SHAFT is back, can you dig it? 19 Jahre nach dem Soft-Reboot streift sich Samuel L. Jackson abermals den schwarzen Ledermantel über, um einer Ikone des Blaxploitation-Kinos neues Leben einzuhauchen. In SHAFT (2019) bekommt er dabei tatkräftige Unterstützung von Jessie T. Usher, der als Sprössling des lässig raubeinigen Detektivs eine neue Generation vertreten soll. Ob Tim Storys spätes Sequel, welches außerhalb der USA direkt auf NETFLIX veröffentlicht wurde, für smarte Unterhaltung sorgt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Shaft

Drehbuch: Kenya Barris, Alex Barnow
Regie: Tim Story

Darsteller: Samuel L. Jackson, Jessie T. Usher, Regina Hall, Alexandra Shipp, Richard Roundtree, Titus Welliver…

Artikel von Christopher Feldmann

Ende der 1960er begann das Blaxploitation-Genre seinen Vormarsch auf dem US-amerikanischen Kinomarkt. Als Reaktion auf die Bürgerrechtsbewegung und das neu gewonnene Selbstvertrauen, schufen die Afroamerikaner ihr eigenes „schwarzes Kino“, welches in den 1970er Jahren seine Blütezeit erlebte. Gangster- und Actionfilme dominierten dabei die Szene, in der farbige Helden gegen weiße Obrigkeiten kämpften. Dabei ging es auch immer wieder ruppig zur Sache, da sich viele Regisseure bei den wichtigen Themen bedienten, um auf Unterhaltung ausgelegte Exploitationfilme zu drehen, die nicht selten mit Sex und Gewalt geizten. Diese Filme und ihre Stars wurden dennoch Kult und gehören noch heute zu den Ikonen einer ganzen Bewegung. Egal ob Tamara Dobson als CLEOPATRA JONES (1973) oder Pam Grier als COFFY (1973) beziehungsweise FOXY BROWN (1974), mehrere Darsteller wurden zum Sinnbild für die Emanzipation der Afroamerikaner. Die wohl größte Ikone ist wohl Richard Roundtree, der als lässig schlagfertiger Privatdetektiv John Shaft in Harlem für Ordnung sorgte, dabei nie um einen coolen Spruch oder ein nettes Nümmerchen mit einer Dame verlegen war. Drei Filme (1971-1973) und eine kurzlebige TV-Serie (1973-1974) gab es, bevor die Figur in der Mottenkiste landete, bis man im Jahr 2000 beschloss, dem coolen Schnüffler eine neue Bühne zu bieten. Mit Samuel L. Jackson fand man dabei den richtigen Darsteller, der als Neffe des Original-Shafts (Richard Roundtree war auch im Film zu sehen) auf Verbrecherjagd ging. 19 Jahre später hat man wohl beschlossen, dass es an der Zeit ist, die Ikone des „Soul Cinema“ an die aktuelle Generation heranzuführen. Dabei haben die Macher hinter SHAFT (2019) aber nicht verstanden, was Blaxploitation eigentlich ausmacht und liefern eine doch eher enttäuschende Actionkomödie ab, die weder witzig, noch irgendwie cool ist.

Handlung:
Um seinen Sohn vor den Gefahren zu schützen, mit denen er es alltäglich zu tun hat, hat der Ex-Cop John Shaft (Samuel L. Jackson) seine Freundin Maya (Regina Hall) mitsamt Sprössling ziehen lassen und versprochen, sich von seinem eigenen Fleisch und Blut fernzuhalten. 25 Jahre später ist JJ (Jessie T. Usher) eine angesehener Datenanalyst, der gerade beim FBI seine Karriere beginnen will. Als ein Freund aus Kindheitstagen unter mysteriösen Umständen verstirbt, glaubt Shaft jr. an ein Verbrechen, und weil er in der Drogenszene nicht wirklich vorankommt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen Vater aufzusuchen, um dessen  Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das gestaltet sich schwieriger als gedacht, kommt der gebildete, höfliche und zurückhaltende JJ doch so gar nicht nach seinem Vater, der eher in Old-School-Manier zu Werke geht. Erst schießen, dann fragen!

SHAFT (2019) ist ärgerlich, was auch klar werden lässt, warum man NETFLIX herangeholt hat, die den Film außerhalb der USA vertreiben. Im Kino wollte kaum jemand den Streifen mit Samuel L. Jackson sehen, was wahrscheinlich auch am Konzept und letztendlich an den mauen Kritiken lag, die das Sequel durchweg als Enttäuschung klassifizierten. Dabei macht ein neuer SHAFT-Film durchaus Sinn, war die Marke schon immer mit politischen Inhalten bestückt, die auch noch heute allgegenwärtig sind. Doch diese Inhalte, welche man noch im 2000er-SHAFT finden konnte, wurden dieses Mal gänzlich weggelassen, um die Marke als Vehikel für eine seichte Actionkomödie zu nutzen, die weder etwas mit Blaxploitation noch etwas mit dem originalen SHAFT (1971) zu tun hat. Man könnte den neuen Film schon als politisch fragwürdig bezeichnen, denn die Macher wollen uns vor allem zeigen, wie weich die Männer geworden sind. Moderne Kerle, die respektvoll mit Frauen umgehen und gänzlich höflich agieren, sind einfach nur Pussys. Wo sind all die harten Kerle hin, die auch mal einer Frau an den Arsch packen, fluchen, morgens schon saufen und sich nehmen was sie wollen? Also, die richtigen Männer, die von den beschissenen „Millienials“ untergraben werden. Fast zwei Stunden kotzt sich der Film über die „fehlenden Eier“ aus und trauert damit wohl einer Macho-Ära nach, was weder intelligent, noch lustig ist, sondern einfach nur unangenehm und peinlich.

