Erinnert ihr euch noch an die kleine Dorothy aus Kansas, die es mittels eines Tornados in die wundersame Welt von Oz verschlägt? Der Fersehsender NBC hat sich an einer Neuinterpretation des Kinderbuchs von Lyman Frank Baum gewagt und schielte damit ganz in Richtung GAME OF THRONES (2011-2019). Warum EMERALD CITY -DIE DUNKLE WELT VON OZ (2016) allerdings im direkten Vergleich das Nachsehen hat, erfahrt ihr in unserer Kritik zur Heimkino-Veröffentlichung aus dem Hause CAPELIGHT PICTURES!
Originaltitel: Emerald City
Episoden: 10
Showrunner: David Schulner
Entwicklung: Josh Friedman, Matthew Arnold
Regie: Tarsem Singh
Darsteller: Adria Arjona, Oliver Jackson-Cohen, Ana Ularu, Gerran Howell, Vincent D’Onofrio, Joely Richardson…
Artikel von Christopher Feldmann
Wenn man die wundersame Welt von Oz denkt, kommt einem zweifellos der Film DER ZAUBERER VON OZ (1939) in den Sinn, jener Technicolor-Klassiker, der bis heute einen unantastbaren Kult-Status genießt und mit seiner fantasievollen Ausstattung einen Meilenstein des Kinos darstellt. Darüberhinaus wurde Judy Garland mit dem Film zum Star und durfte solch einprägsame Gassenhauer wie „Somewhere over the Rainbow“ schmettern. Dies ist allerdings nicht die einzige Interpretation der Story, in der sich ein kleines Mädchen gegen eine böse Hexe erwähren muss. Es gab mehrere Varianten des Stoffes, wie zum Beispiel das Kino-Musical THE WIZ (1978) oder die üppig budgetierte Vorgeschichte DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ (2013), inszeniert von Sam Raimi. Auf der Suche nach einem geeigneten Stoff, hat NBC nun die Geschichte aus der Mottenkiste gekramt, um eine Serie mit Blockbuster-Charakter ins Programm zu bringen. Aufgegangen ist die Rechnung nicht, was nicht nur an der schwierigen Produktion gelegen hat, sondern auch an der zähen Dramaturgie.
Handlung:
Die 20-jährige Dorothy (Adria Arjona) staunt nicht schlecht, als sie sich nach einem schweren Sturm plötzlich im Land von Oz befindet. Um wieder nach Hause zu kommen, begibt sie sich auf den Weg nach Emerald City, um den Zauberer von Oz (Vincent D’Onofrio) zu finden, der, wie es scheint, ihr als einziger helfen kann. Auf ihrem Weg begegnet sie nicht nur unterschiedlichen Völkern, sondern macht auch Bekanntschaft mit der bösen Hexe des Westens (Ana Ularu).
Mit EMERALD CITY wollte man eine weitere großspurige Fantasy-Serie im Programm platzieren und mit GAME OF THRONES (2011-2019) konkurrieren. Doch schon vor Produktionsbeginn stand die Serie unter keinem guten Stern. So wurde das zehn Episoden umfassende Projekt von Matthew Arnold und Josh Friedman konzipiert, die aber aufgrund kreativer Differenzen ausschieden. So verschob sich der Dreh und letztendlich die Ausstrahlung um ein knappes Jahr, bevor schließlich David Schulner den Posten des Showrunners übernahm. Jedoch konnte die OZ-Neuauflage nicht überzeugen und schwache Zuschauerzahlen sorgten dafür, dass das Projekt nach zehn Episoden wieder eingestampft wurde.
Dabei hat EMERALD CITY in Sachen Optik einiges zu bieten. Die gesamte Produktion ist äußerst hochwertig geraten und geizt nicht mit Schauwerten. Tatsächlich werden hier Erinnerungen an GAME OF THRONES, DER HOBBIT oder auch VIKINGS wach, wenn sich Dorothy durch mehrere Settings bewegt, die Abwechslung bieten. Mal karg, mal idyllisch, manchmal auch verschneit oder mediterran. Die Serie versteift sich nicht zu sehr auf einen Look, sondern ist darauf aus, dem Zuschauer regelmäßig neue Umgebungen zu präsentieren, die immer etwas Neues bieten sollen. Das gelingt sehr gut, versteht es Regisseur Tarsem Singh doch märchenhafte und opulente Bilder zu liefern. Satte Farben und malerische Kulissen sind hier an der Tagesordnung und mit Locations wie Spanien, Ungarn und Kroatien haben sich die Macher ein ergiebiges Betätigungsfeld ausgesucht. Letztendlich ist das Ganze aber eher „Style over Substance“, denn so schick und betörend EMERALD CITY auch aussieht, erzählerisch will der Funke einfach nicht überspringen.
Statt auf die vertraute Geschichte zu setzen und diese einfach nachzuerzählen, haben die Macher auf Modernisierung gesetzt und DER ZAUBERER VON OZ in ein zeitgemäßes, eher ernsthaftes Gewand verfrachtet. Dorothy ist hier kein rotwangiges kleines Mädchen mehr, sondern eine recht willensstarke Krankenschwester Anfang 20. Auch Figuren wie die kleinen lustigen Zwerge, wurden hier in Wikinger-artige Hünen verwandelt, die sich gerne dem Waterboarding bedienen. Und während die Vogelscheuche als bedeutungsschwangere Jesusfigur auftaucht, wurde aus der bösen Hexe eine dauerberauschte Bordellchefin. EMERALD CITY versucht dem märchenhaften Stimmungen zu entfliehen, um sich mit mehr Ernsthaftigkeit einem erwachsenen Publikum anzubiedern, was leider nicht so richtig funktioniert, ist die Story doch einfach zu zäh und spannungslos erzählt.
Ohne einen Sinn für Humor, wird hier die Geschichte über zehn Episoden ausgewalzt. Längen entstehen immer wieder und die Spannungsarmut liegt zum Großteil an den schwachen Figuren. Die sind nämlich entweder total egal oder kronisch unterbeschäftigt. Aus einem starken Charakter wie Dorothy, der gut eingeführt wird, macht die Serie kaum etwas. Die Hauptfigur wirkt meist passiv und handelt nie aus sich selbst heraus. Sie ist einfach völlig egal, genau wie Handlung, die sich mehr darauf konzentriert von einem hübschen Set zum Nächsten zu kommen. Man bekommt eine interessante Welt geboten, die aber nie wirklich zum Leben erwacht. EMERALD CITY hangelt sich von Station zu Station, schafft es aber nie einen kontinuierlichen Flow zu entwickeln. Die Darsteller sind zwar solide aber meist unterschrieben und selbst Vincent D’Onofrio (der einzig mir bekannte Prominente in der Besetzung) glänzt durch Autopilot-Modus mit lustigem Anklebebart. Die ersten drei Episoden, haben mich überhaupt nicht abgeholt, weswegen ich die Scheibe aus dem Hause CAPELIGHT sehr wahrscheinlich wieder beiseite legen werde.
Diese ist übrigens technisch einwandfrei. Bild- und Tonqualität sind sehr gut, die Extras mit einem Making-Of und ein paar Deleted Scenes etwas mager. Die Veröffentlichung kommt lediglich als Keep-Case daher, entweder als Blu-Ray mit zwei und DVD mit 4 Discs. Ebenfalls vorhanden, ist ein Wendecover ohne FSK-Logo.
Fazit:
EMERALD CITY – DIE DUNKLE WELT VON OZ (2016) sollte das neue GAME OF THRONES aus dem Hause NBC werden, scheitert aber vor allem in Sachen Drehbuch und Darsteller. Die Modernisierung der klassischen Oz-Geschichte ist weniger geglückt, lässt die Serie doch märchenhafte Freude und Humor vermissen und verkommt zum, sich bierernst nehmenden, Fantasy-Spektakel, welches aber immerhin optisch überzeugen kann.
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