case für russische Effektkunst, um zu zeigen, dass man sich nicht hinter Hollywood verstecken muss. Dies gelingt dem Film recht gut, denn die Effekte können sich mehr als sehen lassen und befinden auf einem recht guten Niveau. Auch wenn der Fantasyfilm oft eine Art Videospiel-Ästhetik versprüht, macht der Effekt-Bombast durchaus Laune und transportiert den Zuschauer in schick anzusehende Welten. Vom malerischen Strand über das verschneite Moskau bis in die Landeshistorie, zeigt „Weltengänger“ größtenteils schöne Bilder, die von Regisseur Sergei Mokritsky gekonnt in Szene gesetzt wurden. Zwar kann man sich vom oft eingesetzten Speed-Up Effekt genervt fühlen, jedoch liefert Mokritsky hier gute Arbeit ab und beweist, dass man durchaus im internationalen Filmgeschäft mitspielen kann. Auch wenn man viele Zusammenhänge erschließen muss, kann man sich von der Optik durchaus berauschen lassen. Besonders das Finale, welches sich auffallend bei „Matrix“ bedient, macht dann doch Spaß und bietet einige nette Einfälle. Nicht so berauschend agieren die Darsteller, die wenig Charisma zu bieten haben. Nikita Wolkow funktioniert optisch zwar als durchschnittlicher Allerwelts-Typ, trottet aber oft nur durch die Szenerie, meist mit einem etwas faden Gesichtsausdruck. Als Identifikationsfigur will der Funke nicht so recht überspringen, während die Nebenrollen recht treffend und gut besetzt wurden.
Der Fantasyfilm erscheint bei CAPELIGHT PICTURES als Blu-Ray, wahlweise auch im Steelbook, als DVD, sowie als digitale Version. Dankenswerterweise stand mir das hübsche Steelbook zur Verfügung, welches sich ganz gut im heimischen Regal macht. Etwas enttäuschend ist allerdings die Ausstattung, denn im Bonusmaterial befindet sich lediglich der Trailer. Hier hätte ich mir ein Making-Of oder ähnliche Featurettes gewünscht, die dem Zuschauer einen Einblick in die russische Filmproduktion ermöglichen.
Fazit:
„Weltengänger“ (2018), nach dem gleichnamigen Roman von Sergei Lukjanenko, ist Fantasy-Kino made in Russia. Dabei brauch sich die östliche Produktion nicht vor US-Werken zu verstecken und punktet mit schönen Ideen und guten Effekten. Allerdings geht dieses Show-Case auf Kosten der Handlung, die zwar ein interessantes Set-Up bietet, jedoch durch ihre nicht stringente Erzählung, ihren sprunghaften Charakter und ihre oberflächlichen Figuren einiges einbüßen muss. Am Ende bleibt ein eher unausgegorener und langatmiger Film, der für offenherzige Filmfans jedoch durchaus sehenswert sein könnte, die sich mit gerne mit dem russischen Kino befassen.