„Nicht noch eine Zombie-Comedy!“, denkt sich der etwas müde Autor dieser Zeilen. Doch der gering budgetierte Untoten-Spaß ONE CUT OF THE DEAD (2017) ist mehr als eine handelsübliche, blutige Gag-Parade, weswegen der Streifen unter Genre-Fans gerade ziemlich gefeiert wird. Koch Films bringt das, gerade einmal umgerechnet 25.000 US-Dollar teure, Spektakel nun nach Deutschland, erst limitiert ins Kino, dann bundesweit auf physischen Medien-Trägern. Wir haben uns mal angesehen, ob der Hype auch berechtigt ist!

Originaltitel: Kamera o tomeru na!

Drehbuch & Regie: Shinichiro Ueda

Darsteller: Takayuki Hamatsu, Yuzuki Akiyama, Harumi Shuhama, Kazuaki Nagaya…

Artikel von Christopher Feldmann

ONE CUT OF THE DEAD entpuppte sich als wahre Sensation in Heimatland Japan. Mit einem Budget von nur rund 25.000 US-Dollar gedreht, war dem Film natürlich keine große Auswertung vergönnt. So lief die Komödie im Juni 2018 gerade einmal in zwei Kinos in Tokyo an, sogar Rabatt bekam man als Zuschauer, wenn man in Zombie-Montur ein Ticket kaufte. So versuchten die Macher wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu generieren. Was dann folgte hätten sich Produzent Koji Ichihashi und Regisseur/Autor Shinichiro Ueda nicht in ihren kühnsten Träumen ausmalen können. Plötzlich wurden Kritiker auf den Film aufmerksam und lobten ihn für sein cleveres Konzept und für seinen pointierten Humor. Das Publikum wurde prompt angefixt und bescherte ONE CUT OF THE DEAD einen wahren Höhenflug, sodass die Kinoauswertung schließlich auf 200 Multiplexe ausgeweitet wurde und der Film in Japan rund zwei Millionen Zuschauer vor die Leinwand lockte. Ein immenser Erfolg, der so langsam auf ganz Ostasien überschwappte und nun in europäischen Gefilden angekommen ist. So avancierte der Streifen auf dem hiesigen FANTASY FILMFEST 2018 zum Publikumsliebling und Koch Films schenkte dem Geheimtipp einen kleinen Kinostart, bevor er nun im Mai 2019 auch auf Blu-Ray und DVD erscheint. Natürlich nahm ich mit Freude die Pressekopie entgegen, um mir selbst ein Bild von dem hochgelobten Machwerk zu machen und ich kann sagen, dass ONE CUT OF THE DEAD definitiv hält, was die vorherigen Kritiken versprechen. Allerdings ist es schwierig, ja fast unmöglich, eine Kritik zu schreiben, ohne das Grundkonzept der Handlung zu spoilern. Je weniger man über den Film weiß, desto größer ist die Überraschung und desto besser funktionieren die Gags. Wer sich wirklich überraschen lassen möchte, sollte vielleicht nicht weiterlesen.

Handlung:
Es ist der 42. Take und Regisseur Higurashi (Takayuki Hamatsu) verliert langsam die Nerven. Die Angst im Gesicht seiner Darstellerin Chinatsu (Yuzuki Akiyama) wirkt einfach nicht authentisch. Eines der alltäglichen Probleme bei den Dreharbeiten zu einem Low-Budget-Zombie-Streifen in einem verlassenen Industriegebäude. Der perfektionistische Regisseur scheint dem Wahnsinn nahe und verlässt wutentbrannt das Set, während sich Chinatsu von Kollegin Harumi (Harumi Shuhama) trösten lassen muss. Als diese die Geschichte über geheime Experimente des Militärs in besagtem Gebäude erzählt, dauert es nicht lange, bis leibhaftige Zombies Jagd auf die überforderte Filmcrew machen.

