Am 11. September 2001 war der United-Airlines-Flug 93 eine der vier entführten Maschinen, die in den weitreichenden Terroranschlag auf die USA verwickelt war und die einzige Maschine, die ihr Ziel, das Weiße Haus in Washington, nicht erreichten konnte. Eine Revolte durch die Passagiere brachte die Maschine in der Nähe von Shanksville, Pennsylvania, zuvor zum Absturz. Regisseur Paul Greengrass rekonstruiert in Echtzeit die Ereignisse um Flug 93 anhand der Telefonate, die die Passagiere kurz vor der Revolte mit ihren Familien führten und den Aufzeichnungen durch die Flugsicherung. Obwohl der Ausgang der Story bekannt ist, war FLUG 93 damals ein packender Film, bei dem man eine Gänsehaut bekommen konnte. Jetzt erschien der Film bei STUDIOCANAL / ARTHOUSE und es stellt sich die berechtigte Frage, ob FLUG 93 auch heute noch überzeugen kann.
Originaltitel: United 93
Regie: Paul Greengras
Darsteller: J.J. Johnson, Gary Commock, Polly Adams, Trish Gates, David Alan Basche, Olivia Thirlby…
Artikel von Kai Kinnert
Am 11. September 2001 werden zwei Inlandsflüge von American Airlines und zwei Inlandsflügen von United Airlines von Terroristen entführt. Nach der Kollision zweier Flugzeuge gegen das World Trade Center und eines gegen das Pentagon, beschließen die Passagiere und die Besatzung von United Flight 93 gegen die vier Terroristen zu kämpfen, um so die Kontrolle über das Flugzeug zurückzugewinnen.
Irgendwie ist Paul Greengras genau der richtige Regisseur für diesen Film gewesen, was wohl auch daran liegt, dass er auch das Drehbuch schrieb. Sein Stil, stressreiche Situationen in engeren oder weiteren Räumen mit der Handkamera zu inszenieren, passt ganz ausgezeichnet zu den Ereignissen an Bord von Flug 93 und in den dunklen Räumen der Flugsicherung. Schon mit Filmen wie GREEN ZONE (2010), CAPTAIN PHILLIPS (2013) oder 22. JULI (2018) bewies Greegras ein Händchen für authentische Stoffe und schaffte es mit einer wertungsfreien und dynamischen Regie die Realität für sich selber sprechen zu lassen. Und so verzichtet auch FLUG 93 auf jeglichen sentimentalen SchnickSchnack und konzentriert sich rein auf den chronologisch korrekten Ablauf der Flugzeugentführung, die aus purer Verzweiflung in einem aufbäumend menschlichen Kampf der Passagiere mündet. Neben dem Drama an Bord gibt es noch die völlige Ratlosigkeit in der Flugsicherung, die erst nach und nach begreift, dass es mehrere Entführungen gibt und der Einschlag von American-Airlines-Flug 11 in den Nordturm kein Unfall war. Teilweise wurden diese Szenen mit den echten Leuten aus der Flugsicherung besetzt, die diesen Tag für den Film noch einmal nachspielten. Als die Passagiere an Bord der Maschine durch Telefonate mit ihren Familien davon erfahren, dass es schon drei entführte Maschinen gibt und die Türme des World Trade Centers brennen, entschließt man, alles auf eine Karte zu setzen und den Angriff auf die Entführer zu wagen. Die Zuspitzung auf diese Situation ist purer Thrill, denn man wünscht den Passagieren, dass sie es schaffen werden.
Und so entlädt sich das Drama in einen glaubwürdigen Sturm aus Menschen auf engstem Raum, mit Tränen und Geschrei, verzerrten Gesichtern, fliegenden Armen, reißenden Fingern und pressende Körper in einem verzweifelten Kampf auf Leben und Tod um den Steuerhebel der Maschine. Grausiger und verzweifelter, als es jeder Horrorfilm sein könnte. Nicht weil hier das Blut spritzt, sondern weil die Situation an sich ein einziger Alptraum ist. Der Zuschauer ist zu diesem Zeitpunkt schon so dicht im Gesehen vom FLUG 93, dass er die Angst der Passagiere als real begreift. Doch Greengras gestaltet den Kampf um den Steuerknüppel so geschickt, dass ein Erfolg möglich gewesen wäre. Alles erscheint irgendwie knapp – es hätte vielleicht klappen können. Doch die Maschine flog schon zu tief.
FLUG 93 ist packend. Angenehm zurückgenommen, sehr konzentriert und straff aus der Hand gefilmt, ist FLUG 93 auch heute noch ein spannender Streifen, der nichts an Wucht verloren hat und den Zuschauer mit an Bord von United Airlines 93 nimmt.
Als Extra gibt es ein Making Of, das die Zusammenarbeit mit den hinterbliebenden Familien bescheibt. Das Bild der BD ist gut und satt, der Ton steht dem in nichts nach.