Ganze 11 Jahre haben die Fans nach Guillermo del Toros Fantasyspektakel HELLBOY 2 – DIE GOLDENE ARMEE auf eine Rückkehr ihres Helden gewartet und gebangt, zumal das offene Ende eine Fortsetzung eigentlich zwingend erforderlich machte. Da das Einspielergebnis damals leider enttäuschend war, haderte das Studio mit der Finanzierung und del Toro zog andere Projekte immer wieder vor. Jetzt ist es endlich soweit, allerdings in Form einer Neuverfilmung. Statt Ron Pearlman, der perfekt in die Rolle passte, übernahm jetzt STRANGER THINGS Star David Harbour den Part des rothäutigen Kämpfers mit der Eisenfaust und den weggeflexten Hörnern. Ob sein Einstand gelang, kann man jetzt dank UNIVERSUM FILM im Heimkino testen. Wir haben das Monster auf Monsterjagd auf den Prüfstand gestellt.

Originaltitel: Hellboy

Regie: Neil Marshall

Darsteller: David Harbour, Milla Jovovich, Ian McShane, Sasha Lane, Daniel Dae Kim

Artikel von Christian Jürs

Nimue (Milla Jovovich), die Blutkönigin, verbreitete mit ihren Monstern und der Verbreitung der Pest einst Angst und Schrecken im mittelalterlichen England. Trotzdem gelang es König Arthur (Mark Stanley) schließlich, die Hexe mit dem heiligen Schwert Excalibur zu richten und ihre Gliedmaßen in der Welt verstreut zu verstecken.

Dann ein Sprung in die Gegenwart. Wir treffen auf Hellboy und begleiten ihn, auf der Suche nach seinem Kollegen Esteban Ruiz (Mario de la Rosa), der in Mexiko undercover ermittelte und untergetaucht ist. Ja, Hellboy kämpft hier bereits für das Gute. Eine Vorgeschichte scheint nicht nötig, auch wenn uns diese im Nachhinein trotzdem noch serviert wird. Zunächst aber muss Hellboy feststellen, dass er zu spät gekommen ist, da Ruiz zu einem vampirisierten Wrestler mutiert auf unseren Helden losgeht. Der Fight ist ein netter Opener und zeigt erneut, nach der Enthauptung Nimues, dass diesmal eine härtere Gangart gefahren wird.

Im Anschluß schickt Professor Bloom (Ian McShane), der Ziehvater Hellboys, den Jungen nach England, wo er einem Ritterorden bei der Jagd nach drei herumwildernden Riesen helfen soll. Doch der Hilferuf der Adligen Kämpfer entpuppt sich als Falle, der Hellboy nur knapp entkommt. Den Riesen stellt er sich trotzdem und serviert uns damit eine der besten Actionszenen des gut zwei Stunden langen Filmes. Hierbei folgt die Kamera, scheinbar von der Schwerkraft losgelöst, dem Rothäutigen beim Kampfgetümmel. Natürlich CGI unterstützt, die Szene rockt aber, nicht zuletzt wegen der unterlegten Rockmusik, trotzdem.

Im weiteren Verlauf bekommt Hellboy dann noch zwei Kämpfer an seine Seite: Major Ben Daimio (Daniel Dai Kim), spezialisiert auf Monsterjagd und nicht sonderlich glücklich, mit einem solchen zusammenarbeiten zu müssen. Seine Wut auf die Schreckgestalten erklärt sich durch die Narben im Gesicht. Außerdem am Start befindet sich Alice Monaghan (Sasha Lane), die Hellboy einst, als sie noch ein Baby war, aus den Fängen böser Feen befreite. Ihre mentale Begabung soll sich noch als nützlich erweisen. Sie alle treffen natürlich im weiteren Verlauf auf die böse Nimue, deren Körperpuzzle gerade von einem sprechenden Wildschwein zusammengesammelt und gebastelt werden. Ist sie es, die Hellboy, dessen Schicksal laut den Überlieferungen die Einleitung zum Ende der Welt sein soll, vom rechten Pfad abbringen wird?