Abseits der fragwürdigen Botschaften, kann man das Drehbuch ebenfalls in die Tonne kloppen. Wo der Film aus dem Jahr 2000 noch versucht hat, einen ernsten Krimi mit humoristischen Einlagen zu erzählen, wird SHAFT (2019) schon nach fünf Minuten zur nervigen Buddy-Comedy, bei der die Autoren die abgestandensten Gags nochmal aus den 1980ern recycelt haben. Das Konzept ist ganz klar, der digitale, moderne Sohn muss mit seinem Vater zusammenarbeiten, dessen Methoden veraltet und unorthodox sind. Das ist zwar veraltet, kann man aber machen, wenn die Chemie und die Figuren stimmen, doch in diesem Fall ist wenig Chemie vorhanden, die Figuren bleiben Klischee und die Witze zünden selten, dafür haben sie einen zu langen, grauen Bart. Auch die Story ist so uninspiriert und langweilig, dass zu keiner Sekunde eine Form von Spannung aufkommt. Eigentlich weiß man nach 20 Minuten, wie der Film endet und wer Dreck am Stecken hat. Eigentlich löst Jackson den Fall auch schon nach dieser Laufzeit und trotzdem wird es dem Zuschauer kurz vor Schluss als Überraschung verkauft. SHAFT (2019) hat kaum etwas zu erzählen und versucht über Gags und coole Sprüche zu punkten. Letzteres gelingt ihm ab und an, was eher ein Verdienst des Hauptdarstellers ist.

Und damit meine ich natürlich Samuel L. Jackson, wen sonst? Egal wie unangenehm die Agenda des Films auch sein mag, Jackson ist einfach ein cooler Motherfucker, dem ich immer wieder gerne zusehe. Besonders die Rolle des John Shaft scheint ihm wirklich Spaß zu bereiten. Er besitzt einfach dieses Besondere und auch das nötige komödiantische Timing, um die faden Gags einigermaßen gut zu verpacken, so dass manche Szenen doch auf einem Minimum funktionieren. Er hat all das, was Jessie T. Usher nicht hat. Der verkörpert nämlich den Filmsohn und kaum Ausdruck auf Lager, geschweige denn etwas Interessantes an sich, um Akzente zu setzen (Wer INDEPENDENCE DAY 2 (2016) gesehen hat, weiß wovon ich rede). Dann wären da noch Regina Hall und Alexandra Shipp, die für die weibliche Komponente zuständig sind. Während erstere am Nerven ist, ist zumindest Shipp nett anzusehen. Die Bösewichte haben kaum Screentime und sind absolut vergessenswert, ja eigentlich gibt es keine Bösewicht, da man ihnen keine Aufmerksamkeit schenkt. Auch Ur-Shaft Richard Roundtree schaut nur kurz vorbei, sein Auftritt ist aber doch ganz cool.

Regie führte Tim Story, der schon zwei wenig geliebte Comic-Adaptionen über die FANTASTIC FOUR verbrochen hat. Im Fall von SHAFT (2019) merkt man, warum der Name Tim Story nicht gerade für gutes Handwerk steht. Obwohl die Location gut aussieht und der Film optisch absolut solide ist, findet der Regisseur keine coolen Bilder und hat auch kein Gespür für Action, die, wenn mal etwas passiert, auch sterbenslangweilig choreographiert ist. Das lässt mehr auf den Inhalt blicken, der, wie schon erwähnt, doch seine Probleme hat und oftmals wirklich ärgert. Vielleicht sollte Tim Story keine Filme mehr drehen.

Fazit: 
Mit SHAFT (2019) wird die Ikone des Blaxploitation-Genres zur Witzfigur und zum Stichwortgeber für fragwürdige Pointen. Abseits davon, ist das Sequel ein behäbig erzählter, vorhersehbarer, selten witziger und vor allem uninteressanter Film, der auf NETFLIX sein passendes Zuhause gefunden hat und in den USA zurecht gefloppt ist. Einzig Samuel L. Jackson macht eine gute Figur als coole Socke und wertet den Film wirklich auf. An einem Sonntag im Suffkoma kann man ihn mal laufen lassen, ansonsten ein enttäuschender Beitrag, bei dem meine Erwartungen generell nicht sonderlich hoch waren.

SHAFT? Sehr gerne, aber nicht SO!

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