Am 09. Februar findet in Los Angeles einmal mehr die Verleihung der Oscars statt, der wichtigsten und renommiertesten Auszeichnung in der Filmbranche. Während die großen Filme der Hauptkategorien bereits zu sehen waren oder hierzulande noch in den Kinos gezeigt werden, habt ihr ab Morgen die Möglichkeit, die diesjährigen Anwärter auf den Titel „Bester Kurzfilm“ und „Bester animierter Kurzfilm“ ebenfalls im Kino zu sehen. DCM Film Distribution zeigt die kleinen Werke en Block auf der großen Leinwand und wir konnten uns schon vorab einen Eindruck verschaffen.

Artikel von Christopher Feldmann

Wir kennen das ja alle, Kurzfilme spielen bei den prestigeträchtigen Preisverleihungen meist eine eher untergeordnete Rolle. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen eigentlich immer die Langfilme, die mit großen Regisseuren und begnadeten Darstellern aufwarten. Bei den Kurzfilmen sieht das etwas anders aus und das ist auch das interessante daran, denn normalerweise handelt es sich hierbei nicht um teure oder prominente Produktionen, sondern um kleine Beiträge mit originellen Ideen. Getreu dem Motto „In der Kürze liegt die Würze“ bringen diese Features oftmals Themen besser auf den Punkt als so manches Hollywood-Epos. Es ist bewundernswert, dass die Film begeisterten Zuschauer in Deutschland die Möglichkeit bekommen, die Nominierten nun auch im Kino sehen zu können. Dieses Jahr sind wieder zehn Filme auf der Liste, fünf im Bereich Live-Action und fünf im Bereich Animation. Wir haben uns alle Beiträge angesehen und jeweils ein kleines Fazit erstellt.

Kategorie: Live-Action

#1: A SISTER („UNE SOEUR“) (2018)
Drehbuch & Regie: Delphine Girard

Handlung:
Alie (Selma Alaoui) befindet sich Nachts in einem Auto mit Dary (Guillaume Duhesme), der sie gegen ihren Willen festhält. Unter dem Vorwand, ihre Schwester anzurufen zwecks der Betreuung ihres Kindes, kontaktiert die verängstigte Frau die Polizei. Über das Handy versucht Alie ihre Position ermitteln zu lassen, ohne das Dary Verdacht schöpft.

Fazit:
A SISTER (2018) ist ein spannender Kurzfilm. Zwar schert man sich hier nicht um Erklärungen, Motivationen oder tiefere Charakterisierungen des Täter/Opfer-Geflechts, jedoch schafft es die Regisseurin eine klaustrophobische Spannung zu erzeugen, die bis zum Ende anhält, und das mit wenigen Mitteln. Intensiv und packend, auch wenn dem Kurzfilm letztendlich noch ein wenig der Pfiff im Schluss fehlt.

 

#2: BROTHERHOOD (2018)
Drehbuch & Regie: Meryam Joobeur

Handlung:
Der tunesische Hirte Mohamed (Mohamed Graiaa) ist überrascht, als der älteste seiner drei Söhne nach langer Zeit plötzlich in der Tür steht, in Begleitung einer verschleierten Dame, die er als seine Ehefrau vorstellt. Die angespannte familiäre Atmosphäre spitzt sich langsam zu.

Fazit:
BROTHERHOOD (2018) ist eine Art Familiendrama, welches sich, so vermutet man es zu Beginn, mit Vorurteilen und aktuellen politischen Themen auseinandersetzt. Allerdings schafft es der Film nicht wirklich Spannung aufzubauen und krankt an fehlender Logik. Warum Mohameds Sohn nicht direkt reinen Tisch macht und es seelenruhig bis zum eigentlichen Ende kommen lässt, bleibt fraglich. Etwas enttäuschend!

 

#3: THE NEIGHBOR’S WINDOW (2019)
Drehbuch & Regie: Marshall Curry

Handlung:
Als ein Ehepaar (Maria Dizzia & Greg Keller) eines Abends in der Wohnung gegenüber das frisch eingezogene Paar beim Sex beobachtet und deren unbekümmerten Lebensstil vor Augen geführt bekommt, stürzt das die Beiden in eine Ehekrise.

Fazit:
Großartiger Kurzfilm, der fast wie ein Prequel zu MARRIAGE STORY (2019) anmutet und stellenweise an DAS FENSTER ZUM HOF (1954) erinnert. Berührend, einfühlsam und gegen Ende um eine tragische Komponente erweitertes Stück, dass sich mit Beziehungen und Sehnsüchten, sowie der Vergänglichkeit auseinandersetzt. Großes Kino!

 

#4: SARIA (2019)
Drehbuch & Regie: Bryan Buckley

Handlung:
In einem Waisenhaus Guatemala, in dem der Alltag alles andere als erfreulich ist, bricht eine Revolte aus, die mehrere Jugendliche zum Anlass nehmen, der Hölle zu entkommen, mit tragischem Ausgang.

Fazit:
SARIA (2019) beruht auf wahren Ereignissen, was den Stoff nur umso bedrückender macht. Ein echter Downer, der aber handwerklich sauber inszeniert und, trotz Laien, hervorragend gespielt ist. Sehenswert, wenn auch nicht sonderlich erheiternd.

 

#5: NEFTA FOOTBALL CLUB (2018)
Drehbuch & Regie: Yves Piat

Handlung:
Die beiden Brüder Mohamed (Eltayef Dhaoui) und Abdallah (Mohamed Ali Ayari) finden an der Grenze zu Algerien einen einsamen Esel, der nicht nur seltsamerweise rote Kopfhörer trägt sondern auch mit mehreren Kilogramm Kokain bepackt ist-

Fazit:
Definitiv der unterhaltsamste Kurzfilm in dieser Kategorie. Bei all den Dramen eine erfrischende Abwechslung. NEFTA FOOTBALL CLUB hat ein paar tolle Ideen und wirklich lustige Momente, sowie einen ziemlich schönen Schluss-Gag. Nicht der gehaltvollste Kurzfilm aber auf jeden Fall sehr sehenswert.

