Wenn man über die prägendsten Regisseure des Horror-Genres redet, kommt man zweifelsohne nicht an Wes Craven vorbei, der dem Slasherfilm ganze zweimal neue Facetten abgewonnen hat. Doch auch eine Ikone greift mal ins Klo, wovon good old Wes sicher ein Lied singen könnte, wenn er noch unter uns weilen würde. MY SOUL TO TAKE (2010) war einer dieser Werke, die von den Kritikern, als auch vom Publikum, gleichermaßen abgewatscht wurde. Anlässlich unseres Hurenween-Specials war es auch für mich mal Zeit, diesen Streifen nachzuholen!
Originaltitel: My Soul to Take
Drehbuch & Regie: Wes Craven
Darsteller: Max Thieriot, John Magaro, Denzel Whitaker, Zena Grey, Nick Lashaway, Paulina Olszynski, Frank Grillo…
Artikel von Christopher Feldmann
Was hat uns Wes Craven für tolle Genre-Filme geschenkt? Bei so einer Frage, kann man gleich mehrere aufzählen, immerhin hat der 2015 verstorbene Filmemacher nicht nur Alptraum-Killer Freddy Krueger Leben eingehaucht, sondern auch Terror-Klassiker wie THE LAST HOUSE ON THE LEFT (1972) und THE HILLS HAVE EYES (1977) auf das Publikum losgelassen, bevor er 1996 mit SCREAM dem Slasherfilm, den er entscheidend mitgeprägt hat, eine neue Ebene verliehen hat, was ihm zu einem zweiten Karriereschub verholfen hat. In Cravens Filmographie wechseln sich seit jeher Erfolge mit kommerziellen Bruchlandungen ab, auch wenn der Name Wes Craven immer für ein gewisses Maß an Qualität stand, es sei denn das Studio funkte ihm, wie im Falle von CURSED (2005), entscheidend in die Produktion. Mit dem Slasher MY SOUL TO TAKE (2010) versuchte der Autor und Regisseur nochmal, sein ganzes Können unter beweis zu stellen und eine Art Referenzwerk an sein eigenes Schaffen zu kreieren, was sowohl künstlerisch, als auch kommerziell völlig in die Hose ging. Zumindest weiß ich jetzt, warum ich diesen Streifen immer übersprungen habe!
Handlung:
Im Jahr 1994 wird die Kleinstadt Riverton vom sogenannten „Riverton Ripper“ terrorisiert, der bereits mehrere Menschen getötet hat. Eines Tages erkennt der Familienvater Abel Plenkov (Raul Esparza), der unter einer ausgeprägten Schizophrenie leidet, dass er selbst der gesuchte Serienmörder ist. Nachdem er seine schwangere Frau umgebracht hat und kurz davor ist, seine eigene Tochter zu töten, wird er von der Polizei unschädlich gemacht, doch auf dem Weg ins Krankenhaus kommt Plenkov zu Kräften, verwickelt den Krankenwagen in einen Unfall und verschwindet schwer verletzt im Fluss. In dieser Nacht werden in Riverton sieben Kinder zur Welt gebracht, welche 16 Jahre später erneut in Kontakt mit dem Ripper kommen, welcher erbarmungslos Jagd auf sie macht. Dabei scheinen alle eine besondere Verbindung zu Plenkov zu haben, besonders Adam (Max Thieriot), welcher ebenfalls Anzeichen von Schizophrenie aufweist. Nach und Nach verdichten sich die Hinweise, dass Plenkovs multiple Seele sich, mitsamt ihrer Persönlichkeiten auf die Jugendlichen übertragen hat. Doch wem wurde der Mordinstinkt zu Teil?
Die ersten Minuten des Films lassen auf Gutes hoffen, sind diese doch recht spektakulär geraten. Cravens Opening wirkt wie das Finale eines anderen Films, hat etwas Gekröse und Action zu bieten und ist eigentlich gar nicht mal so schlecht, wenn der Altmeister nicht versuchen würde, seine gesamte Exposition in den Prolog zu quetschen, was dazu führt, dass alles, trotz Schauwerte, extrem gehetzt und konstruiert daherkommt. Trotzdem stimmen diese Minuten auf temporeichen Slasherspaß ein, nachdem man schlussendlich im Rest des Films eher suchen muss.
MY SOUL TO TAKE benutzt die gängigen Grundlagen des Genres, um seine Geschichte zu erzählen. Das bedeutet, dass der Zuschauer erstmal Bekanntschaft mit mehreren, vor Klischees triefenden, Teenager-Figuren machen muss, von denen einer blasser und nerviger als der andere ist. Wir haben die beiden Würstchen Adam und Alex, zwei Vorzeige-Opfer, um die sich der Großteil der Story dreht und bei denen man schon genau weiß, dass sie essenziell für den Ausgang der Geschichte sind. Dazu gesellen sich noch der klassische Jock Brandon, Standard-Zicke Brittany, Bibel-Schwester Penelope, sowie Asiate Jay und Afroamerikaner Jerome, die beide für die Quote herhalten müssen. Alle Figuren reden relativ viel Bullshit und sind nicht mal ansatzweise sympathisch. Von Craven, der bewusst mit Genre-Konventionen in SCREAM gebrochen und sie gleichzeitig auch parodiert hat, hätte ich in dieser Hinsicht wirklich etwas mehr erwartet. Die Figuren aus MY SOUL TO TAKE wirken, als hätte man sie aus irgendeinem beliebigen Drehbuch übernommen, welches jemand in den 1980ern schnell an einem Samstag aufs Papier gewichst hat. Wenn wenigstens die Story funktionieren würde, wäre das ja eigentlich kein sonderlich großes Problem. Okay, es wäre schon ärgerlich aber man könnte darüber hinwegsehen. Jedoch schustert Craven hier auch einen Murks von Handlung zusammen, die einerseits einen klassischen Teenie-Slasher präsentieren soll, auf der anderen Seite aber auch mit Fantasy spielt. Die komplette Geschichte ist größtenteils arg hanebüchen und schafft es kaum Spannung zu erzeugen. Um dem ganzen Tempo zu verleihen, werden Kills eingestreut, die immer aus dem Nichts zu kommen scheinen und auch nicht wirklich relevant für die Entwicklung der Story sind. Alles ist einfach ziemlich egal!
Auch die Darsteller sind egal, besteht die Besetzung doch fast ausschließlich aus blassen Nullgesichtern, von denen ich noch nie etwas gehört oder gesehen habe und vermutlich auch nie mehr etwas hören oder sehen werde. Ein Haufen aus nervigen Klischee-Teenagern, die lediglich zweckdienlich agieren und der abstrusen Story noch einen sehr faden Beigeschmack geben. Unter den Nebendarstellern findet sich immerhin noch Frank Grillo als Detective, der aber ziemlich wenig zu tun hat und keine nennenswerten Szenen vorzuweisen hat.
Auch inszenatorisch lässt MY SOUL TO TAKE den Zuschauer ziemlich kalt. Zwar gibt es ein paar schöne Einstellungen zu bewundern und Craven hat sichtlich Spaß, auf Szenen seiner großen Klassiker anzuspielen, in diesem unausgegorenen Brei wirkt das Alles jedoch nur wie ein lahmes Best Of, was mich an Filme denken ließ, die weitaus besser sind. Dazu kommt noch die Tatsache, dass der Film für ein Budget von 25 Millionen US-Dollar ziemlich günstig aussieht und lediglich die Klasse eines schnöden Direct-to-DVD-Streigens besitzt. Würde nicht Wes Craven draufstehen, würde man nicht vermuten, dass da auch letztendlich Wes Craven drinsteckt. In Sachen Blut und Gekröse, hält sich der Streifen leider auch sehr zurück, so richtig blutig wird es nämlich nicht. Das fällt aber nicht so sehr ins Gewicht, sind die Slasher-Szenen doch sehr plump, spannungsarm und hüftsteif inszeniert. Da rettet selbst die Auflösung der Geschichte nicht, die absolut vorhersehbar ist und auf den letzten Metern auch niemanden mehr abholen dürfte. So bleibt am Schluss nur die Tatsache, dass Craven hier deutlich hätte mehr herausholen können, es aber vielleicht nicht konnte, keine wirklichen Ideen oder einfach nur keinen Bock hatte, um aus MY SOUL TO TAKE einen wenigstens soliden Slasher zu machen.
Genauso schnarchig, sind ein paar eingestreute Shots, die offensichtlich nur für das, nachträglich konvertierte, 3D gedreht wurden. Braucht hier kein Mensch, weswegen der Film, in Verbindung mit den schlechten Kritiken, auch gefloppt ist. Wer allerdings doch noch Lust nach dieser Schlitzer-Gurke verspürt, kann sich den Film als Blu-Ray oder DVD von UNIVERSAL in die Sammlung holen.
Fazit:
Wes Cravens MY SOUL TO TAKE (2010) ist keine volle Katastrophe aber doch eine ziemliche Gurke. Ein abstruser, schlecht geschriebener und mäßig inszenierter, blutleerer Teenie-Slasher, der sicher zu den Schlusslichtern aus Cravens Vita gehört. Aufgrund der zahlreichen guten Werke, sei ihm dieser Fehltritt verziehen und wir können froh sein, dass er noch den wesentlich besseren SCREAM 4 (2011) gedreht hat und somit dieser seinen letzten Film darstellt. Schwein gehabt!
1,5 von 5 Hurenween-Kürbissen
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