Darf ich vorstellen? Tarantu…ääähhh… die Monsterspinne aus dem Hause Europa. Dieses pelzige und gefräßige Wesen sorgt seit jeher für gespaltene Lager unter Europa-Fans. Während die eine Seite das trashige Arachniden-Feuerwerk feiert, reicht es bei den anderen Hörern nur zu einem ungläubigen Kopfschütteln. Wie mir die Hommage an den Tierhorror der 50er Jahre gefällt? Finden wir es heraus…
Cover der 1981er / 1999er Auflage (MC, LP bzw. CD)
Cover der 1987er Auflage (Techno-Edition, MC)
Regie: Heikedine Körting
Buch: H.G. Francis
Sprecher: Günther Ungeheuer, Gabriele Libbach, Christian Rode, Horst Stark, Gottfried Kramer, Ernst von Klipstein, Joachim Richert, Renate Pichler, Gerlach Fiedler, Siegfried Wald
Klappentext:
Rätsel um das wissenschaftliche Institut von Dr. Wyman. Hat er wirklich vergessen, dass er die junge Wissenschaftlerin zu sich ins Institut eingeladen hat? Wer stöhnt und schreit in diesem Haus? Was verbirgt sich unter dem Forschungslabor? Angie Stevenson kann ihre Neugier nicht zähmen. Sie öffnet die Luke im Fußboden des Labors – Entsetzen packt sie: die Monsterspinne wird frei…
Artikel von Victor Grytzka
Wieder mal eine „Classic-Monster“ Folge. Und was gehört dazu? Natürlich, ordentlich billige Drive-In Kino Atmosphäre. Und da haben wir gleich den Knackpunkt dieser Folge. Love it or hate it! Der Aufhänger jedenfalls, er könnte Klischee behafteter nicht sein. Zu allererst lernen wir die zuckersüße Angie Stevenson (Gabriele Libbach) kennen, die vom mysteriösen Dr. Wyman auf sein Anwesen geladen wurde um über dessen Forschungen zu berichten, und nun mitten in der Einöde Arizonas nach dem Weg fragen muss. Der freundliche Imbissbesitzer, gesprochen von Joachim Richert, reagiert sehr verstört als sie nach dem Weg fragt. Doch da eilt der Anwalt Duke Douglas (Horst Stark – stark ist übrigens auch sein Rollen-Name, wie sollte er auch sonst heißen, der echte amerikanische Anwalt-Sunny Boy) zur Hilfe. Nach Ankunft und dem üblichen „gehen sie nicht alleine ins Labor“ Gewäsch tut sie dann genau das. Sie lässt eine hungrige Monsterspinne los, die sich unaufhaltsam auf die Stadt, in der ein großes Fest stattfindet, zubewegt.
Gabriele „Gabi“ Libbach
Hmmm… wenn man die ersten Minuten so hört, dann fällt dem Serienkenner sofort etwas auf. Diese Folge gab es schon mal. Denn wirklich das gesamte Grundgerüst hat man sich bei der Gruselserien-Premiere „Frankensteins Sohn im Monster-Labor“ zusammen geklaut, und dazu noch eine gehörige Portion „„Der Angriff der Horror-Ameisen“ eingemischt. Es gibt eine neugierige Reporterin, einen mürrischen Diener, einen seltsamen Arzt, dem man dann – Spoiler voraus – auch noch eine falsche Identität untergejubelt hat… Und dennoch – die Folge entwickelt dabei genug eigenen „Drive“, dass es immer noch zu solider B-Unterhaltung reicht.
Christian Rode
Dafür sorgt eindeutig der „Star“ des Hörspiels – die Spinne. Sie ist schließlich Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Renate Pichler, Urgestein der deutschen Hörspielszene, hauchte dem Krabbeltierchen ein bemitleidenswertes Seelchen ein, das eine Sache ganz klar macht. Der „Schurke“ der Geschichte ist sie nicht. Sie ist ein Wesen, geschaffen vom Wahnsinn des Menschen. Und genau dieser menschliche Wahnsinn macht sich dann breit als die Spinne, hungrig wie man nach einer langen Gefangenschaft nun einmal ist, von den Stadtbewohnern kaltblütig ermordet wird.
Horst Stark
Ja, das meine ich so! Und ein jedes mal aufs Neue könnte ich im Strahl kotzen. Man kann doch die Bedrohung der Geschichte nicht so freundlich gestalten, dass man als Hörer damit sympathisiert! Das sorgt am Ende nur für gebrochene Herzen. Sie bringt niemanden um, sie macht nicht wirklich was kaputt, sie hat einfach nur Hunger, die arme Spinne! Schämt euch!
Der Gruselfaktor der Episode hält sich in Grenzen. Ja, es gibt ein düsteres Labor mit mutierten Wesen, ja es gibt einen fiesen Wissenschaftler. Aber irgendwie wirkt das Ganze so gar nicht gruselig. Dramatische Momente verpuffen auch im Nichts, was aber nicht heißen soll, dass ich die kurze Laufzeit von gerade einmal 34 Minuten nicht genossen hätte. In der Kürze liegt die Würze – manchmal. Und das ist auch der Grund, warum ich hier nicht zu viel über den Ablauf der Geschichte erzählen kann. Es gibt nicht viele Dinge zu erzählen. Süße Reporterin, weinerliche Spinne – Puff, Peng – fertig.
Renate Pichler
Die Soundkulisse ist – Europa-typisch – natürlich klasse, und auch die Sprecher sind mal wieder die Creme de la Creme der 80er Jahre. Gabi Libbach verkörpert die junge Studentin mit Reporter-Ambitionen einfach zuckersüß, Horst Stark liefert einen herrlich – vor Schmalz triefenden – Anwalt, Christian Rode brilliert als zweifelnder Sheriff und Renate Pichler ist eine wirklich tolle Spinne. Gottfried Kramer bekommen wir in einer kleinen – aber nicht unwichtigen – Rolle zu hören. Immer wieder ein Genuss.
Aber mag ich sie denn nun, die Spinne? Ja, ja und jahaaa! Zwar ist die Episode wahrlich kein Highlight der Hörspielkunst, aber den Anspruch stellt sie an sich selbst auch gar nicht. Wir bekommen genau das, was der Titel verspricht. Ein „Tarantula“-Ripoff übelster Sorte. Und das meine ich als Kompliment. Zum Schluss noch ein nettes Zitat, welches zugleich auch ein netter Versprecher ist:
„Überall liegen Scherben, warum hat er meine Scherben zerschlagen!?“
Tja, das weiß ich auch nicht 😉