Lange fristete er sein Dasein auf dem bösen Index, nun ist er wieder auf freiem Fuß, um die Straßen vom Abschaum zu säubern. Dabei reden wir hier nicht von Kult-Rächer Charles Bronson, sondern von Robert Ginty, der einst als DER EXTERMINATOR (1980) in New York fiese Gangster aufgemsicht und für herrlich schmierige Unterhaltung gesorgt hat. NSM RECORD hat James Glickenhaus‘ Exploitationfilm nun im schmalen Keep-Case veröffentlicht, was ich mir zum Anlass nahm, den Streifen einer erneuten Sichtung zu unterziehen.

Originaltitel: The Exterminator

Drehbuch & Regie: James Glickenhaus

Darsteller: Robert Ginty, Christopher George, Samantha Eggar, Steve James…

Artikel von Christopher Feldmann

Als Charles Bronson 1974 mit DEATH WISH – EIN MANN SIEHT ROT die Leinwand enterte, wurde des Sub-Genre des Rachefilms salonfähig. Die Prämisse um einen aufrechten Bürger, der, angetrieben von einem persönlichen Schicksalsschlag, der Kriminalität den Kampf ansagt und Selbstjustiz übt, wurde zum beliebten Handlungskonstrukt für zeitgenössische Actionfilme. Wo Michael Winners Film noch eine leicht differenzierte Betrachtungsweise an den Tag legt und die Taten des „Helden“ nicht vollends legitimiert, verschwand diese moralische Ebene mit den Jahren komplett und viele Filme stellten eine eher reaktionäre Gesinnung zur Schau. So wurde Selbstjustiz oft als einzige mögliche Herangehensweise verkauft, da die höheren Instanzen meist keinen Erfolg vorweisen konnten. Auch THE EXTERMINATOR (1980) entledigt sich jeglichem Anspruch für kritische Untertöne und offenbart sich als raubauzige, reaktionäre Kleinbürgerfantasie, die genüsslich Selbstjustiz als einziges Mittel zur Schau stellt und für keine Zeit für tiefes Drama verschwendet. Alles andere wäre auch von James Glickenhaus nicht zu erwarten gewesen.

Handlung:
Die beiden Vietnam-Veteranen John (Robert Ginty) und Michael (Steve James) leben nach dem Krieg wieder in New York und verdienen sich als Arbeiter am Hafen ihr Brot. Als sie beobachten, wie eine Gang Bier aus dem Lager stehlen wollen, greifen sie ein und können die Diebe in die Flucht schlagen. Das muss zumindest Michael später bitter bereuen, als er von den Verbrechern überfallen und zum Krüppel gemacht wird. Sein Kumpel John sieht daraufhin rot und beginnt die Verantwortlichen aufzuspüren, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen, dem Tod. Und weil er gerade schon mal dabei ist, nimmt er sich auch gleich noch den restlichen „Abfall“ vor, der in der Stadt zu finden ist.

THE EXTERMINATOR schmeißt den Zuschauer sofort in das Geschehen und eröffnet mit einem Prolog in Vietnam. Natürlich handelt es sich dabei nicht um das echte Vietnam, sondern um eine Schlucht außerhalb von Los Angeles, in der Glickenhaus einen Feuerball nach dem Anderen loslässt. Ja, der Streifen beginnt explosiv und wir sehen, wie sich unsere Protagonisten gegen die bösen Feinde erwähren müssen. Diese säbeln dabei auch schon mal den Kopf eines Kameraden ab, bezahlen dafür natürlich mit dem Leben, inklusive platzender Blutbeutel und noch mehr Explosionen. Glickenhaus kleckert hier nicht, sondern klotzt ordentlich und serviert einen gut inszenierten Einstieg in einen Film, der ansonsten etwas weniger visuell angelegt ist. New York wird hier als Moloch dargestellt, in dem böse Dinge an jeder Straßenecke passieren. Kindesmissbrauch, Körperverletzung, Erpressung und natürlich Mord. Ein gefundenes Fressen für jeden Vigilanten, der hier zwischen schmierigen Bars und von Neon-Licht durchfluteten Gassen seiner Arbeit frönen kann. Das Drehbuch hält sich dabei nicht mit großen Schlenkern und Charakterszenen auf, sondern kommt recht schnell zum Wesentlichen. Es dauert nur einen Schnitt, um Robert Ginty vom ehrlichen Amerikaner mit Dackelblick zum skrupellosen Rächer zu machen. In einer Szene tröstet er noch Michaels Frau, in der Nächsten malträtiert er einen bösen Buben schon mit dem Flammenwerfer. Wer hier ein gesellschaftskritisches Portrait sucht, ist definitiv fehl am Platz. Ginty wütet mit allerlei Kreativität und ballert Verbrecher über den Haufen, grillt sogar einen Päderasten und wirft einen Gangsterboss in den Fleischwolf. Dabei legitimiert Glickenhaus das Ganze, indem er auch bei den Bösen keine Schattierungen einfügt. Wenn jemand, der Kinder missbraucht, auf fiese Art hingerichtet wird, dann findet das eigentlich jeder okay. Aber so sind nun mal die Mechanismen des Rachefilms. Die Bösen müssen ruchlos sein, dann ist auch die Gewalt des eigentlichen Helden vollkommen in Ordnung.

