Filme, die direkt für das Heimkino veröffentlicht werden, gehen oftmals unter, da sie recht wenig Presse erhalten. So geschehen bei Mélanie Laurents neuester Regie-Arbeit GALVESTON – DIE HÖLLE IST EIN PARADIES (2018), quasi eine GETAWAY-Variante im modernen Thriller-Gewand. Eigentlich Nichts sonderlich prestigeträchtiges, wenn nicht TRUE DETECTIVE-Autor Nic Pizzolatto das Drehbuch geschrieben hätte. Ein klarer Grund, um sich die neuste Veröffentlichung aus dem Hause KOCH FILMS einmal anzusehen.
Originaltitel: Galveston
Drehbuch: Nic Pizzolatto; basierend auf dem gleichnamigen Roman
Regie: Mélanie Laurent
Darsteller: Ben Foster, Elle Fanning, Jeffrey Grover, Beau Bridges, María Valverde…
Artikel von Christopher Feldmann
Mit der HBO-Serie TRUE DETECTIVE schrieb Nic Pizzolatto unbestritten Fernsehgeschichte. Dass der, in New Orleans geborene, Autor in erster Linie Schriftsteller im klassischen Sinne ist, wissen dabei wohl die Wenigsten. Dass auch die französische Schauspielerin Mélanie Laurent mehrmals auf dem Regie-Stuhl Platz nahm, dürften die wenigsten Filmkonsumenten wissen, ist sie ihnen doch wohl am ehesten aus Quentin Tarantinos Kriegs-Grotekse INGLOURIOUS BASTERDS (2009) bekannt. Mit GALVESTON – DIE HÖLLE IST EIN PARADIES (2018) fanden die beiden Talente nun für ihr erstes gemeinsames Projekt zusammen, bei dem Laurent als Regisseurin und Pizzolatto als Drehbuchautor auftraten. Dabei adaptierte der Schreiberling auch gleich seinen eigenen Roman aus dem Jahr 2010, bei dem sich die Prämisse wie geschaffen für einen packenden Thriller eignet. Und ja, GALVESTON hat seine Qualitäten, ist aber weit davon entfernt ein kleines Meisterwerk zu sein.
Handlung:
New Orleans im Jahr 1988. Roy (Ben Foster) arbeitet als Hitman für die örtliche Mafia, trinkt ziemlich viel Alkohol und muss erstmal damit klarkommen, dass bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert wurde. Doch das ist nicht sein einziges Problem, denn bei einem scheinbaren Routine-Job wird er von seinem Auftraggeber in eine Falle gelockt. Doch Roy kann seine Gegner töten und der Szenerie entkommen, mit der jungen Prostituierten Rocky (Elle Fanning) im Schlepptau, die dort festgehalten wurde. Aus Angst, seine Gegner könnten jetzt auch hinter ihr her sein, beschließt er, sie mitzunehmen. Dazu gesellt sich auch noch Rockys kleine Schwester, die dreijährige Tiffany (Anniston & Tinsley Price), die sie nicht bei dem verhassten Stiefvater lassen möchte. Gemeinsam verschlägt es das Trio in ein Motel in Galveston, der Heimatstadt Roys, wo er langsam aber sicher mehr für die Beiden empfindet, als eine Zweckgemeinschaft.
Auch wenn er das Genre nicht neu erfindet, gestaltet sich GALVESTON als durchaus sehenswertes Thriller-Drama. Die Story um einen gebeutelten Auftragskiller, der reingelegt wird und nun lernen muss, Verantwortung zu übernehmen, ist alles andere als neu. Aber ist kommt ja nicht immer auf die Originalität, sondern auch öfters auf die Verpackung an. Zumindest müssen die Charaktere stimmen, damit der Zuschauer vergisst, dass er die einzelnen Handlungsmotive schon dutzendfach gesehen hat. Hier schafft es der Film durchaus Akzente zu setzen, denn auch wenn Roy eigentlich eine klassische, von Klischees behaftete, Figur ist, gewinnt zumindest Rocky die emotionalen Szenen für sich. Sie ist eine Prostituierte, ohne jegliche Erfahrung. Sie dachte, es ein seriöses Unternehmen, da es immerhin in den Gelben Seiten zu finden war. Zudem hat sie eine weitaus dramatischere Backstory, die der Zuschauer aber erst später erfährt. Für diesen ist Roy die Figur, durch deren Augen wir die Geschehnisse betrachten, was ein ganz gut gewählter Kniff ist, der gerade am Ende für einen kleinen Schlag in die Magengrube sorgt. Ansonsten muss man Pizzolattos Drehbuch leider ankreiden, dass es eher auf kleiner Flamme kocht und wir uns die meiste Zeit mit Roy und Rocky, und ihrer Beziehung zueinander befassen. Das hat ein paar schöne emotionale Szenen zur Folge, sorgt aber für die fehlende Spannung. Man hat das Gefühl, dass der eigentliche Thriller-Plot über weite Strecken keine Beachtung mehr findet. Erst gegen Ende konzentriert man sich wieder darauf, was zwar überraschend wirken mag aber zur Folge hat, dass es dem Verlauf einfach Tempo und Höhepunkten mangelt. Die Dialoge sind gut geschrieben und die Schauspieler machen einen angemessenen Job, so richtig mitreißend wird es aber nie.
Das mag vielleicht nicht nur am sehr Dialog lastigen Drehbuch, sondern auch an Mélanie Laurents Inszenierung liegen. Die findet nämlich erstaunlich wenig Raum für schöne Bilder. Während die Stadt GALVESTON sehr wahrscheinlich einige gute Set-Pieces zu bieten hat, spielt sich der Film zum Großteil in dem Motel ab, welches jetzt nicht unbedingt eine fette Kulisse darstellt. Man hat das Gefühl, Laurent fokussiert sich sehr auf die dramatischen Elemente, denn für gutes Spannungskino fehlt ihr vielleicht das Gespür, denn davon sieht der Zuschauer kaum etwas. Allerdings gibt es auch ein paar optisch schöne Momente, wie zum Beispiel die Plansequenz zum Ende des Films. Die angesprochenen Negativaspekte sind auch der Grund, warum GALVESTON lange gebraucht hat, um mich als Zuschauer wirklich abzuholen. Erst nach der Hälfte des Films war ich emotional wirklich dabei, was im Normalfall zwar etwas spät ist, durch die Schauspieler aber immer noch aufgewogen wird. Ben Foster ist top auf der Rolle drauf, das wirkliche Sahnestück ist aber Elle Fanning, die sich in den letzten Jahren wirklich für anspruchsvolle Rollen qualifiziert hat. Ihre Rocky ist ein vielschichtiger Charakter, der am Ende eine viel größere Tragweite hat, als man zu Beginn vermutet.
Die Blu-Ray aus dem Hause Koch Films bietet, wie gewohnt, makellose Bild- und Tonqualität aber außer einem kleinen Making-Of und dem Trailer, gibt das Bonusmaterial nicht wirklich etwas her.
Fazit:
GALVESTON – DIE HÖLLE IST EIN PARADIES (2018) ist nicht das neue Indie-Meisterwerk aber ein durchaus sehenswertes Thriller-Drama mit starkem Cast, der, trotz seiner Schwächen und Längen, irgendwie nachhallt. Etwas mehr Tempo und Spannung, dann wäre der Streifen ein Geheimtipp geworden!
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