Das Horror- und Fantasygenre wird in Deutschland noch immer vernachlässigt. Umso erfreulicher, wenn diese Nische einmal mehr gefüllt wird (wenn auch mit amerikanischen Geldern und Locations). Der atmosphärische Fantasygrusler WILDLING kommt mit internationaler Besetzung daher. Neben der wunderschönen Liv Tyler (bei der ich immer noch an Adoption glaube), gibt es ein Wiedersehen mit Brad Dourif, der einst mit über das Kuckucksnest flog und als Stimme von Chucky endgültig Kultstatus erlangte. Doch was hat es mit dem „Wildling“ auf sich, dessen Leib- und Magenspeise angeblich Kinder sind? Wir klären es im Artikel. 

Regie: Fritz Böhm

Darsteller: Liv Tyler, Bel Powley, Brad Dourif, James Le Gros

Artikel von Christian Jürs

Die kleine Anna (erst: Arlo Mertz, dann: Aviva Winick und schließlich: Bel Powley) wächst allein mit „Daddy“ (Brad Dourif) in einem trostlosen Zimmer eines Hauses auf, welches für sie nach außen dauerhaft verschlossen bleibt. Der „Wildling“ lauert draußen und reißt mit seinen Reißzähnen bevorzugt Kinder, erzählt Daddy der Kleinen. Anna sei die Einzige, die noch am Leben ist und somit kein Opfer des Monsters wurde.

So vergehen die Jahre für Anna in ihrer Isolationshaft. Immer wieder wagt sie einen sehnsüchtigen Blick durch ihr Fenster nach draußen in die freie Natur. Doch die Angst vor dem Wildling bleibt stärker als die Sehnsucht nach Freiheit. Als dann jedoch die Pubertät einsetzt, behauptet ihr selbsternannter Vater, dass Anna krank sei und Medizin bräuchte. Daher spritzt er ihr fortan, bis zu ihrem 16. Geburtstag, ein Mittel in den Bauch, welches die Geschlechtsreife aufhalten soll. Doch Anna wird sterbenskrank hiervon. Als sie den Kampf um ihr Leben zu verlieren droht, sieht „Daddy“ keinen Ausweg mehr und greift zur Waffe…

Was wie die Inhaltsangabe eines kompletten Films klingt, spiegelt lediglich die erste viertel Stunde von WILDLING wieder und die ist richtig stark. Sowohl die jungen Darstellerinnen, vor allem aber Brad Dourif, brillieren in ihren Rollen. Dabei wird eine Geschichte erzählt, die mich gleich gebannt vor den Bildschirm fesseln konnte.

Wie die Handlung sich fortsetzt, möchte ich keinesfalls spoilern, da die Geschichte durchaus interessant ist und nicht unbedingt die Bahnen geht, die man anfangs erwarten würde. Leider kann sie dabei aber die Intensität der Eröffnungssequenz nicht mehr erreichen. Auch dauert es nicht allzu lange bis man als Zuschauer durchschaut, wie der Hase läuft und in welche Richtung sich der Film entwickeln wird. Horrofans sei hier gesagt, dass man hier mehr eine Coming of Age Geschichte serviert bekommt, anstelle eines Horrorfilmes, auch wenn hier gegen Ende mit einer Handvoll gut getrickster Splattereffekte gepunktet wird. Doch nicht jeder Drehbuchkniff sitzt und so manches wirkt im Finale ein klein wenig aufgesetzt.

Dafür können die Hauptdarsteller allesamt überzeugen, wobei Liv Tyler leider für ihren Part der gutherzigen Polizistin ein kleines bisschen zu wenig Screentime erhält. Das ist schade, jedoch zu verkraften, denn der eigentliche Star ist die ländliche Umgebung mit ihren Wäldern und Flüssen, die Regiedebutant Fritz Böhm gekonnt und wunderschön in Szene gesetzt hat.

Apropos wunderschön: Mir lag das Mediabook von Capelight Pictures vor und wenn man sich zum Kauf dieses Fantasydramas aus Deutscher Hand und Feder mit Splatterelementen (ich betone nochmal, dies ist kein richtiger Horrorfilm, auch wenn man es vermuten könnte) entscheiden sollte, dann sollte man sich die paar Euronen mehr gönnen. Denn hier bekommt man neben einer wunderschönen Aufmachung noch ein Booklet samt Storyboard und aufschlussreichen Interview mit dem Regisseur geboten. Auf den Scheiben selbst (DVD und Blu-ray) findet man noch entfallene Szenen, Outtakes und den Trailer.

Auch wenn hier nicht der ganz große Wurf gelungen ist, „für einen Deutschen Film“ (wie ich diese Aussage hasse, zumal der Film in den USA gedreht wurde) ist WILDLING wirklich gelungen und macht neugierig auf die Folgeprojekte, die von Fritz Böhm hoffentlich noch kommen werden.

Trailer:

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