THE EXTERMINATOR ist eben ein reiner Exploitationfilm, der zwar ein etwas löchriges Drehbuch vorzuweisen hat, dessen handwerkliche Qualitäten aber nicht von der Hand zu weisen sind. James Glickenhaus war schon immer der Mann für das Grobe, aber eben auch ein guter Regisseur. Zwar drehte der, nicht mehr aktive, Filmemacher meistens im spekulativen Action-Genre, lieferte aber immer solide bis gute Arbeit ab. Neben THE EXTERMINATOR, der bis heute sein erfolgreichster Film ist, schenkte uns Glickenhaus noch Streifen wie THE SOLDIER (1982), SHAKEDOWN (1988) und die Granate MCBAIN (1991) mit Christopher Walken. Auch wenn der hier vorliegende Film mit einem relativ schmalen Budget realisiert wurde, hat Glickenhaus das Beste herausgeholt. Schon die Kulisse New Yorks, welche schon fast post-apokalyptisch wirkt, ist gut eingefangen und der Sleaze tropft spürbar aus jedem dem Film heraus. Die Action ist knackig und roh, die Gewalt ist spekulativ und unser Held funktioniert erstaunlich gut, da Rober Ginty eben kein kantiger Typ wie Charles Bronson ist, sondern wirklich wie der stinknormale Arbeiter von Nebenan wirkt. Ginty macht seine Sache auch erstaunlich gut, man könnte sogar fast sagen, dass man als Zuschauer ein bisschen mit ihm fühlt. Steve James, der später in der CANNON GROUP einen regelmäßigen Arbeitgeber fand, hat nicht viel zu tun und verabschiedet sich nach knapp 20 Minuten aus dem Film. Ansonsten hat der Streifen noch Christopher George als Detective zu bieten, dem aber kein großartiger Spannungsbogen zu Teil wird. Aber damals konnte man den Guten noch auf einem Plakat vermarkten, ungeachtet ob er eine große Rolle inne hat.

Seit über einem Jahr ist THE EXTERMINATOR nun wieder auf freiem Fuß. Nach 34 Jahren erbarmte sich die BPjM und entließ den Rachefilm von der bösen Liste, und ergatterte im Nachklapp eine Freigabe ab 18 Jahren für die ungeschnittene Fassung. NSM Records, die bereits ein Mediabook veröffentlichten, bringen den Film nun auch im Keep-Case in den Handel, für relativ schmales Geld. Neben einem Audiokommentar mit Mark Buntzman, gibt es den Originaltrailer, TV Spots, eine Einleitung von James Glickenhaus, sowie Aushangfotos und Filmographien im Bonusmaterial zu bewundern.

Fazit:
James Glickenhaus‘ Rache-Fantasie THE EXTERMINATOR ist klassisches Exploitationkino, der seine fehlende kritische Ebene mit gut inszenierter Action und schmierigem Grindhouse-Vibe wieder wett macht. Für Genre-Fans sicher eine Bereicherung, auch wenn dem Drehbuch etwas mehr Finesse gut getan hätte.

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