Als Horrorfan rümpft man erstmal die Nase, wenn der grüne 12er Flatschen auf dem Cover abgebildet wurde. Umso erstaunlicher, wenn der Regisseur Xavier Gens heißt, der einst die Schlachtplatte FRONTIER(S) servierte. Doch keine Angst, COLD SKIN – INSEL DER KREATUREN hält sich zwar gewalttechnisch zurück, kann aber mit einer tollen Atmosphäre und guten Darstellern punkten. Eine kleine Überraschung aus dem Hause Tiberius.
Originaltitel: Cold Skin
Regie: Xavier Gens
Darsteller: Ray Stevenson, David Oakes, Aura Garrido, John Benfield
Artikel von Christian Jürs
Wir schreiben das Jahr 1914. Ein Wetteroffizier (David Oakes) wird auf einer kleinen Insel nahe des südlichen Polarkreises stationiert um Windmessungen vorzunehmen. Mit ihm befindet sich nur der alte, sonderbare und äußerst knarzige Leuchtturmwärter Gruner (Ray Stevenson). Schnell wird dem Neuankömmling klar, dass die nächsten Monate sehr einsam werden würden. Also macht er sich sich in seiner Behausung bequem, packt eine Menge Bücher aus und harrt nach kurzer Akklimatisierung der Dinge.
Doch bereits in der ersten Nacht wird es lebensgefährlich für den ahnungslosen Mann, als plötzlich eine Horde eigenartiger Meeresbewohner, die den Menschen nicht unähnlich sind, sein Quartier angreifen. Dabei entkommt der Mann nur knapp mit dem Schrecken. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als den knurrigen Gruner um Hilfe zu bitten. Dieser nimmt ihn widerwillig bei ihm auf, birgt aber auch ein dunkles Geheimnis, denn der Leuchtturmwärter beherbergt mit Aneris (Aura Garrido) ein weibliches Exemplar der Mensch-Fisch-Hybriden…
Basierend auf dem Roman IM RAUSCH DER STILLE von Albert Sánchez Piñol, der hier um ein paar Jahre in die Vergangenheit gelegt wird (der Roman beginnt im Jahre 1919), wodurch die Handlung in die Zeit des ersten Weltkriegs gelegt wird, was zur allgemeinen Stimmung passt, die somit nicht nur aufgrund des Wetters auf der Insel frostig wirkt.
In blassen, farbreduzierten Bildern erzählt der Mann die Geschichte dieser drei Protagonisten, die eher notgedrungen zusammenhalten. Der mürrische Gruner erinnert dabei stark an Robert Shaws Quint oder Gregory Pecks Captain Ahab. Ray Stevenson spielt ebenso überzeugend, wenn auch hinter einem grauen Rauschebart versteckt. Er und sein Spielpartner David Oakes werfen sich gekonnt die Bälle zu und harmonieren miteinander, so dass auch die ruhigeren Momente für den Zuschauer interessant bleiben. Somit gehört der Mittelteil den beiden Hauptfiguren, die sich langsam einander annähern.
Xavier Gens überrascht hier mit einem wahrhaft atmosphärischen Gruselfilmchen, in dem die Horden von angreifenden Wassermonstern durchaus unheimlich wirken. Hinzu kommen ein paar schöne Einschusslöcher in den Körpern der Wesen, die unsere Helden den Kreaturen zufügen. Erstaunlich für ein FSK 12. Aber vielleicht stimmte die Frage, wer denn nun wirklich das Monster sei, die Freiwillige Selbstkontrolle milde.
Alles in allem ist ein schönes Schauermärchen, welches Tiberius uns am Anbeginn der dunklen Jahreszeit hier serviert. Die Synchronisation ist aufwendig und durchaus gelungen, auch wenn ich auf Stevenson doch lieber Oliver Siebert oder Thorsten Michaelis (seine Stammsprecher) gehört hätte. Dank des Rauschebartes passt diese Stimme hier jedoch trotzdem perfekt.
Wer also atmosphärischen Grusel mit Herz und Hirn, jedoch ohne große Splatterszenen sehen möchte, der kann bei COLD SKIN bedenkenlos zugreifen. You get what you expect…and a little more. Ein kleiner Geheimtipp!
Trailer: