„Bad Boys, Bad Boys, Whatcha gonna do, Whatcha gonna do when they come for you“. Nach 17 Jahren Leinwandabstinenz kehren Will Smith und Martin Lawrence als Sprüche klopfende Hau-Drauf-Cops auf die Straßen Miamis und damit in die Kinos zurück. Ob sich das lange Warten auf BAD BOYS FOR LIFE (2020) gelohnt hat, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Bad Boys for Life
Drehbuch: Chris Bremner, Peter Craig, Joe Carnahan
Regie: Adil El Arbi, Bilall Fallah
Darsteller: Will Smith, Martin Lawrence, Vanessa Hudgens, Alexander Ludwig, Joe Pantoliano, Paola Nunez, Kate del Castillo, Jacob Scipio, Theresa Randle…
Artikel von Christopher Feldmann
Buddy-Cop-Filme gibt es wie Sand am Meer und spätestens seit den 1980er Jahren erfreut sich dieses Subgenre des modernen Actionfilms immer wieder großer Beliebtheit, welches eine Reihe schlagfertiger Duos auf die Leinwand katapultierte, die auch heute bei Filmfans hoch im Kurs stehen. Seien es Eddie Murphy und Nick Nolte in NUR 48 STUNDEN (1982), Danny Glover und Mel Gibson in der LETHAL WEAPON-Reihe (1987-1998), Sylvester Stallone und Kurt Russell in TANGO & CASH (1989) oder auch Chris Tucker und Jackie Chan in der RUSH HOUR-Trilogie (1998-2007). Nicht unter den Tisch zu kehren sind dabei sicherlich auch Will Smith und Martin Lawrence in BAD BOYS, der 1995 unter der Regie von Musikvideo-Ästhet und Zerstörungs-Maestro Michael Bay entstand. Während dieser Film von meiner Generation kaum wahrgenommen wurde, da wir zu dieser Zeit noch im Sandkasten des örtlichen Kindergartens spielten, sah die Sache mit der Fortsetzung BAD BOYS II (2003) schon etwas anders aus. Um es kurz zu sagen, dieser Film war in meiner Teenager-Zeit der heiße Scheiß. Im Alter von 14-16 Jahren hätten wir auf die Frage „Was ist der beste Actionfilm aller Zeiten?“ ausnahmslos mit diesem Titel geantwortet, hatte doch dieser, ebenfalls von Michael Bay inszenierte, wahnwitzige Kracher damals alles, was das junge Herz begehrte, nämlich markige Sprüche, alberne Gags, Over-The-Top-Action, wüste Zerstörungsorgien und respektlose Gewaltdarstellung, und das in rauen Mengen. Ich kann gar nicht genau aufzählen, wie oft wir damals BAD BOYS II gesehen haben aber es war auf jeden Fall ziemlich oft. Lange wurde immer wieder über eine Fortsetzung gesprochen, die aber nie zustande kommen wollte. 17 Jahre voller Ankündigungen, Absagen, Finanzierungs- und Drehbuchproblemen und Terminverschiebungen sind seither ins Land gezogen. Nun, also genau genommen jetzt, hat das lang erwartete Sequel endlich das Licht der Welt erblickt und Will Smith und Martin Lawrence machen einmal mehr Miami unsicher. Grund genug, mein junges Ich heraus zu lassen, um mich auf zwei Stunden stumpfe Actioncomedy zu freuen. Zu meiner großen Überraschung hatte aber auch mein erwachsenes Ich erstaunlich viel Spaß, denn BAD BOYS FOR LIFE (2020) besinnt sich zwar auf seine Kernelemente, kommt aber auch ziemlich erwachsen daher.
Handlung:
Die Detectives Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) sind noch immer auf den Straßen Miamis im Einsatz. Als jedoch Marcus‘ Enkel das Licht der Welt erblickt, macht sich der Polizist so langsam Gedanken über seinen Ruhestand, sehr zum Unmut seines Partners, der immer sich immer noch verzweifelt an das „Bad Boys“-Image klammert. Als jedoch die Chefin eines gefährlichen Drogenkartells (Kate del Castillo), an dessen Zerschlagung Mike nicht unschuldig war, aus dem Gefängnis entkommt und er auf offener Straße niedergeschossen wird, quittiert Marcus endgültig seinen Dienst, aus Angst um seinen Freund und seiner eigenen Familie. Nach erfolgreicher Genesung denkt der draufgängerische Cop jedoch nicht daran eine ruhige Kugel zu schieben und lässt sich von Captain Howard (Joe Pantoliano) in die Ermittlungen eines neuen, jungen Teams einbeziehen. Als jedoch weitere Menschen sterben müssen, dauert es nicht lange, bis auch Marcus seinem Kumpel wieder zur Seite steht und die Beiden einmal mehr die Dinge selbst in die Hand nehmen.
Eigentlich hatte ich schon vor Jahren die Hoffnungen auf ein Sequel der kultigen Action-Reihe aufgegeben, sah es doch angesichts der, von Absagen und Verschiebungen geprägten, Vorproduktion alles andere als rosig für einen neuen BAD BOYS-Film aus. Nun, ganze 17 Jahre nach dem zweiten Teil, wollen es Smith und Lawrence noch einmal wissen und kehren in ihren Paraderollen zurück. Normalerweise sind solche Unternehmungen mit Vorsicht zu genießen, denn oftmals gehen solche späten Revivals nach hinten los, hat sich der Zeitgeist doch entschieden geändert, genauso wie das Publikum.
BAD BOYS FOR LIVE (2020) schafft allerdings, zur allgemeinen Überraschung, einen erstaunlich guten Spagat zwischen Nostalgie und neuer Ausrichtung. Natürlich ist die Geschichte nicht schreiend originell, die einzelnen Motive haben auch schon einen etwas längeren Bart und die gängigen Buddy-Movie-Klischees werden auch hier genüsslich zelebriert. Was der Film aber relativ gut auf die Reihe bekommt, ist das vernünftige Erzählen seiner Story. Das Drehbuch macht keinen Hehl daraus, dass seit dem letzten Wiedersehen mit Mike und Marcus viel Zeit vergangen ist und die Beiden nicht mehr die Jungspunde von damals sind, die pausenlos Sprüche reißen und in der Gegend herumballern. Während Marcus nach der Geburt seines Enkels (eine übrigens ziemlich überraschende Rückbesinnung auf eine legendäre Szene des zweiten Teils) deutlich vernünftiger agiert, befindet sich Mike in einer Art Midlife-Crisis. Der toughe Polizist hat keine Familie, kein ausgeglichenes Sozialleben, sondern klammert sich mit aller Gewalt an seinen Lifestyle als modisch aus dem Ei gepellter Supercop mit schnellen Autos und ordentlich Action, mit dem er seine eigene innere Leere kompensiert. Hier gelingt dem Film ein durchaus emotionaler Unterbau, den man den Figuren auch wirklich abkauft, denn bis zur Hälfte schlägt man hier durchaus ruhigere Töne an. Statt ausufernden Actionszenen, konzentriert man sich mehr auf die Figuren und deren Beziehung. So dürfen sich nicht nur Mike und Marcus mit ihrer eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen, sogar Chef-Choleriker Captain Howard hat ein paar starke Momente.
