In den 1980ern bestimmten muskelbepackte Kampfmaschinen wie Stallone und Schwarzenegger das Geschehen im Action-Genre. Doch auch abseits der ikonischen Schieß- und Prügelorgien der großen Stars schlummern so manche Perlen, die es nach und nach in das HD-Zeitalter schaffen. Koch Films hat mal wieder eine dieser Perlen zu Tage gefördert und mit AUSGELÖSCHT (1987) einen Vertreter des klassischen Männerkinos im schicken Mediabook veröffentlicht. Grund genug, den Action-Western von Altmeister Walter Hill noch einmal auf den Prüfstand zu stellen!

Originaltitel: Extreme Prejudice

Drehbuch: John Milius, Deric Washburn, Harry Kleiner, Fred Rexer
Regie: Walter Hill

Darsteller: Nick Nolte, Powers Boothe, Maria Conchita Alonso, Michael Ironside, William Forsythe, Rip Torn, Clancy Brown…

Artikel von Christopher Feldmann

Wer sich dem Action-Genre verschrieben hat, kommt an den Filmen von Walter Hill in der Regel nicht vorbei, gehört er doch zu jenen Filmemachern, die dieser Gattung ihren Stempel aufgedrückt und sie entscheidend mitgeprägt haben. Immerhin legte der mittlerweile 77-jährige mit Filmen wie THE DRIVER (1978) und THE WARRIORS (1979) zwei Werke aufs Parkett, die auch heute noch gut und gerne zitiert werden und war als Produzent die treibende Kraft hinter Ridley Scotts Meisterwerk ALIEN (1979) mitsamt Sequels. Seinen kreativen Höhepunkt hatte der gute Walter zweifelsohne in den 1980ern, als das Genre auf seinem Zenit war. Zwischen zahlreichen Hits wie NUR 48 STUNDEN (1982) und RED HEAT (1988), lieferte er auch AUSGELÖSCHT (1987) ab, der zu seiner Zeit kein großer Hit war und stark hinter den Erwartungen zurück blieb. Wahrscheinlich traf Hills Hommage an Western und die Filme von Sam Peckinpah einfach nicht den Nerv der Zuschauer. Das ist aus heutiger Sicht ziemlich schade, stellt der Film doch einen Geheimtipp dar, der jedem Genre-Fan gefalle dürfte. EXTREME PREJUDICE, so der Originaltitel, liefert alles, was einen knallharten Film für Jungs so ausmacht.

Inhalt:
An der Grenze zu Mexiko sorgt der wortkarge Texas Ranger Jack Benteen (Nick Nolte) für geordnete Verhältnisse, besonders wenn es um Drogendealer geht. Das liegt daran, dass die Kleinstadt mittlerweile zum Umschlagplatz für Kokain geworden ist, welches vom Drogenbaron Cash Bailey (Powers Boothe) über die Grenze geliefert wird. Benteen und Bailey waren früher Freunde, stehen sich nun aber als Feinde gegenüber, nicht zuletzt weil beide seit jeher um die Gunst der schönen Sarita (Maria Conchita Alonso) buhlen. Beide sind sich einig, dass diese Fehde erst beendet sein wird, wenn einer von beiden tot ist. Die angespannte Stimmung bekommt noch zusätzlichen Zündstoff, als eine Gruppe Ex-Soldaten unter der Leitung von Major Paul Hackett (Michael Ironside) in die Stadt kommt und ihre ganz eigenen Pläne verfolgt.

