Wer mich kennt, der kennt womöglich auch meine Vorliebe für kostengünstige Produktionen im B-Movie und Amateurbereich. Vom gemeinen Blockbuster-Fan, dem Kreativität häufig viel weniger bedeutet als ein hohes Budget, verschmäht – von Freunden solcher Kost gefeiert. Doch auch hier gilt – es gibt unterhaltsame Schätze und es gibt furchtbaren Müll. Ich werde in der nächsten Zeit einige dieser Filme vorstellen. Den Anfang macht „Spirit Camp“ aus dem Jahre 2009. Eine humorvolle Hommage an den Slasher-Film der 80er Jahre!

Originaltitel: Spirit Camp

Regie: Kerry Beyer

Darsteller: Roxy Vandiver, Julin, Brandon Smith, Amy Morris, Jon Paul Burkhart, Kerry Beyer

Artikel von Victor Grytzka

Wer sich nun fragt, wie ich bloß auf solche Filme stoße. dem sei eine simple Antwort gewährt. Ich entdecke sie. Häufig auf den gängigen Streaming-Plattformen, in den Grabbelkisten der Elektronik-Märkte oder eben durch Zufall beim surfen im World Wide Web. Im Falle von „Spirit Camp“ war es Amazon Prime. Freitag Nacht, es war spät und ich suchte ein Filmchen bei dem ich in Ruhe den Matratzen-Horchdienst einleiten konnte. Und da war es dann, das Cover zu diesem Kleinod des B-Slashers. Ein knackiger Hintern, eine Cheerleader-Uniform und ein Messer. Hell, yeah! Ich bin dabei, so sprach eine Stimme in meinem Kopf. Ich habe nichts, aber auch gar nichts erwartet. Am Ende wurde ich dann doch überrascht…

Ein malerisches Cheerleading-Camp im Wald. Hübsche junge Mädchen. Alkohol, Sex und Drogen… und ein eiskalter Killer. So hatten sich das die Teenies aber nicht vorgestellt. Insbesondere Nikki (Roxy Vandiver) hat so gar keine Lust auf das Pom-Pom schwingen. Sie kommt gerade erst aus dem Gefängnis und möchte sich so gar nicht auf die hochnäsige Rachel (Julin) und ihre Clique einlassen. Auch die Leiterin des Camps – Mrs. Haddenfield (Linda J. Martin – scheint nicht ganz koscher zu sein. Schon bald wird ein Girl nach dem anderen abgeschlachtet und ein irrer Killer schleicht durch die Wälder. Doch, wer ist es? Eines der Mädchen, der schräge Hausmeister oder gar einer der Betreuer?

Welche Zutaten braucht ein ordentlicher oldschool Slasher?

  • Camp-Atmosphäre? – Check!
  • Hübsche Mädchen? – Check!
  • Alkohol und Drogen? – Check!
  • Sex und Titties? – Check!
  • Klischee behaftete und stereotype Charaktere? – Check!

Also, die Grundvoraussetzungen sind da. Und Regisseur Kerry Beyer ist offensichtlich ein Fan der kultigen Genre-Vertreter, denn er spult genau die Klischees ab für die wir Filme wie „Freitag, der 13.“, „Sleepaway Camp“, „Halloween“ und Co. so lieben. Es gibt die übliche „Zehn kleine Medienhuren“ Formel, gepaart mit offensichtlichem „Kanonenfutter“ und dem einen Mädel, das am Ende den ganzen Schlamassel überlebt. Schnell wird klar wie die Karten hier verteilt sind. Was allerdings lange unklar bleibt, und das rechne ich dem Film hoch an, ist die Identität des Killers. Denn es gibt hier weit mehr als einen potenziellen Täter und die Hinweise locken auch gerne mal auf falsche Fährten, so dass man am Ende zwar wenig über die Identität überrascht sein wird, aber eben nicht direkt diese Person im Verdacht hat.

Natürlich muss es auch ordentlich Geschnetzeltes geben, denn was ist ein Slasher ohne Blutbad? Der Einsatz der roten Soße ist hier zwar eher dezent, dafür aber auch nicht zu übertrieben und abgehoben, wie es z.B. bei moderneren Reihen wie etwa „Wrong Turn“ oder „Hatchet“ der Fall ist. Alles orientiert sich hier an den „good old 80s“, und hat alleine aus diesem Grund schon eine gewisse Faszination auf mich ausgeübt. Dabei stimmt dann auch das Pacing des Films, das gekonnt im Wechsel die Protagonisten und den Killer in den Fokus rückt. Dazu gibt es dann natürlich auch noch den Sheriff, der das ganze Ding aufklären möchte. Dass ihm das nicht gelingt sollte allerdings klar sein, man kennt ja die Konventionen des Genre.

Der Film überzeugt auch optisch. Was die Kameraführung, Szenenaufbau und Ausleuchtung der Locations angeht, fühlt sich „Spirit Camp“ fast schon wie einer der „ganz Großen“ an. Der Beweis, dass eine gelungene Inszenierung nicht zwangsweise ein hochklassiges Studio und ein dickes Budget benötigt. Einzig an der Digital-Optik mag sich so manch einer stören, wobei diese hier bei weitem nicht so „billig“ aussieht wie es in manch anderen Filmen dieser „Preisklasse“ der Fall ist. Auch die Comedy-Elemente, sind sie auch recht flach, passen in den Gesamtmix. Seien es nun die homosexuellen männlichen Cheerleader, die ganz passend am anderen Ufer ihr Zelte aufgeschlagen haben, oder eben die übertrieben gezeichneten Girls von denen jede ein Klischee bedient. Die arrogante (aber sehr ansehnliche) Schnepfe, das „Dickerchen“, die „ich hab euch alle lieb“ Tussi, die von Sex besessene (stille Wasser sind tief)… Ein paar gute Lacher sind dabei, sofern man keinen tiefgründigen Humor erwartet. Allerdings gibt es auch ein paar Rohrkrepierer die schon fast zum fremd schämen sind.

Alles in allem ist „Spirit Camp“ eine ambitionierte und gelungene Hommage an vergangene Tage, die hinter ihrer rauen Schale einen ordentlich unterhaltsamen Kern verbirgt. Der / die Macher des Films haben sich mit dem Genre auseinandergesetzt und so ein nettes Filmchen geschaffen, das man sich an einem verregneten Sonntag mal anschauen kann. Damit ist der ersten „Angeklagte“ dieser neuen Artikel-Reihe definitiv ein Schätzchen, auch wenn es an manchen Ecken etwas ungeschliffen wirkt.

Der Film ist derzeit in Amazon Prime enthalten, wahlweise kann man bei Amazon (USA) aber auch eine DVD mit ein paar netten Extras bestellen. Eine deutsch synchronisierte Fassung existiert meines Wissens nach (noch) nicht.

Trailer:

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