John Travolta war mal ein ganz Großer. Davon ist heute leider nicht mehr viel übrig, schlägt sich der ehemalige Mr. Night-Fever doch seit Jahren mit eher schlechten Rollen in noch schlechteren Filmen durch. Und wer dachte, GOTTI (2018) wäre schon das Ende der Fahnenstange, der sollte sich dem geistigen Sequel KILL SPEED (2018) widmen. Und weil dies der fünfte Travolta-Film ist, der es geschafft hat, eine Durchschnittswertung von 0% auf Rotten Tomatoes einzuheimsen, konnte ich natürlich nicht widerstehen. Herzlichen Glückwunsch, John!
Originaltitel: Speed Kills
Drehbuch: David Aaron Cohen, John Luessenhop
Regie: Jodi Scurfield
Darsteller: John Travolta, Katheryn Winnick, Jennifer Esposito, Kellan Lutz, James Remar, Michael Weston…
Artikel von Christopher Feldmann
Eigentlich tut es mir weh, diese Kritik zu schreiben, denn ich war immer ein Fan von John Travolta. Klar, er war nie der geilste Schauspieler unter der Sonne und er hat bei seiner Rollenauswahl auch gerne mal daneben gegriffen, aber Johnny hatte einfach immer ein gewisses Charisma, weswegen er auch schlechte Filme erträglich gemacht hat. Und wenn nichts mehr half, konnte man zumindest sagen: „Er kann aber immerhin tanzen!“ Diese Tage sind leider auch ziemlich vorbei, denn die Glanzzeiten des Schauspielers liegen schon etwas zurück. Klar, man kann immer sagen, dass er in PULP FICTION (1994) war aber das ist jetzt auch schon 25 Jahre her. Der heutige John Travolta ist weit davon entfernt, mit Größen wie Tarantino zu arbeiten, scheint dem Mimen die darstellerische Ausdruckskraft doch durch zuviel Botox abhanden gekommen zu sein. Dieser Eindruck wird durch SPEED KILLS (2018) mehr als bestätigt, aber auch darüber hinaus, haben wir es hier mit einem grottenschlechten Machwerk zu tun.
Handlung:
In den 1960er Jahren zieht es den Bauunternehmer Ben Aronoff (John Travolta) nach Miami. Dort findet der gut betuchte Womanizer schnell gefallen an dem aufkommenden Geschäft mit Speed-Booten und beginnt, fasziniert vom Geschwindigkeitsrausch auf hoher See, selbst Boote zu designen und an Meisterschaften teilzunehmen. Damit zieht er nicht nur die Aufmerksamkeit der High-Society auf sich, sondern auch die krimineller Elemente, allen voran Mafioso Meyer Lansky (James Remar) und dessen Organisation. Schnell steckt Ben in illegalen Machenschaften wie Drogenschmuggel und Geldwäsche, und die Behörden nehmen ihn langsam ins Visier.
Puh, das war eine harte Packung, dabei hat SPEED KILLS nicht einmal eine schlechte Prämisse. Die Story basiert auf wahren Ereignissen, denn den Geschäftsmann und Rennfahrer Aronoff gab es wirklich, der hieß allerdings Don und nicht Ben. Eigentlich ist diese typische Rise&Fall-Geschichte durchaus erzählenswert, gibt sie doch Stoff für einen soliden Gangsterthriller her. Dann würde aber Martin Scorsese auf dem Regie-Stuhl sitzen und nicht Jodi Scurfield, bei dem sich die Branchenkenner einig sind, dass er lediglich ein Alan Smithee-mäßiges Phantom ist. Ursprünglich war John Luessenhop für die Inszenierung verantwortlich und ich kann ihn den falschen Credit nicht verdenken, denn wenn ich SPEED KILLS gemacht hätte, würde da sicher auch nicht mein echter Name stehen.
Das geht schon beim Drehbuch los. Der Film klappert ideenlos die typischen Stationen einer solchen Geschichte ab. Aronoff kommt nach Miami, alles ist erstmal richtig cool, er wird schließlich reich und erfolgreich aber irgendwann bricht alles zusammen. Haben wir schon oft gesehen aber wenn man es richtig macht, unterhält so etwas prinzipiell. SPEED KILLS beweist, dass man es auch komplett gegen die Wand fahren kann, denn ich habe selten einen Streifen gesehen, dessen Szenen-Abfolge so egal ist, wie hier. Normalerweise folgt man einem roten Faden und einer gewissen Spannungskurve, die zumindest irgendwo einen Climax besitzt. Dieser existiert hier nicht und eine Kurve ist auch nicht auszumachen. Stattdessen wirkt es einfach so, als hätte man wahllos Szenen zusammen geschnitten, deren Dialoge rudimentär erahnen lassen, was gerade los ist. Diese sind aber, passend zum Rest, auch ziemlich schlecht und klischeebehaftet geschrieben, sowie erbärmlich vorgetragen. Die Passagen, in denen man Spannung aufbauen könnte und die ein gewisses Konfliktpotential bieten, werden so nebenbei abgehandelt, als hätte man mehr Interesse an langweiligem Gerede der Protagonisten.