 

Persönlicher Favorit: THE NEIGHBOR’S WINDOW (2019)

 

Kategorie: Animation

 

#1: HAIR LOVE (2019)
Drehbuch: Matthew A. Cherry
Regie: Matthew A. Cherry, Bruce W. Smith, Everett Downing Jr.

Handlung:
Als sich die kleine Zuri mittels Hairstyle-Vlog eine ansprechende Frisur zulegen möchte und daran scheitert, muss ihr Vater die Mutter-Rolle übernehmen.

Fazit:
Liebevoller Animationsfilm, der auf klassischen Zeichentrick setzt und nach anfänglicher Skepsis, bezüglich des Themas Styling, eine bittersüße Note ins Spiel bringt, die für Rührung beim Zuschauer sorgt. Punktet am Ende auch mit Witz.

 

#2: DAUGHTER („DCERA“) (2919)
Drehbuch & Regie: Daria Kashcheeva

Handlung:
Die Beziehung zwischen eines Vaters und seiner Tochter bekommt zunehmend Risse,

Fazit:
Mit DAUGHTER (2019) ist auch ein Beitrag aus Tschechien vertreten, der auf klassisches Stop-Motion setzt und dabei mit einer absoluten Detailverliebtheit begeistert. Das emotionale Gewicht kommt auch ohne Dialoge gut zur Geltung, das Ende sorgt dann doch für ein feuchtes Auge. Allerdings ist die Inszenierung zu hektisch, der Schnitt zu willkürlich und von der Welt, in der DAUGHTER spielt, hätte ich gerne mehr gesehen. Trotzdem schönes Ding.

 

#3: SISTER (2018)
Drehbuch & Regie: Siqi Song

Handlung:
Ein Mann erinnert sich an seine Kindheit im China der 1990er Jahre und die Erlebnisse mit seiner jüngeren Schwester.

Fazit:
Ich mochte vor allem die Optik an SISTER, gutes Stop-Motion auf Filz-Basis, ein sehr interessanter Stil. Wie schon Filme zuvor endet SISTER auf einer bitteren Note, die sich gezielt gegen Chinas Ein-Kind-Politik richtet. Hier kann jeder mitfühlen, der Geschwister hat.

 

#4: MEMORABLE (MÉMORABLE) (2019)
Drehbuch & Regie: Bruno Collet

Handlung:
Der Maler Louis wird von Tag zu Tag vergesslicher, was auch seiner Frau Michelle nicht verborgen bleibt. Schnell wird klar, Louis ist an Alzheimer erkrankt und seine Welt steht auf einmal Kopf.

Fazit:
MEMORABLE ist der erste animierte Kurzfilm, der sich mit dem Thema Alzheimer auseinandersetzt und versucht die Krankheit anschaulich zu machen. Die Visualisierung ist dabei hervorragend gelungen. Die Stop-Motion Animation, die Oberfläche aus Latexschaum und die künstlerischen Hommagen an Vincent van Gogh und Alberto Giacometti sind ganz entzückend, auch wenn die visuelle Schönheit den Verfall des eigenen Geistes darstellt. Wunderschön gemacht und zugleich sehr traurig.

 

#5: KITBULL (2019)
Drehbuch & Regie: Rosana Sullivan

Handlung:
Eine streunende Katze und ein Pitbull beginnen nach anfänglicher Skepsis eine Freundschaft.

Fazit:
Wer von diesem wunderschönen Stück Zeichentrickfilm kalt gelassen wird, ist ein schlechter Mensch. Hier geht es um Freundschaft und das Überwinden von Vorurteilen. Auch wenn man wie Hund und Katz ist, können sich daraus die besten Beziehungen entwickeln. KITBULL zeigt dies auf rührende Weise und hat zur Abwechslung auch ein schönes Happy-End zu bieten.

 

Persönlicher Favorit: MEMORABLE (2019), dicht gefolgt von KITBULL (2019)

 

Folgende Kinos werden die Kurzfilm-Collagen zeigen:

Aachen

Apollo-Filmtheater

Aschaffenburg

Casino Filmtheater

Augsburg

Thalia

Berlin

Kino in der Kulturbrauerei

Berlin

b-ware!Ladenkino

Berlin

Sputnik Südstern

Bochum

Casablanca – Kino

Bremerhaven

Passage Kinocenter

Chemnitz

Metropol

Chemnitz

Weltecho

Dresden

Thalia – Kino

Düsseldorf

Souterrain Kino

Erlangen

Lamm-Lichtspiele

Essen

Astra – Filmtheater

Frankfurt

Harmonie Filmtheater

Freiburg

Kandelhof Kino

Fritzlar

Cine Royal

Fürstenfeldbruck

Lichtspielhaus

Ingolstadt

Union Filmtheater

Karlsruhe

Schauburg

Kiel

Studio Filmtheater am Dreiecksplatz

Kiel

Traumkino

Leipzig

Schaubühne Lindenfels

Lübeck

Kommunales Kino Lübeck

Magdeburg

Studio-Kino

Marburg

Capitol

München

Monopol-Kino am Nordbad

München

Museum Lichtspiele

Nürnberg

cinecitta

Nürnberg

Kino Meisengeige

Nürnberg

Casablanca Kino

Oldenburg

Cine k

Reutlingen

Kamino

Saarbrücken

camera zwo

Stuttgart

Cinema

Trier

Broadway-Kino Trier

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