Was in diesem Handlungsabriss beschrieben wird, betrifft lediglich die ersten 35 Minuten des Films. Die muss man allerdings erstmal durchstehen, denn bereits bei diversen Festivals wurde berichtet, dass Zuschauer während diesen 35 Minuten entnervt das Kino verließen. Die Menschen, die sitzen blieben, wurden allerdings für die Tortur entsprechend belohnt. Leute, nehmt euch das zu Herzen, denn diese Zeitspanne ist wirklich kaum erträglich und man neigt ständig dazu, abzuschalten. Auch ich, der wirklich nicht wusste worauf es hinausläuft, dachte mir: „Was soll die verdammte scheiße?!“. Wir sehen, wie amateurhafte Darsteller vor schlecht geschminkten Zombies wegrennen, wild schreien und in ihren schlechten, mies gespielten Dialogen immer wieder schreckliche Kunstpausen machen. Ist ONE CUT OF THE DEAD wirklich nur ein Amateur-Film, gedreht in nur einem Take? Natürlich nicht, denn hat man 35 Minuten gestohlene Lebenszeit geschafft, zeigt die Komödie ihr wahres Gesicht!

ACHTUNG, WER SICH ÜBERRASCHEN LASSEN MÖCHTE, KANN JA ZUM FAZIT SPRINGEN!

Das Ganze ist ein Film-im-Film, denn nach der besagten halben Stunde rollt ein Abspann über den Bildschirm. Wir haben gerade einen kompletten Kurzfilm gesehen und springen einige Wochen zurück, wo der erfahrene Regisseur Hirugashi von einem Fernsehsender beauftragt wird, ein ganz besonderes Experiment umzusetzen. Er soll einen Zombiefilm drehen, der gleichzeitig ausgestrahlt wird, etwas ganz Neues also. Dazu darf der Film keine Schnitte besitzen und alles muss reibungslos ablaufen, damit nicht abgebrochen werden muss.

Was wir nun sehen, ist quasi das Behind-the-Scenes-Material zum eingangs beschriebenen Film, bei denen alles schief läuft, was nur schief laufen kann. Von der spontanen Umbesetzung, bei der Hirugashi und seine Frau Harumi nun selbst mitspielen müssen, mal abgesehen, wird die Produktion noch durch einen Kameramann mit Lebensmittelunverträglichkeit, fehlende Toiletten, einem alkoholkranken Schauspieler und einem kaputten Kran weiter verkompliziert. Während Hirugashi krampfhaft versucht den Dreh irgendwie über die Bühne zu kriegen, ist die Crew damit beschäftigt jede Panne zu beseitigen und gehörig zu improvisieren.

Was nach 35 Minuten passiert, erweist sich als genialer Twist und Regisseur/Autor Shinichiro Ueda zeigt im weiteren Verlauf sein Fingerspitzengefühl in Sachen Comedy und Medien-Satire. Während die gängigen Klischees im Filmbusiness gehörig veralbert werden und der Streifen gegen Allüren behaftete Schauspieler und Manager, sowie gegen die TV-Branche schießt, dürften Genre-Fans, B-Movie Jünger oder auch Amatuer-Regisseure wahre Freude bei Uedas Gag-Parade empfinden. Auch wenn der Anfang eine Qual ist, ist er dennoch wichtig und wird nun nach Strich und Faden seziert und aufgelöst, sodass man als Zuschauer öfters mit der Hand gegen die Stirn klatscht und anfängt laut zu lachen. In bester Slapstick-Manier zelebriert der Film das Thema „Filme machen“ und serviert so manch urkomischen Fettnäpfchen. Am Ende schließt sich der Kreis und Alles ergibt einen Sinn, der Weg dahin ist pures Gold und wirklich originell. Ich will hier wirklich keinen Gag vorweg nehmen, um dem Leser ein unbescholtenes Seherlebnis zu garantieren. Danke Koch Films für eine weitere Perle, die ihre Aufmerksamkeit wirklich verdient, ich habe in 2019 bisher nicht so viel gelacht, wie es hier der Fall war.

Fazit:
ONE CUT OF THE DEAD (2017) wird seinem Hype gerecht. Die satirische Komödie aus Japan ist ein wahres Fest für Filmfans und erweist den Menschen Hommage, die unter niedersten Bedingungen Filme drehen müssen. Shinichiro Uedas Meta-Comedy ist ziemlich witzig und weit mehr als ein bloßer Zombie-Film, sondern eine wunderbare Gag-Parade, die mit einem wirklich originellen Konzept begeistert. Ein absoluter Ansehtipp und schon jetzt eine der größten Überraschungen des Jahres!

Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen

Zurück zur Startseite