Ich habe lange auf eine angemessene Veröffentlichung dieses Films gewartet, gehört AUSGELÖSCHT doch schon lange zu meinen Favoriten des 1980er Action-Kinos, sowie zu meinen Lieblingen aus dem Schaffen Walter Hills. Das liegt zum einen daran, dass der Streifen gekonnt Kernelemente des Westers aufgreift und sie mit den damals populären Stilmitteln des zeitgenössischen Actionfilms mischt. Die Story um einen beinharten Texas Ranger, der es mit Drogengangstern aufnimmt, ist sicher schon damals wenig innovativ gewesen, doch ein Regisseur wie Walter Hill versteht es, sie spannend und optisch reizvoll in Szene zu setzten. Für das Skript waren vier Autoren zuständig, wobei John Milius der wohl prominenteste Name in der Riege von Schreibern sein dürfte. Milius inszenierte nicht nur den erzreaktionären Klassiker RED DAWN (1984) und den Arnie-Hit CONAN (1982), sondern war auch als Autor für Francis Ford Coppolas Meisterstück APOCALYPSE NOW (1979) tätig.

AUSGELÖSCHT wirkt aus heutiger Sicht wie ein Film, der erzählerisch alle Klischees und Stereotypen vereint, die einem so einfallen. Vom harten Texas Ranger, der innerlich zerrissen scheint, über den fiesen Drogenbaron im weißen Anzug, mitsamt Privatarmee, bestehend aus mexikanischen Ganoven, bis hin zu den toughen Söldnern, die stets einen kessen Spruch auf den Lippen haben. Aus diesen Elementen formen Milius und seine Kollegen einen Streifen, der vor männlichen Ikonographien nur so trieft, dabei aber auch Potential für tiefer gehende Beziehungen bietet. Jack Benteen und Cash Bailey waren mal Freunde, sind es jetzt aber nicht mehr und stehen sich nun eher feindselig gegenüber. Anstatt daraus von Anfang an eine klassische Fehde zu machen, lässt der Film seine Protagonisten hadern. Beiden Figuren fällt es sichtlich schwer, beide erinnern sich an die Tage, an denen sie durch dick und dünn gingen und beiden tut es irgendwie leid, dass sich alles geändert hat, jedoch bleiben beide aus Überzeugung auf ihren Seiten. Jack, weil er sich dem Gesetz verschrieben hat und Cash, weil er, laut eigener Aussage, einfach zu tief drin steckt. Diese Beziehung zwischen den zwei Männern, ist die interessanteste im ganzen Film, kommt jedoch nicht so richtig zum tragen, da sich AUSGELÖSCHT noch einem anderen Handlungsstrang widmet.

Gleichzeitig verfolgt der Zuschauer immer wieder eine Gruppe von Ex-Soldaten, die offiziell als tot gelten, die in der texanischen Grenzstadt ihre Zelte aufschlagen und ihr ganz eigenes Süppchen kochen. Gemäß der Genre-Standards haben wir es hier mit einer Reihe harter Hunde zu tun, die schon in der Eröffnungsszene keinen Hehl daraus machen, dass sie tough und auch ziemlich asozial sein können, immerhin startet der Film mit dem Spruch „Hey Baby, ich geb ne‘ Runde Lecken aus!“. Die Gruppe plant einen Banküberfall, der eigentlich nur Tarnung ist, da man lediglich an geheimen Dokumenten interessiert ist, die im Schließfach von Cash Bailey liegen und an denen die Regierung sehr interessiert ist. Eigentlich nicht der Rede wert, wenn es den eigentlichen Handlungsstrang, Jack gegen Cash, nicht vollständig ausbremsen würde. Für einen gewissen Zeitraum lässt der Film diesen nämlich vollständig links liegen, um erst gegen Ende wieder zu ihm zurückzukommen, da dort die Fäden schließlich zusammenlaufen.

Ansonsten betreibt das Drehbuch ziemliche Schwarz/Weiß-Malerei aber wir haben es ja auch mit einem Actionfilm aus dem Jahr 1987 zu tun, und als solcher brilliert AUSGELÖSCHT auf ganzer Linie.