Das ist Alles natürlich nicht auf Oscar-Niveau oder generell preisverdächtig aber wesentlich mehr als ich von einem weiteren Film der Reihe erwartet hätte. Man entfernt sich hier bewusst von Gigantismus Michael Bays, der zuletzt in BAD BOYS II (2003) aus allen Rohren gefeuert hat, und erzählt die Story geerdeter und natürlicher, was nicht heißt, dass der Actionfan nicht auf seine Kosten kommen würde. In der zweiten Hälfte dreht BAD BOYS FOR LIFE richtig auf und schickt seine Protagonisten in allerlei wuchtige Szenen, von einer wilden Verfolgungsjagd in eine Schießerei bis zum explosiven Finale in Mexiko. Auch in Sachen Humor lässt man sich natürlich nicht lumpen und es gibt viele wirklich gelungene Gags, für die in 90% aller Fälle aber Martin Lawrence zuständig ist, der sichtlich Spaß dabei hat. Hin und wieder hätte es ein Spruch weniger sein können aber sein Zusammenspiel mit Will Smith, der nicht zu altern scheint, ist das Herzstück des Films und funktioniert über die zwei Stunden tadellos. Auch die Nebenfiguren können überzeugen, vor allem die junge Polizeitruppe, bestehend aus Vanessa Hudgens, Alexander Ludwig und Charles Melton, bei denen ich nach dem Trailer die schlimmsten Befürchtung hatte, es könnte ähnlich lahm werden wie in THE EXPENDABLES 3 (2014). Ich wurde eines besseren belehrt, denn die Szenen zwischen den alten „Bad Boys“ und den jungen Hüpfern sorgen für viele unterhaltsame Momente. Ein wenig blass bleiben aber letztendlich die Bösewichte, in Gestalt von Kate del Castillo und Jacob Scipio. Beide sind etwas unterfordert, obwohl man versucht sie nicht nur als die Villains der Woche zu charakterisieren, sondern darauf bedacht ist, sie stärker in die Story einzuflechten. Das sorgt zwar für ein paar einprägsame Momente, für die aber letztendlich doch eher Will Smith verantwortlich ist. Die Figuren werden der emotionalen Verknüpfung letztendlich nicht gerecht. Dafür bekommt der Zuschauer auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten der Vorgängerfilme. Nicht nur Joe Pantoliano ist als Captrain Howard wieder zurück, auch Marcus Familie besteht wieder aus den vertrauten Gesichtern und sogar der arme Reggie, den Mike und Marcus einst zu vergraulen versuchten, um ihn von Tochter Megan fernzuhalten, schaut vorbei. Selbst Michael Bay, der keine Zeit hatte um den Regie-Posten zu übernehmen, ist in einem kleinen Cameo zu sehen.
Seine Nachfolger sind die beiden Newcomer Adill El Arbi und Bilall Fallah, die dem Film sichtlich gut tun. BAD BOYS FOR LIFE besinnt sich mehr auf das Look & Feel des ersten Teils von 1995. Statt grellem Colour-Grading, pubertären Witzen und ausschweifender politischer Unkorrektheit, verpassen die Beiden der Fortsetzung einen zeitgemäßen Anstrich, in dem auch mal Platz für ruhigere Töne ist. Natürlich bleiben sie auch den Kernelementen der Reihe treu. So gibt es ein paar typische Bay-Shots, Zeitlupen und sogar das Main-Theme aus dem ersten Teil bekommt wieder Platz, nicht zu vergessen der titelgebende Kult-Hit von Inner Circle. Die belgischen Regisseure haben ein Herz für die Figuren, was man in jeder Sekunde spürt und man kann sagen, dass sie das Beste aus dem Drehbuch herausholen. Durchweg stylisch und ohne Schnittmassaker servieren die Filmemacher einen unterhaltsamen Actionfilm, der Lust auf ein weiteres Sequel macht.
Fazit:
BAD BOYS FOR LIFE (2020) erfindet das Rad nicht neu, ist aber eine erstaunlich gelungene Fortsetzung, womit wohl die wenigsten gerechnet haben. Arbi und Fallah haben eine unterhaltsame Actionkomödie geschustert, die mit einem guten Pacing, einer vernünftigen Story, funktionierenden Gags, handgemachter Action und erstaunlich viel emotionalen Momenten punkten kann. Dieser Film macht nicht nur Spaß, sondern hat auch Herz, was gerade unter der Ägide Michael Bays gänzlich gefehlt hat. Good Job!
Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen