Cinemascope! Technicolor! Jede Menge Kostüm, große Kulissen und die Fjorde Norwegens zieren diesen alten Schinken. Zwischen drin Kirk Douglas, mit markantem Kinn und frisch frisiert. Die altmodisch analoge Pracht früher Hollywood-Produktionen kommt bei Richard Fleischers Streifen, den uns Capelight Pictures nun kredenzt, voll zur Geltung. Theatralisch und mit Stars besetzt, geht es hier ganz um die Dramatik der Gefühle, Rache und Kämpfe in kurzen Hosen. Das VIKINGS verwöhnte Publikum wird bei diesem Klassiker die Hände über den Kopf zusammenschlagen, denn 1958 gab´s keine Zeitlupen, kein Blut und keinen Schmutz. Aber dafür große Bilder und echte Schiffe. Beides hat VIKINGS nicht.
Originaltitel: The Vikings
Regie: Richard Fleischer
Darsteller: Kirk Douglas, Tony Curtis, Janet Leigh, Ernest Borgninge
Artikel von Kai Kinnert
Im Kindesalter ist Eric (Tony Curtis) von Wikingern entführt und versklavt worden. Die Barbaren haben nicht gewusst, dass es sich bei dem Jungen um den unehelichen Sohn handelt, den der grausame Wikingerkönig Ragnar (Ernest Borgnine) mit der englischen Königin während eines Raubzugs gezeugt hat. Auch Eric weiß nichts über seine Herkunft, die ihn zum Halbbruder von Einar (Kirk Douglas) macht, dem Sohn und zukünftigen Erben des Wikingerhäuptlings. Unwissend über ihr Verwandtschaftsverhältnis, stehen sich die beiden Männer im Krieg zwischen Wikinger und Engländern voller Hass gegenüber. Ihre Feindschaft wird zusätzlich befeuert, als sich beide in die englische Prinzessin Morgana (Janet Leigh) verlieben. Einar nimmt sie gefangen, doch Eric gibt nicht kampflos auf und befreit Morgana, was jedoch Einar nicht auf sich sitzen lassen wird…
Kurz nach dem Eric mit einem Kompagnon Prinzessin Morgana und ihre Dienerin aus dem Zelt des groben Einars befreit hat, sitzen sie zu viert im Fluchtruderboot und machen sich bei Nacht und Nebel davon. Was folgt ist eine der Szenen, in denen das alte Hollywood auch heute noch bestens funktioniert. Tony Curtis rudert mit seinem Kollegen das Boot aufs Meer hinaus und fordert Prinzessin Janet Leigh dazu auf, mit ihrer Dienerin auch zum Ruder zu greifen, sonst würde man es nicht schaffen. Morgana sieht sich, ob ihres Standes und ihrer Unerfahrenheit, nicht in der Lage ein Ruder zu bedienen und lehnt ab. Außerdem sei sie nicht passend angezogen. Schon reißt ihr Curtis mit der nächsten Ruderbewegung das Kleid vom Leib und Janet Leigh sitzt im langen, weißen Unterkleid da. Doch jetzt ist es das Mieder, das sie am Rudern hindert und schon reißt ihr Eric die Verschnürungen des Unterkleides auf und Janet Leigh sitzt mit nacktem Rücken da. „Jetzt besser? Nun greift zum Ruder!“. In dieser Szene überlebt die alte Produktion alle Zeiten, denn dieses Kabinettstückchen ist charmant gespielt und mit einem Augenzwinkern inszeniert. Janet Leigh und Tony Curtis sehen einfach gut auf der Leinwand aus, der Film ist blendend besetzt.
Kurz darauf kommt es zu einer romantischen Aufnahme, bei der Leigh und Curtis im saftig-blumigen Gras liegen und sich ihrer Liebe beteuern. Diese Aufnahme ist so sattes, altes Kino, das man Capelight danken muss. Denn DIE WIKINGER hat ein prächtig restauriertes Bild und die alten Technicolor-Farben kommen in dieser Szene fulminant zur Geltung. Ein farbenprächtiger und detaillierter Augenschmaus, den man sich gerahmt ins Wohnzimmer hängen könnte. DIE WIKINGER ist ein echter 70mm Film, gedreht auf einer fast tonnenschweren VistaVison 3-Streifen-Kamera, die mit Kameramann Jack Cardiff Drehorte Norwegens wie Ölgemälde aussehen lässt. Die Landschaft wirkt fantastisch in den Aufnahmen, überhaupt ist optisch alles voller Saft und Kraft.
Richard Fleischer drehte damals mit Schiffen und Kulissen vor Ort in Norwegen und den Rest in München. Dazu gesellen sich einige kleinere und größere Actionszenen, die aus heutiger Sicht zwar altbacken wirken mögen, jedoch recht flott und handfest inszeniert worden sind. Einige Einfälle und Stunts überraschen, denn so mancher kleiner Trick muss damals ein Schock gewesen sein und überzeugt auch heute noch durch seine durchdachte Machart. DIE WIKINGER bietet eine, für damalige Zeit, recht flott erzählte Story mit markanten Drehorten und einer guten Besetzung.
Die Schiffe sind echt, der Ruderlauf von Kirk Douglas auch (die gesamte Aufnahme mit Douglas ist improvisiert und fand in einem Rutsch statt), der Trick mit den Axtwürfen auf die Zöpfe der untreue Ehefrau ist zeitlos gut gelöst und im Finale strengen sich Curtis und Douglas ohne Doubles wirklich an.
Wer bei SPARTACUS (1960) oder BEN HUR (1959) schon eingeschlafen ist, wird hier weiter schlafen dürfen, denn DIE WIKINGER reiht sich gut ins obere Drittel der damaligen Filmepen ein. Für diese Art Film muss man Fan, Sammler oder spontan Lust auf einen alten Schinken haben, sonst funktioniert das nicht. Dennoch besitzt der Film mit zunehmender Spielzeit immer mehr Charme, denn er hat tolle Kulissen und ein wirklich großes Bild. Norwegen war einfach die perfekte Wahl. In Kombination mit ein paar flotten Actioneinfällen und einer bildhübschen Janet Leigh, hinterlässt der Film am Ende dann doch einen überraschend guten Eindruck, denn Richard Fleischer hat seinen Film straff inszeniert. Für Sammler und Filmfreunde empfehlenswert, zumal das Mediabook von Capelight hübsch aufgemacht ist. Dazu kommt noch ein schönes Booklett mit einem 23seitigem Text von Nicolai Bühnemann. Als Extras gibt es einen interessanten, 25minütigen Beitrag mit Richard Fleischer und zwei Kinotrailer.
DIE WIKINGER zählt mit zu den technisch besten Farbfilmen Hollywoods und das Bild der BD zeigt es satt und detailliert. Streckenweise in epischer Pracht. Dazu kommt noch ein guter Ton.
Trailer: