Lange bevor Regisseur und Drehbuchautor Christopher McQuarrie zum Qualitätsgaranten für Hollywood-Star, und Stuntman, Tom Cruise wurde, brachte er sein kleines aber feines Regie-Debüt auf den Weg, welches jedoch, nach eher geringem Erfolg, größtenteils in Vergessenheit geriet. Aber zum Glück gibt es KOCH FILMS, die THE WAY OF THE GUN (2000) eine schicke Mediabook-Edition für schmales Geld spendieren. Ob der prominent besetzte Action-Thriller auch fast 20 Jahre später für bleihaltige Unterhaltung sorgt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: The Way of the Gun

Drehbuch & Regie: Christopher McQuarrie

Darsteller: Ryan Phillippe, Benicio Del Toro, Juliette Lewis, Taye Diggs, Nicky Katt, James Caan, Scott Wilson…

Artikel von Christopher Feldmann

Christopher McQuarrie genießt derzeit einen außerordentlich guten Ruf und kann sich, logischerweise, nicht über Arbeitslosigkeit beklagen. Der US-amerikanisch-australische Drehbuchautor und Regisseur hat immerhin mit MISSION: IMPOSSIBLE – FALLOUT (2018) das Action-Brett des letzten Jahres abgeliefert und wurde von PARAMOUNT PICTURES schon mit den nächsten beiden Sequels beauftragt. Zudem poliert er gerade die Fortsetzung des Kult-Films TOP GUN (1986) auf. Doch es gab auch eine Zeit vor Tom Cruise, als McQuarrie lediglich ein kleiner unbekannter Autor war, der mit DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN (1995) einen Überraschungserfolg landete. Und obwohl das Skript auch heute noch einen festen Platz unter den besten Drehbüchern der Filmgeschichte inne hat, dauerte es fünf Jahre bis McQuarrie wieder in Erscheinung trat, diesmal nicht nur als Autor, sondern auch als Regisseur. THE WAY OF THE GUN (2000), den ich vorher nie auf der Rechnung hatte, wirkt dabei wie das klassisches Regie-Debüt eines enthusiastischen Filmfans, der kreative Freiheit genießt. Das funktioniert in vielen Momenten, wirkt aber auch teilweise etwas fehlgeleitet und überladen.

Handlung:
Die beiden Ganoven Parker (Ryan Phillippe) und Longbaugh (Benicio Del Toro) sind auf der Suche nach dem großen Geld. Ehrliche Arbeit kommt dabei natürlich nicht in Frage, weshalb sie sich mit Blut- und Samenspenden durchschlagen. Als sie zufällig auf Robin (Juliette Lewis) stoßen, die für das reiche Ehepaar Chidduck als Leihmutter tätig ist, wittern sie ihre Chance. Sie entführen die hochschwangere Frau und verlangen ein stattliches Lösegeld. Der Coup gestaltet sich jedoch schwieriger als Gedacht, denn plötzlich mischen auch noch andere Gestalten mit, die für reichlich Turbulenzen sorgen. Darunter die beiden Bodyguards Jeffers (Taye Diggs) und Obecks (Nicky Katt), sowie Joe Sarno (James Caan), der „Mann fürs Grobe“.

THE WAY OF THE GUN (2000) war eine schwere Geburt für mich. Ganze vier Anläufe hat es mich gekostet, den Film in Gänze zu schauen. Das hat nichts mit der Qualität des Action-Thrillers zu tun, sondern mit meiner eigenen Müdigkeit. Dabei ist es aber nicht gerade förderlich, dass die ersten 15-20 Minuten des Films äußerst schwierig sind. Wir beginnen mit einer Szene, in der Ryan Phillippe und Benicio Del Toro an einem fremden Wagen herumlungern und prompt angepöbelt werden, was sie damit quittieren, in dem sie der vorlauten Frau erstmal ordentlich die Fresse polieren. Ein stattlicher Einstieg für einen Film aus dem Jahre 2000, der allerdings von Beginn an nicht so richtig weiß, was er sein will. Ein klassischer Actionfilm mit Thrillerelementen, eine schwarze Komödie, eine Tarantino-Hommage oder doch ein klassischer Gangsterfilm? Ganz so klar wird das im Verlauf der Handlung nie, denn Christopher McQuarrie versucht, gefühlt all seine Vorlieben unterzubringen, was aber öfters nur bedingt harmoniert. So bekommen wir Phillippe und Del Toro als doch recht befremdlich weirdes Gangster-Duo vorgesetzt, die gerne mal in typische Dialoge der Marke Quentin Tarantino verfallen, oft aber einfach nur agieren und keine richtige Persönlichkeit entwickeln. Das gilt vor Allem für Del Toro, der mehrere Momente im Film hat, die doch recht seltsam daher kommen. Schnell wird der Streifen dann zu einer Art „Carper-Movie“, in dem Juliette Lewis als lebender McGuffin fungiert, an dem mehrere Personen interessiert sind, teils mit unterschiedlichen Motivationen. Hier enttäuscht der Film eigentlich am meisten, denn so richtig nutzt McQuarrie sein Konstrukt nicht.

