Ein Unwetter zieht über Miami auf. Ein Serienkiller beginnt mit seiner Mordserie. Der ausgebrannte Journalist Anderson (Kurt Russell) ist es Leid, nur über die Toten der Stadt schreiben zu dürfen und will mit seiner Freundin in die Provinz ziehen. Der Artikel über den Mord an einer jungen Frau soll Andersons letzter Job sein. Doch als der Killer Anderson anruft und ihn so zum Hofberichterstatter über die kommenden Morde macht, gerät Anderson zunehmend selber zur Story und somit in Gefahr. Regisseur Philip Borsos machte aus dem Roman von John Katzenberger solides und – im kommerziellen Rahmen – ernsthaftes Kino der 1980er, dass bis heute zu unterhalten vermag. Jetzt von OFDb Filmworks in der Amaray-Auflage erschienen.

Originaltitel: The Mean Season

Regie: Philip Borsos

Darsteller: Kurt Russell, Mariel Hemingway, Richard Jordan, Joe Pantoliano, Andy Garcia, William Smith

Artikel von Kai Kinnert

Ein Zeitungsartikel über den Mord an einem Teenager bringt dem abgebrühten Sensationsreporter Malcolm Anderson (Kurt Russel) einen neuen Fan ein: den Mörder. Die Polizei drängt Anderson, die makabre Beziehung nicht abzubrechen. Er erhält exklusive Informationen über weitere Morde, und seine reißerischen Berichte machen ihn schnell berühmt. Doch mit dem Erfolg des Journalisten wächst auch die Eifersucht des Täters. Um den Preis des Ruhmes zu erhöhen, entführt der die Freundin (Mariel Hemingway) des Reporters.

Wer etwas über die klassische 3-Akt-Drehbuch-Strutur a la Syd Field lernen möchte, ist nicht nur bei  AUF DER FLUCHT (1993) gut aufgehoben, sondern auch bei Das Mörderische Paradies. Straff inszeniert, mit flotter Exposition und einem kräftigen 1. Plot-Point, der den Motor für den 2. Akt startet und so die Spannung bis zum zentralen Punkt steigert, was eine Umkehrung der Ereignisse für den Protagonisten bedeutet und ihn so zum Handeln in den 3. Akt zwingt, ist hier alles nach dem erfolgreichen Drehbuchschema aufgebaut und klar erkennbar.

Ein Drehbuch nach Reißbrett, könnte man sagen, doch Regisseur Philip Borsos inszeniert im geschlossenen Tempo und mit einigen guten Einfällen, dass man über die Schwächen des Streifens hinweg sehen mag. Der Film beginnt stimmungsvoll mit dem Zusammenbrauen des Sturms und einem Mord, unterstrichen von der effektiven Musik Lalo Schifrins. Kurt Russell wird für den Artikel an den Tatort geschickt und man staunt, wie freimütig die Leiche herumliegt und darüber, wie Journalisten in den 1980ern ungehindert Zugang zum Tatort hatten und sogar noch dabei sein dürfen, als der Mutter später die traurige Nachricht überbracht wird und der Fotograf sie dabei fotografieren kann. Es ist eben eine Sensationsmeldung und so beginnt Anderson mit seiner Arbeit, die ihn später in den Fokus des Mörders rücken wird.

Die Szenen in der Zeitungsredaktion, die Arbeit der Presse und wie Anderson selber zur Sensationsmeldung wird, sind die eigentlichen Stärken der Inszenierung. Analoge Druckmaschinen, das Großraumbüro der Redaktion, alte Computer, hemdsärmelige Kollegen, Telefonzellen – in solider Bildsprache erfährt der Film eine Menge Schwung durch die Verquickung der Medien und kombiniert so gelungen den Thriller mit einem Film über die Presse, die davon lebt, Sensationen zu verkaufen. Kleinere Momente unterstreichen den ernsthaften Ansatz, den Borsos neben der Spannung noch einfließen ließ.  Da gibt es den unauffälligen, aber schönen Augenblick, wo die Mutter zu Anfang den Anruf erhält, dass die Tote als ihre Tochter identifiziert worden ist und der Fotograf (Joe Pantoliano) hebt im Hintergrund langsam seine Kamera und wartet den Moment ab, in dem ihr Schock sichtbar wird. Ein abgebrühter Profi würde das so machen und Borsos nutzt die zweite Bildebene, um das zu zeigen. Das ist guter Regiestil, wie er immer wieder in diesem Film aufblitzt und so eine gewisse Ernsthaftigkeit produziert. Überraschend auch die kleine Szene, wo die Redaktion mit der Hausanwältin die rechtlichen Situationen bespricht, die zwangsläufig eintreten, wenn man die Telefongespräche mit dem Killer zur Artikelreihe macht. Das gesamte Presseumfeld in diesem Film ist eine außergewöhnlich gute Nebenhandlung, die sich später beinahe unauffällig mit dem Thrill der Mordserie vermischt und so in einem Guss um diesen Film liegt.

Doch das Unwetter zieht ja nicht umsonst auf, denn einen Serienkiller gibt es in diesem Film ja auch und der hat noch was vor. Hier folgt der Film eher einer konventionellen Schiene, denn besondere Tiefe erhält der Killer, trotz allem Gedöns, nicht. Das muss er letztendlich auch nicht, wenn der Rest stimmt. Und da bekommt Das Mörderische Paradies gerade noch so die Kurve. Für besonders tief angelegte Twists in der Story hat der Film keine Zeit, denn Regisseur Borsos fährt ja zweispurig und widmet dabei Kurt Russell am meisten Zeit. So bleibt der Thrill um die Serienmorde zugespitzt und folgt damit leider auch einer vorhersehbaren Konvention. Dank Richard Jordan, der rechtzeitig mit fiebrigen Blick tatsächlich Spannung in seine Rolle bringen kann, verzeiht man dem Film sein letztes Drittel, inszeniert aus dem Handbuch filmischer Spannungsklischees.

Auf der dritten Ebene des Streifens geht es um die Freundin von Anderson, gespielt von Mariel Hemingway, einem Schwachpunkt in der Story. Zwischen Russell und Hemingway will, trotz Duschszene, einfach keine Chemie aufkommen. Die Rolle von Mariel Hemingway ist dramaturgisches Beiwerk, dass am Ende hilflos Schreien darf, anstatt ihrem Freund im Endkampf zu helfen. Ihre Rolle ist ein undankbares Klischeebild aus Optik und Reißbrett-Dramaturgie, das nur der Spannung dient und dementsprechend holperig von Hemingway gespielt wird. Der Rest des Ensembles ist bis in die Nebenrollen gut besetzt und Andy Garcia hat hier seine erste große Kinorolle.

Das Mörderische Paradies ist bis heute ein solider, straffer Thriller mit guter Bildsprache und durchdachten Momenten. Der schwache Abgang des Films wird durch seine flotte Inszenierung und seinen Szenen mit der Presse aufgefangen, die am Ende auch Mariel Hemingways Schauspiel retten. Wer Filme der 1980er sammelt, darf hier getrost zuschlagen.

Das Bild der Blu-ray ist satt und mit leichter, analogen Körnung, der Ton ist gut. Als Extras gibt es den deutschen und den englischen Trailer, sowie (in der Mediabook-Variante) ein informatives Booklet.

Trailer:

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