Altmeister Walter Hill huldigt dem klassischen Western, vor Allem jenen, die unter der Regie Sam Peckinpahs entstanden sind. Nicht umsonst fühlt sich die Handlung um eine Gruppe Ex-Soldaten/Outlaws an, wie eine direkte Hommage an THE WILD BUNCH (1969). Hill hat seine Vorbilder gut studiert und schafft es, eine ebenso flirrende Atmosphäre zu erzeugen. Vielleicht täusche ich mich, aber wenn Nolte und Boothe in der texanischen Hitze ihre gescheiterte Freundschaft ausdiskutieren, dann hat das irgendwie etwas poetisches. Natürlich wird in AUSGELÖSCHT nicht nur gefaselt, sondern auch ordentlich geballert. Hill inszeniert starke Actionszenen, die auch heute noch dynamisch und vor allem wuchtig daherkommen. Sei es der krachende Shootout an der Tankstelle, eine Verfolgungsjagd, sowie das bleihaltige Finale, welches ebenfalls mit aller Offensichtlichkeit an THE WILD BUNCH angelehnt ist. Der Film referenziert wenig subtil, sondern ziemlich offensichtlich, was in diesem Fall aber nicht weniger wirkungsvoll ist. Hier platzen ebenso die Blutbeutel, als gebe es kein Morgen mehr, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass der Streifen nach wie vor mit einer Freigabe ab 18 Jahren in den Handel gekommen ist.

Neben den optischen Schauwerten, hat man hier auch eine illustre Riege an Darstellern versammelt. Nick Nolte passt perfekt auf die Rolle des kratzbürstigen Texas Rangers. Auch wenn er eine eher klischeebeladene Figur darstellt, ist seine Performance absolut glaubwürdig. Powers Boothe mimt zu meiner Freude den Schurken, was eigentlich immer eine sichere Bank ist. Stilecht im weißen Anzug, wie sich das für einen amtlichen Koks-Dealer gehört, gibt er den Bösewicht, der auch mal mit sich selbst hadert. Eigentlich findet er es geil, dass er viel Macht hat, ihm wird aber auch bewusst, dass er außer Geld nur einen Haufen mexikanischer Ganoven sein Eigen nennen kann, die ihn nicht mal richtig verstehen. Beide Hauptfiguren drehen sich um die hübsche Sarita, eine mexikanische Sängerin, die früher mit Cash liiert war, nun aber das Bett mit Jack teilt. Allerdings lässt das Drehbuch die weibliche Hauptrolle (eigentlich gibt es keine weitere Frau in diesem Film) in der Luft verhungern und Maria Conchita Alonso hat nichts zu tun, ausßer gut auszusehen. Ansonsten geben sich hier noch Rip Torn, Michael Ironside, Clancy Brown und William Forsythe die Ehre, die als Söldner absolut treffend besetzt sind.

Koch Films serviert uns den Action-Western standesgemäß im Mediabook, welches Blu-Ray und DVD beinhaltet. Die Bildqualität ist dabei aller erste Sahne und lässt den Film in neuem Glanz erstrahlen. Auch der Ton ist gelungen, birgt aber vier Stellen, in denen der Sound für ein paar Sekunden sehr dumpf klingt, als hätte man diese Stücke bei der Aufbereitung vergessen. Das Bonusmaterial bietet derweil das passende Futter für Filmfans und wartet mit einem klassischen Making-Of, einem Interview mit Walter Hill, einer Bildergalerie und Trailer auf. Dazu bekommt man noch eine Vollbild-Fassung und ein umfangreiches Booklet. Bis auf die kleinen Aussetzer beim Ton eine erneut gelungene Arbeit der Köche.

Fazit:
Walter Hills AUSGELÖSCHT (1987) ist ein echter Tipp für Fans knallharten Actionkinos. Ein atmosphärischer, kurzweiliger Mix aus knackigem Actionfilm und flirrendem Western im Geiste Sam Peckinpahs. Erzählerisch teilweise etwas unausgegoren, dafür handwerklich krachend umgesetzt und mit prominenter Besetzung garniert. Für Genre-Freunde absolut empfehlenswert, vor allem in der neuen Veröffentlichung!

Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen

Zurück zur Startseite