Die Schauspieler sind sowieso der Knaller an KILL SPEED. Man kann eigentlich nicht von Talentlosigkeit sprechen, da hier ja Leute zu sehen sind, die schon mindestens einmal unter Beweis gestellt haben, dass sie ihr Handwerk durchaus beherrschen. Ein Matthew Modine gibt eine lachhafte Vorstellung als Ex-Präsident George Bush, James Remar agiert lustlos als kettenrauchender Ober-Motz und TWILIGHT-Schnuckel Kellan Lutz ist wohl das lausigste, was sich seit Langem gesehen habe („Nur dass ihr den richtigen Namen habt: Ich bin der fucking Robbie Reemer“). Man muss es sehen, um es zu glauben. Am traurigsten ist die Performance von John Travolta. Der Mann, der mal so leichtfüßig über die Leinwand tänzelte, ist alt, hüftsteif und mimisch ungefähr bei Darmverschluss angekommen. Mit einem Ausdruck, als würde er gerade auf dem Klo sitzen, holpert Star seinen Text herunter und scheitert an Szenen, die er eigentlich im Schlaf spielen können müsste. Wenn Ben Aronoff am Krankenbett seines Sohnes sitzt und ihm unter Tränen Mut zusprechen will, dann kann man als Zuschauer nur in Gelächter ausbrechen, so tief ist Travolta gesunken. Immerhin musste der gute Thomas Danneberg DAS nicht mehr synchronisieren. Den Job übernimmt jetzt Ronald Nitschke, die Stamm-Stimme von Tommy Lee Jones, woran man sich schnell gewöhnt.
Kommen wir noch zur katastrophal miesen Inszenierung, die begreifbar macht, warum Luessenhop Nichts mit dem Film zu tun haben will, denn SPEED KILLS sieht aus wie billigster DTV-Dreck. Schon die Eröffnungsszene könnte auch aus einem Pornofilm stammen. Die Ausstattung ist sperrlich, die Sets sind mau und das Zeitkolorit von den 1960ern bis in die 1980er ist kaum erkennbar. Witzig ist, obwohl eine Zeitspanne von 25 Jahren abgehandelt wird, verändert sich nie das Aussehen von John Travolta, mit Ausnahme seiner künstlichen Bräune. Die Rennszenen laufen immer gleich ab, ebenso wie die banalen Shots am Strand: Man hält einfach aus der Ferne drauf. Auch das Framing scheint der Kameramann noch nicht verinnerlicht haben, vom abgehakten Zoom wollen wir gar nicht erst reden. Der Gipfel ist dann ein Sturm auf offener See nach ungefähr 50 Filmminuten, was aussieht wie aus einem NINTENDO 64′-Game, also ziemlich betagt.
Falls ihr euch dieses Leid antun wollt, zu kaufen gibt es das Machwerk, das immerhin ein My an Trash-Charme aufweist, auf Blu-Ray und DVD von unserem liebsten Resterampen-Label TIBERIUS FILM. Aber Vorsicht, die Schlawiner versuchen wieder mit einem Cover die Kunden zu täuschen. SPEED KILLS ist kein Actionfilm, sondern einfach langweiliger Käse, der eine Art Drama/Biopic sein will.
Fazit:
John Travolta scheint gerade sein eigenes Cinematic Universe zu kreieren, welches aus schlechten Filmen besteht, denn mit SPEED KILLS (2018) knüpft der Altstar spielend an die Qualität des, von allen Seiten verissenen, Mafiastreifens GOTTI (2018) an. Ein miserables Stück Digitalfilm, vollgepackt mit scheiternden Darstellern, die schlechte Dialoge aufsagen. Demnächst steht das neueste Travolta-Vehikel mit dem Titel TRADING PAINT an, in dem er wieder einen Rennfahrer spielt. Vielleicht gelingt ihm ja sogar der Bad-Movie Hattrick, was sich bestimmt gut als Werbezeile auf DVD-Boxen machen würde.
Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen