Mit Spannung hat die deutsche Hörspielfangemeinde auf die ersten beiden Folgen von EUROPAs neuer Gruselserie gewartet, mit denen die Macher die Lücke, die seit 37 Jahren in deren Sortiment klafft, schließen wollen. Nachdem Kollege Victor die Zweifler,  die nicht an eine adäquate Fortführung glaubten, mit seiner Rezi zu Folge 1 beruhigen konnte, darf ich mich um das sagenumwobene Zottelvieh im ewigen Eis kümmern.

Buch: André Minninger

Regie: Heikedine Körting

Musik: Kristian Körting, Constantin Stahlberg, Betty George, Jan-Friedrich Conrad

Sprecher: Udo Schenk, Till Demtröder, Marek Harloff, Marek Erhardt, Nico König, Achim Buch, Henrike Fehrs, Michael Lott, Konstantin Graudus, Daniel Schütter, Stefan Brönneke, Rüdiger Schulzki, Merete Brettschneider, Herbert Tennigkeit

Klappentext:

Im Auftrag einer britischen Tageszeitung begibt sich ein fünfköpfiges Expeditionsteam nach Tibet, um dort den Spuren des sagenumwobenen Yetis zu folgen. Anfangs glaubt niemand der Teilnehmer an die Existenz der Kreatur, von der bisher nur ein fragwürdiges Foto vorliegt. Doch dann geraten die Forscher an einen grauenvollen Ort, der ihnen im wahrsten Sinne des Wortes das Blut in den Adern gefrieren lässt…

Artikel von Christian Jürs

Die beiden Hobbybergsteiger Bill (Konstantin Graudus) und Jack (Daniel Schütter) haben sich die wahnwitzige Idee in den Kopf gesetzt, den Mount Everest zu besteigen. Schnell jedoch kommt ihnen das titelgebende Yeti Monster in die Quere. Ähnlich wie beim Klassiker DAS UNGEHEUER AUS DER TIEFE schießen die beiden noch fix ein Foto von dem Biest, ehe… ja, ehe was eigentlich? Denn während bei der Originalserie das Schicksal der Protagonisten eindeutig ist (Happs und weg), bleiben wir hier im Ungewissen. Das Monster brüllt und es folgt ein Szenenwechsel.

Marek Harloff

Nun befinden wir uns in der Zeitungsredaktion des gut betuchten Sir Geoffrey Selford (Rüdiger Schulzki), der zusammen mit einer Redakteurin (Merete Brettschneider) ein fünfköpfiges Team aus Bergsteigern zusammenstellt, die das Vieh von dem Foto, welches in die Hände der Redaktion gelangte, ausfindig machen soll. Somit scheint klar, dass die Begegnung von Bill und Jack mit dem Yeti keine tödliche Konfrontation war. Trotzdem tauchen weder die Beiden, noch Selford oder seine Redakteurin im weiteren Verlauf der Handlung wieder auf.

Stattdessen begleiten wir die fünfköpfige Männertruppe, welche international zusammengewürfelt wurde, beim beschwerlichen Aufstieg des Riesenbergs. Als da wären Xaver Heckler (Till Demtröder), Nigel McDermitt (Marek Harloff), Peter Kruse (Marek Erhardt), der unaussprechliche Sven Tarralikitak (Achim Buch) und Giuseppe Galliano (Nico König), der die Reisenden vorzüglich bekocht mit seiner Minestrone.

Udo Schenk

Von Grusel oder gar Horror ist vorerst keine Spur. Stattdessen bekommen wir eine nett erzählte und akustisch wunderbar untermalte Geschichte, die eher an die alten Abenteuer Hörspiele EUROPAs erinnert. Lediglich die gruselige Musik erinnert an die gute alte Neongrusel Zeit. Vor allem aber ist es die Wahl des neuen Erzählers, die wunderbar die langsam wachsende Bedrohung verbildlicht. Hier engagierte man nämlich Udo Schenk, der bereits in der JOHN SINCLAIR EDITION 2000 des Öfteren überzeugend als Bösewicht besetzt wurde. Er stellt eine geniale Alternative des leider schon lange nicht mehr unter uns weilenden Günther Ungeheuer dar und man kann nur hoffen, dass er auch zukünftig als Stimme aus dem Off der neuen Serie erhalten bleibt.

Am Abend vernehmen unsere Reisenden dann Schüsse aus der Ferne und sehen ein Signalfeuer, können jedoch, aufgrund des schlechten Wetters, nicht zur Hilfe eilen. Erst am nächsten Tag vernehmen sie erneut ungewohnte Laute: die Hilfeschreie einer Frau. Die Gruselspannung steigt.

Henrike Fehrs

Schnell eilen die Männer zur Hilfe und entdecken Beatrix (Henrike Fehrs), die bereits eine Begegnung mit dem Monster hatte. Ihr Verlobter Dave (Michael Lott) stürzte dabei mitsamt einer einbrechenden Schneedecke in die Tiefe. „Trixie“, wie sie genannt werden möchte, erzählt uns und der Crew von ihren Erlebnissen, die eigentlich gar nicht einmal so gruselig sind, dank einer gekonnten, atmosphärischen Untermalung jedoch so herüber kommen. Wie gesagt, echter Grusel geht ein wenig anders. Und so macht sich nun die sechsköpfige Truppe auf, um das Ungeheuer zu finden und eventuell noch den guten Dave zu retten.

Während Folge eins eine echte Gruselgeschichte erzählt und dabei auf die alten Kultsprecher zurück greift, ist in Folge zwei ein komplett neues Personal vor den Mikrofonen aktiv gewesen. Hier kann man den Beteiligten attestieren, dass alle einen tollen Job gemacht haben und auch die Atmosphäre stimmt. Von einem Gruselhörspiel, wie wir es einst gewohnt waren, ist YETI – KREATUR AUS DEM HIMALAYA jedoch weit entfernt und wäre in einer Abenteuer-Reihe weit besser aufgehoben. Ohne zu viel zu spoilern, dass Ende, welches einen weit erhobenen Zeigefinger beinhaltet, funktioniert leider gar nicht gut – zumindest in einer Gruselserie.

Marek Erhardt

Lieber Herr Minninger, liebe Frau Körting, Ihr arbeitet seit Jahren ganz toll zusammen und so manche DIE DREI FRAGEZEICHEN Folge, die aus Ihrer Zusammenarbeit heraus entstanden ist, gefällt mir sehr gut. Auch hier ist Ihnen ein gutes Hörspiel gelungen. Aber Grusel? Leider nein. Ich weiß, diese Unterhaltungsform war lange Zeit verpönt im Hause EUROPA, trotzdem sollte man die viel zu stark angezogene Handbremse doch ein wenig lockern. Ich erwarte ja keine Splattermomente wie einst bei MACABROS oder LARRY BRENT, immerhin ist diese Reihe „Empfohlen ab 14 Jahren“, doch bedenkt, dass Jugendliche in dem Alter heutzutage bereits Filme wie HAPPY DEATHDAY sehen dürfen. Da wäre ein wenig mehr Mut von Ihrer Seite wünschenswert.

Trotzdem haben wir auch mit Folge 2 ein gut gemachtes Hörspiel, welches jedoch niemanden, der dem Grundschulalter entfleucht ist, gruseln dürfte. Ich bin gespannt, wie sich diese Serie weiterhin entwickelt. Toi, toi, toi.

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