Der Hamburger Vertrieb Lighthouse Home Entertainment feiert seinen Einstand bei den Medienhuren mit einem Film, der – sehr passend – den Titel „The Lighthouse“ trägt. Basierend auf schockierenden Ereignissen, die sich im Jahre 1801 an der Küste von Wales ereigneten, schuf Regisseur Chris Crow einen düsteren Film, der zu 95% von zwei Schauspielern getragen wird. Schiffbruch, oder ein sicherer Hafen? Ob sich der Ausflug in den Leuchtturm lohnt, erfahrt ihr im Artikel…
Regie: Chris Crow
Darsteller: Mark Lewis Jones, Michael Jibson, Ian Virgo, Stephen McDade, Gerald Tyler, Nathan Sussex
Artikel von Victor Grytzka
„Based on…“. Häufig haben solche vollmundigen Versprechen wenig mit der eigentlichen Umsetzung eines Films zu tun, da man meist nur sehr vage Bezüge zu realen Ereignissen findet, insbesondere im Grusel / Horrorbereich. Im Fall von „The Lighthouse“ kann ich jedoch gleich Entwarnung geben. Nach Beendigung des 98-Minütigen Grusel-Thrillers, habe ich mich sogleich in die Hintergründe eingelesen, und dabei festgestellt, dass man sich sehr nah an die Ereignisse aus dem Jahre 1801 gehalten hat. Ein gutes Zeichen?
Wales, 1801 – Die beiden Leuchtturmwärter Thomas Griffiths (Mark Lewis Jones) und Thomas Howell (Michael Jibson) bekommen den Auftrag, den Leuchtturm der Felseninsel „Smalls“ für einen Monat zu bewachen. Die erste Hürde besteht darin, dass die beiden unterschiedlicher nicht sein könnten. Griffiths ist ein eher kühler und realistischer Typ, während Howell hingegen stark an seinem Glauben an Gott festhält. Zudem schweben Ereignisse der Vergangenheit im Raum, die eine unangenehm angespannte Stimmung zwischen den Arbeitskollegen entstehen lässt. Als ein Sturm aufzieht und die beiden in dem Turm über Wochen gefangen hält, scheint sich der Zusammenhalt zu bessern. Als wäre die Knappheit von Nahrung und anderen Gütern nicht schon schlimm genug, kommt es zudem zu einem tragischen Unfall, der einen der beiden Männer an den Rand des Wahnsinns treibt…
Manchmal braucht es nicht viel, um als Film auch gegen die „Großen“ des Business bestehen zu können. Im Falle von „The Lighthouse“ haben wir es nämlich mit einer relativ kleinen Produktion zu tun, die zu keiner Zeit versucht etwas zu sein, was sie nicht leisten kann. Was genau meine ich damit? Nun, ganz einfach. Der Film beschränkt sich fast zu 100% auf die Kulisse eines alten Leuchtturms, der – umgeben von Wasser – auf einer kleinen Felseninsel steht. Das Interieur des Turmes wurde dabei mit einem schaurig-schön detaillierten Hang zur Isolation gestaltet, und wirkt dementsprechend trostlos. Dies ist allerdings so gewollt und reiht sich perfekt in die schockierende Geschichte dieser Zweckgemeinschaft ein. Die Umgebung ist dementsprechend Trist, und verlässt sich dabei ein wenig auf CGI. Dort fällt dann ein wenig das kleine Budget auf, jedoch kann man den Look der Insel und des umgebenden Meeres immer noch als überzeugend und stimmig bezeichnen.
Die Begrenzung auf gerade einmal zwei Protagonisten kann schwierig sein, hier allerdings ist sie die größte Stärke des Films. Jones und Jibson porträtieren die beiden Wärter mit Freude am Spiel und eine Intensität in deren angedachten Charakterzügen, dass alleine diese Qualität schon ausreicht, den Zuschauer über die ersten 60 Minuten des Films zu tragen. Warum „nur“ die ersten 60 Minuten? In dieser Zeit entwickelt sich eine Beziehung zwischen den Männern, die von Ablehnung bis hin zu fast freundschaftlichen Zügen eine große Bandbreite abdeckt, und den Rahmen für das drohende Unheil bildet, welches durch die Launen der Natur um sie herum heraufbeschworen wird.
Die Gespräche zwischen den Wärtern schaffen es einfach zu fesseln, und auch das Tempo des Beziehungsaufbaus ist perfekt gewählt, denn Schritt für Schritt stellt man einen Wandel zwischen den Protagonisten fest, und tröpfchenweise bekommt man als Zuschauer die Hintergründe dieser grundverschiedenen Menschen erläutert, so dass man deren Verhaltensweisen nachempfinden kann. Und dann bricht die letzte halbe Stunde des „Lighthouse“ an.
Allzu viel mag ich nicht verraten, jedoch sei gesagt, dass es durch die Verkettung einiger ungünstiger Umstände zu einer Tragödie kommt, die einen der beiden für immer verändern wird. In Folge dessen kommt das Horror-Element dieses Werks zum Tragen, dass einen stetigen Abstieg aus Isolation, Angst und Wahnsinn zeichnet, der – oft nicht erkennbar – die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lässt, und dabei dann und wann auf atmosphärische Elemente zurückgreift, die wie eine Mixtur aus Poe, Lovecraft, King und Carpenter wirken. Das mag seltsam klingen, ergibt jedoch Sinn, wenn die Wirkung des hervorragend inszenierten Abstiegs in den Wahnsinn über die Mattscheibe flimmert. Dabei werden Erinnerungen an klassische Gruselfilme wach, die ohne Effekthascherei, ganz einfach durch originelle Ideen, eine tolle Atmosphäre erzeugt haben.
Das alles wird dann noch gruseliger, wenn man wirklich mal über den Hintergrund der Ereignisse recherchiert, und feststellt, dass die gezeigten Ereignisse in „Lighthouse“ erschreckend nahe an die Realität herankommen. Da ich nicht spoilern will, werde ich nicht zu sehr darauf eingehen, wer nun doch an der wirklichen Geschichte interessiert ist, dem lasse ich am Ende des Artikels einen Link da, der sich mit dem „Smalls Lighthouse“ befasst.
Die DVD, welche mir zur Rezension vorlag, besticht durch ein sehr scharfes Bild, das die gewollt düsteren Farben der Vorlage hervorragend wiedergibt. Die deutsche Synchro ist sehr professionell, der Ton in DD 5.1 sehr differenziert abgemischt. Extras findet man keine. Lediglich ein Trailer befindet sich auf der Disc.
„The Lighthouse“ ist ein beklemmendes und hervorragend gespieltes Stück Film, und besonders für jene Zuschauer zu empfehlen, die mal wieder etwas „ruhigeres“ haben möchten, bei dem man einfach mal 90 Minuten lang fasziniert zusieht. Ohne Klischees, ohne billige Jumpscares, ohne verrückte Monster. Denn manchmal ist die Realität der größte Horror, den man sich vorstellen kann.
Trailer:
Infos zu „Smalls Lighthouse“ (ACHTUNG SPOILER):