Nicolas Cage hat in meinem Kopf mittlerweile einen ähnlichen Stellenwert wie Dolph Lundgren. Beide drehen ganz viel Müll, hin und wieder ist jedoch Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Im Fall vom neusten Cage-Vehikel KILL CHAIN (2019), der seit kurzem über Concorde Home Entertainment im Heimkino erhältlich ist, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Inwieweit sich der Thriller lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Kill Chain
Drehbuch & Regie: Ken Sanzel
Darsteller: Nicolas Cage, Anabelle Acosta, Enrico Colantoni, Ryan Kwanten, Eddie Martinez, Angie Cepeda…
Artikel von Christopher Feldmann
Heranwachsende Filmfans werden es wahrscheinlich kaum für möglich halten aber Nicolas Cage war mal ein echter Star und Kassenmagnet, drehte in vor allem in den 1990ern und frühen 2000ern einige veritable Kassenhits und strich für seine hervorragende Leistung als alkoholkranker und suizidgefährdeter Drehbuchautor in LEAVING LAS VEGAS (1995) sogar einen Oscar als bester Hauptdarsteller ein. Diese Zeiten sind aber schon etwas länger vorbei, denn die Tatsache, dass Größenwahn und Geltungssucht nicht gerade förderlich für eine gesunde Karriere sind, musste der gute Nic schnell schmerzlich spüren. Hohe Schulden veranlassten das ehemalige Zugpferd, immer häufiger in günstig produzierten B-Movies mitzuwirken, meist nur für den Paycheck. Aus diesem Sumpf scheint Cage nicht mehr wirklich herauszukommen, wenn man sich die gefühlt hundert Titel zu Gemüte führt, die pro Jahr ihren Weg in die DVD-Regale finden. Trotz kleiner Achtungserfolge wie zuletzt die hypnotisch surreale Schlachtplatte MANDY (2018), dreht der ehemalige A-Lister weiterhin ungeniert Fließbandware. Sein neuestes Werk KILL CHAIN (2019) macht dabei auch keine Ausnahme. Der preisgünstige Thriller ist klassischer B-Stoff, wenn auch kein Totalausfall.
Handlung:
In einer kolumbianischen Stadt betreibt der ehemalige Söldner Arana (Nicolas Cage) ein heruntergekommenes Hotel, welches er, laut eigener Aussage, seinem Kumpel Franco beim Pokerspiel abgeknöpft hat. Auch wenn sich kaum Gäste in dem Etablissement tummeln, schiebt der undurchsichtige Besitzer eine ruhige Kugel. Dies ändert sich gewaltig, als plötzlich diverse Personen aufschlagen, die für reichlich Trouble sorgen. Neben einem ausrangierten Scharfschützen (Enrico Colantoni), wirft vor allem die schöne Renata (Anabelle Acosta) einige Fragen auf.
Nicolas Cage hat in seiner Karriere in echten Highlights mitgewirkt, mittlerweile sollte man keine großen Erwartungen mehr an den Tag legen, wenn ein neuer Film mit dem overactenden Recken erscheint. Auch bei KILL CHAIN (2019) war meine Erwartungshaltung entsprechend niedrig, denn obwohl in den letzten Jahren hin und wieder so etwas wie solide Unterhaltung aufblitzte, kann man doch das Meiste, bei dem der Name des Hauptdarstellers auf dem Cover prangt, getrost vergessen. Trotzdem konnte ich mir neulich Nacht einen Blick nicht verkneifen, denn als Einschlafhilfe taugen die Dinger was. So war ich umso überraschter, dass der, mit Noir-Zitaten und Actioneinlagen gespickte, Thriller keine komplette Katastrophe ist.
Der Film beginnt recht vielversprechend mit zwei Auftragskillern, die sich gegenseitig auflauern. Schon hier versucht der Film, den Zuschauer mit Spannung zu kitzeln und einen kleinen Twist schmackhaft zu machen. Das ist quasi ein Vorbote für die restliche Handlung, bei der man direkt spürt, dass jemand durchaus ein Konzept hatte. KILL CHAIN bemüht sich clever zu sein und natürlich liegt es auf der Hand, dass dem nicht ganz so ist, dennoch kann man dem Streifen den guten Willen nicht absprechen. Das Drehbuch folgt, gemäß dem Titel, einer Kette, in der ein Ereignis zum anderen führt. Die Fäden laufen im besagten Hotel Del Franco zusammen und am Ende soll alles einen Sinn ergeben. Nur hätte Drehbuchautor und Regisseur Ken Sanzel seine Hausaufgaben besser machen müssen, denn auch wenn man sich hier durchaus um originelle Ideen bemüht, so ganz klappt es mit der Logik dann doch nicht. Es wirkt, als hätte der B-Filmer eine durchaus gute Idee in der Schublade gehabt, nur beim Schreibprozess scheint ihn die Muse verlassen zu haben. Die eigentliche Auflösung der Geschichte wirkt schlampig und krude zusammengeschustert, weshalb der rote Faden irgendwann an gewaltig an Impact verliert. Trotzdem hat KILL CHAIN ein paar gute Einzelszenen zu bieten, die das Interesse des Zuschauers immer wieder hervorrufen.
Sanzel hat für seinen Film tief in der Mottenkiste gegraben und packt einige Noir-Zitate in seinen Film. Von der undurchsichtigen Hauptfigur, über den Handlungsort, bis hin zur Femme Fatale. KILL CHAIN zitiert, mehr plump als geschickt, sämtliche Spielarten der meisten Kriminal-Balladen der 1930er und 1940er Jahre. Dazwischen blitzt immer mal wieder so etwas wie Können auf, sei es das Auftragskiller-Duell, die beiden Cops im Auto oder der finale Showdown. Hier kann der Film ein paar Akzente setzten, bei denen sogar die Schauspieler gut zur Geltung kommen. Nicolas Cage, der vermutlich zur zwei Tage am Set war, hat wenig zu tun und darf meist Geschichten erzählen. Man spürt deutlich wie das Material mit ihm gestreckt wurde, eine ganz Szene sogar zweimal gezeigt wird, um dem gefallenen Hollywood-Star möglichst prominent Screentime zuzuschustern. Die restliche Besetzung setzt sich aus eher unbekannten Schauspielern zusammen, die aber allesamt zweckdienlich und routiniert agieren.
Rein optisch, sieht man dem Streifen das geringe Budget deutlich an, denn anscheinend ist ein Großteil für die Besetzung von Cage drauf gegangen. Die meisten Szenen spielen im Hotel, einem eher mauen Setting. Andere Momente meist auf der Straße oder in einer Lagerhalle. Auf der visuellen Ebene kann KILL CHAIN nicht viel reißen, auch nicht wenn es mal temporeich wird. Das geringe Maß an Action besteht eigentlich nur aus wackelig gefilmten Shootouts, die wenig virtuos abgefrühstückt werden. Immerhin gibt es ein paar nette Gewaltspitzen, auch wenn eine FSK 16-Freigabe durchaus gerechtfertigt wäre. Das hört sich nicht sonderlich sehenswert an, dennoch kann man dem Film eine gewisse Mindestqualität nicht absprechen. Ein klarer Fall von gut gemeint aber nicht richtig gekonnt.
Die Blu-Ray und DVD aus dem Hause Concorde Home Entertainment ist ungekürzt und hat neben Trailer und Wendecover sogar ein Making-Of parat.
Fazit:
KILL CHAIN (2019) ist ein weiteres Fließbandwerk in der Vita von Nicolas Cage. Im Gegensatz zu anderen Streifen, für die sich der Ex-Star hergibt, hat der Thriller zumindest eine nette Grundidee, sowie ein paar gelungene Einzelszenen zu bieten. Dass die Handlung, mitsamt Auflösung, am Ende nicht so ganz Sinn ergibt und der Film ansonsten auch handwerklich keine Bäume ausreißt, macht das Sehvergnügen zwar etwas madig, verärgert aber nicht so sehr, wie manch andere Direct to DVD-Gülle. Nach 90 Minuten hat man zumindest das Gefühl, okayisch unterhalten worden zu sein, auch wenn das, gemessen an der sonstigen Erwartungshaltung, nicht schwer ist.
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