Das liegt vor Allem an McQuarries Umgang mit seinen eigenen Figuren. In schneller Abfolge lernen wir einzelne Charaktere kennen, wie zum Beispiel den behandelnden Arzt von Robin, der gleichzeitig der Sohn von Mr. Chidduck ist. Dessen Ehefrau scheint ziemlich eifersüchtig zu sein und hat selbst eine Affäre mit Bodyguard Jeffers. So geht es immer weiter und irgendwann hat man als Zuschauer eine bunte Palette vor sich, die hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Wo es in anderen Genre-Vertretern zu Zweckbündnissen, Verwechslungen, Zufällen und Verschiebungen der Sympathien kommt, lässt McQuarrie erstaunlich viel im Nichts versanden. So entwickelt sich THE WAY OF THE GUN, entgegen der Erwartungen, erstaunlich unter-komplex. Man hat ständig das Gefühl, dass vorhandenes Potential einfach nicht ausgeschöpft wurde. Vielleicht hatte McQuarrie keine Lust, vielleicht ist ihm auch nichts Besseres eingefallen.

Auf der inszenatorischen Ebene macht der Filmemacher einen durchaus besseren Job. THE WAY OF THE GUN punktet durch eine dynamische Regie und einen guten Schnitt, was besonders im finalen Shootout zur Geltung kommt, der eine eindeutige Reminiszenz an Sam Peckinpah darstellt. Auch abseits der Action zelebriert der Film einige schillernde Momente, wie die Dialogszene zwischen Benicio Del Toro und James Caan, die durchaus witzige Verfolgungsjagd zu Beginn oder auch die Szenen in dem mexikanischen Bordell. Hier spielt McQuarrie immer wieder mit trockener Komik und derben Zynismus. Manchmal sind die Szenen mit Juliette Lewis als hochschwangeres Entführungsopfer hart anzusehen, an anderen Stellen laden sie zum schmunzeln ein, wenn sie zum Beispiel völlig überfordert dem Kugelhagel vor dem Motel ausgesetzt ist. Hier liefert THE WAY OF THE GUN des öfteren frische Ideen und interessante Spielereien mit den typischen Sehgewohnheiten. Wahrscheinlich könnte man den Film am ehesten als Tarantino-Epigone ansehen.

Großes Plus sind zudem die Darsteller. Benicio Del Toro ist immer sehenswert und spielt in Perfektion den eiskalten Gangster, der irgendwo zwischen akuter Bedrohlichkeit und Karikatur angesiedelt ist. Ryan Phillippe hingegen kennt heute kaum noch jemand, der nicht EISKALTE ENGEL (1999) gesehen hat. Er ist auch mitunter der schwächste Darsteller in der Besetzungsriege und kann seinem Charakter kaum spannende Facetten abgewinnen. Aber der Ex von Reese Witherspoon war halt anno 2000 ziemlich hot, was sein Mitwirken zumindest ansatzweise erklärt. Ansonsten wartet der Streifen mit weiteren prominenten Namen wie Taye Diggs, Nicky Katt und Juliette Lewis auf, die alle einen sehr soliden Job machen. Der heimliche Star ist aber der großartige James Caan, der als „Strohmann“ eine wirklich coole Performance aufs Parkett legt. Ebenfalls ein Lichtblick in der, ansonsten dünnen, deutschen Vertonung, denn hier darf Eckart Dux seine berühmte Stimme erklingen lassen.

KOCH FILMS hat sich diesen Genre-Film für eine neue Mediabook-Edition herausgesucht und der Filmsammler wird wieder erwartungsgemäß zufrieden gestellt, der hat die Wahl zwischen zwei verschiedenen Cover-Motiven, wobei mir persönlich das gelbe Artwork besser gefällt. Die Bild- und Tonqualität weißt keinerlei Mängel auf und knüpft nahtlos an den hohen Standard des Labels an. In Sachen Bonusmaterial ist die Austattung diesmal etwas lasch, denn neben einem Audiokommentar und Interviews gibt es lediglich ON SET-Aufnahmen, eine Bildergalerie und den Trailer. Wahrscheinlich war hier einfach nicht mehr zu holen, was man den Köchen aber auch nicht ankreiden kann.

Fazit:
Christopher McQuarries Regie-Debüt THE WAY OF THE GUN (2000) ist ein ordentlicher Action-Thriller, der allerdings nicht so genau weiß, was er sein will und oftmals tonal unausgegoren wirkt. Trotzdem entschädigt die Besetzung und die gute Inszenierung Einiges, weshalb der Film trotzdem eine Sichtung wert ist. Und in der schönen HD-Premiere von KOCH FILMS kann man als Käufer erst recht nichts verkehrt machen.

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