HELLBOY – CALL OF DARKNESS hatte es von Anfang an nicht leicht. Als bekannt wurde, dass del Toro und damit auch Ron Pearlman in den Vorruhestand geschickt wurden und nun wieder alles auf Null gestellt wird, war die Euphorie, sagen wir mal, verhalten. Ein mageres Kinoeinspiel war das Resultat. Dabei gelobte Regisseur Neil Marshall (DOG SOLDIERS), dass er den Fans Action satt mit Erwachsenenfreigabe bieten würde (DEADPOOL hatte vorgemacht, dass die Mixtur Comix und Gewalt durchaus erfolgreich sein kann). Trotzdem ging die Rechnung nicht auf. Warum nur?

Nun, da kommt so einiges zusammen. Es beginnt schon in der ersten Szene, in der Niume gerichtet wird. Optisch toll gemacht, in beinahe schwarz/weißen Bildern, lediglich Rot wird farblich wiedergegeben, bekommt man einen irritierend flapsigen Erzähler um die Ohren, dessen Sprüche so gar nicht homogen zum Gezeigten passen wollen. Wenn dann, kurze Zeit später, Hellboy erscheint, gibt es den nächsten Schock. Keine Frage, David Harbour passt ebenso wie einst Ron Pearlman in die Rolle. Sein Erscheinungsbild, samt fettiger Haarmähne, erinnert jedoch mehr an Mickey Rourke in BARFLY. Immerhin ist er ein Sprücheklopfer, auch wenn die Hälfte seiner Oneliner Rohrkrepierer sind, eine 50% Trefferquote geht schon in Ordnung.

Ein weiteres Manko sind die teils sehr schwachen CGI Effekte. Teilweise fühlt man sich in die 90er Jahre zurückversetzt, was in diesem Falle nicht als Lob zu werten ist. Hier offenbart sich das, für eine Comicverfilmung ziemlich niedrige Budget von 50 Mio Dollar.

Dann wäre da das Drehbuch, welches sich nicht auf eine erzählerische Tonart einigen kann. Todernste Sequenzen wechseln sich mit flapsigen Sprücheklopfermomenten ab. Wenn dann Hellboys Geburt, bei der Nazis, die bei ihren Experimenten mit der Hölle rot-blaue Leuchtebrillen tragen, auftreten, wird es zudem ziemlich albern. (Oder handelt es sich bei den Farben um einen satirischen Seitenhieb auf die AfD?). Ebenso verhält es sich mit dem sprechenden Schweinchen, welches für die böse Hexe die Drecksarbeit verrichtet. Irgendwie eine Spur zu doof. Hinzu kommt, dass die Szenen irgendwie willkürlich aneinandergepappt wirken. Alles wirkt beliebig und so schlittern die Helden mehr zufällig ins Finale. Ermitten müssen sie eigentlich nie. Dafür ist aber die Musikuntermalung ziemlich cool in so manchen Szenen. Die Songs von MUSE, MÖRTLEY CRÜE, ALICE COOPER und Co. rocken Im Gegensatz zum Schauspiel von Milla Jovovich).

In Deutschland wird der Filmfan mit einer mittelprächtigen Synchro belohnt, die mit einer ungewöhnlichen Sprecherwahl irritiert. David Harbour spricht hier nicht mit seinem Stammorgan von Peter Flechtner, sondern wird von Martin Kautz gesprochen. Vielleicht hatte man die Befürchtung, das Publikum hätte bei Flechtners sympathischer Stimme immer Phil Dunphy vor Augen. Kautz macht seinen Job aber gut, immerhin ist er auch die Stimme von Jon „The Punisher“ Bernthal. Verwirrung macht sich trotzdem breit, da Flechtner eine Nebenrolle spricht. Auch Ian McShane, der mit Klaus-Dieter Klebsch dank JOHN WICK und AMERICAN GODS eigentlich bei jedem im Gedächtnis weilt, wird hier von Axel Lutter gesprochen, der schon auf Stallone in BACKTRACE nicht passen wollte.

Technisch gibt es allerdings nichts zu meckern. Bild (2,40:1) und Ton sind auf der Höhe der Zeit. Der Bonusbereich punktet in Spielfilmlänge mit diversen Featurettes, Deleted Scenes und Trailern.

Letztlich ist HELLBOY – CALL OF DARKNESS ein schrecklich unausgegorener Film, der ein besseres Drehbuch verdient hätte. Neil Marshall belegt zudem erneut, dass er seinen Zenit mit THE DESCENT erreicht hatte. Nach diesem Horror-Meilenstein ging es leider bergab. Mit HELLBOY – CALL OF DARKNESS ist er nun so langsam im Tal angekommen. Schade.

Trailer:

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