Unser liebster belgischer Martial-Artist Jean-Claude van Damme beehrt seine gierigen Jünger mit einem neuen Heimkino-Release. Mit dem Actionthriller WE DIE YOUNG (2019) kehrt der Haudrauf-Star in bekannte Gefilde zurück, versucht dabei aber auch an seine schauspielerischen Ausflüge in Dramen anzuknüpfen. Ob dieser Mix ein Treffer ist, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: We Die Young
Drehbuch: Lior Geller, Andrew Friedman
Regie: Lior Geller
Darsteller: Jean-Claude van Damme, David Castaneda, Elijah Rodriguez, Nicholas Sean Johnny, Joana Metrass…
Artikel von Christopher Feldmann
Während Kollege Lundgren in den letzten Jahren wieder deutlich an Oberwasser gewonnen hat, blieb dem guten Jean-Claude die Rückkehr auf die große Leinwand verwehrt, obwohl man ihm diese nach seinem gelungenen Auftritt im Ensemble-Kracher THE EXPENDABLES 2 (2012) durchaus gegönnt hätte. Stattdessen gab es wieder Heuler aus der Direct-to-DVD Ecke, in der sich van Damme seit fast 20 Jahren zuhause fühlen dürfte. Lediglich letztes Jahr bewies er mit THE BOUNCER (2018), dass sein schauspielerisches Glanzstück JCVD (2008) doch keine Eintagsfliege war. Er kann es also, wenn er will…und wenn man ihn lässt. WE DIE YOUNG (2019) versucht nun das Kunststück, einen klassischen Actionthriller auf die Beine zu stellen, van Damme aber trotzdem als Schauspieler in Szene zus setzen. Ein gewagtes Unterfangen, welches, bis auf ein paar ambitionierte Momente, leider völlig in die Hose gegangen ist.
Inhalt:
Die brutale, lateinamerikanische Gang MS-13 regiert über ein heruntergekommenes Viertel in Washington D.C. Hier trauen sich die Polizisten nur wenig, steht doch jeder unter der Fuchtel von Boss Rincon (David Castaneda). Hier gehören Schutzgeld, Drogenhandel und erbarmungslose Strafen zur Tagesordnung. Auch der 14-jährige Lucas (Elijah Rodriguez) arbeitet für das gefürchtete Oberhaupt, verkauft Drogen und sammelt Schutzgeld ein. Das tut er eigentlich nur, um seinem kleinen Bruder ein besseres Leben zu ermöglichen. Nachdem eine brisante Fracht an Drogen abhanden kommt, steht Lucas nun selbst auf der Abschussliste. Lediglich der traumatisierte, abhängige Kriegsveteran Daniel (Jean-Claude van Damme) steht den Geschwistern zur Seite, um sie vor den mörderischen Häschern zu beschützen.
Der Film beginnt eigentlich recht vielversprechend. Während wir den gängigen Tagesabläufen der berüchtigten Straßengang MS-13 folgen, erzählt Lucas aus dem Off, was in dem Viertel so abgeht, wie die Aufgaben verteilt sind, wie die Hierarchien funktionieren und an welche Regeln man sich zu halten hat. Vielleicht ist es weit hergeholt aber für einen kurzen Moment wird man typische Stilmittel aus Scorsese-Filmen erinnert. Dabei macht schon die Tatsache Laune, dass Regisseur und Autor Lior Geller, der hier seinen eigenen Kurzfilm mit mehr Budget als abendfüllenden Spielfilm umgesetzt hat, exzessiv recherchiert hat, um WE DIE YOUNG möglichst authentisch zu gestalten. Von diesen Recherchen, bei denen er auch mit echten Mitgliedern der MS-13 gesprochen haben soll, ist aber kaum etwas glaubhaft. Stattdessen wirkt das Drehbuch, als hätte Geller eine Reihe Gangfilme aus den 1980ern 1990ern geschaut und die wiederkehrenden Elemente eins zu eins übernommen.
WE DIE YOUNG fühlt sich nämlich unglaublich klischeehaft an. Alles, was hier gezeigt wird, hat man schon mal gesehen, und zwar besser. Dabei kommt es dem Film nicht zu Gute, dass auch die Handlung an sich absolut vorhersehbar ist und den bekannten Genre-Mustern folgt.
Inszenatorisch gelingen Geller einige schöne Momente, in denen WE DIE YOUNG sogar nach Aufwand und Sorgfalt aussieht. Gerade in den ruhigen Momenten hat man das Gefühl, dass der Regisseur wirklich mit dem Herz dabei ist. Hier sei besonders die Parallelmontage im letzten Akt erwähnt, die wirklich gut ist. Da erscheint es umso kurioser, dass alle Actionszenen eine absolute Katastrophe sind. Egal ob Verfolgungsjagd, Prügelszene, Shootout oder Flashbacks mit Kriegsszenen. Hier war wieder ein Epileptiker mit Handkamera am Werk, der jede Szene versaut. Selbst der Schnitt ist vollkommen hanebüchen und man hat zu keinem Zeitpunkt ein räumliches Gefühl.
Schauspielerisch reißt hier niemand Bäume aus. Lediglich David Castaneda kann als Bösewicht mit einer bedrohlichen Präsenz punkten. Wenn er aus „Der Kaufmann von Venedig“ zitiert, bevor jemanden mit der Machete bearbeitet, dann macht das schon Eindruck. Auch die beiden Kids liefern eine solide Leistung ab. Nur der eigentliche Star selbst, Jean-Claude van Damme, tut sich mit seiner Rolle als stummer, drogenabhängiger Kriegsveteran keinen wirklichen Gefallen. Anstatt mit seiner Präsenz und seinem, durchaus vorhandenen, Charisma zu punkten, schleppt sich die Action-Ikone der 1990er röchelnd und träge in einer undankbaren Nebenrolle durch den Film, und das mit nur einem Gesichtsausdruck. Wahrscheinlich wollte van Damme authentisch schauspielern, jedoch hätte ihm etwas Text ganz gut getan.
Die Blu-Ray aus dem Hause SPLENDID lässt keine Makel zu und bietet eine gute Bild- und Tonqualität. Im Bonusmaterial finden sich Behind the Scenes-Material und der Trailer.
Fazit:
WE DIE YOUNG (2019) hätte gut werden können, beweist Lior Geller in seinem Langfilmdebüt doch hier und da Talent für gute Szenen. Allerdings macht der Actionthriller leider zuviel falsch, um zu funktionieren. Die Story reiht abgedroschene Gangsterklischees aneinander, die Actionszenen sind kaum guckbar und van Damme schleppt sich mehr schlecht als recht durch seinen dialogfreien Part. Eher enttäuschend!
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