Ein Film wie Schmelzkäse. Frauen in Unterwäsche in einem Folterkeller und ein Henker in roter Leggings, inklusive rollender Augen und Strumpf über`m Kopf, gefilmt in PSYCHOVISION. Dabei dudelt die Musik in abseitigen Sphären nebenher und es kommt ein Null an Spannung auf – außer dieser abstruse Keller mit einem Witz an scharlatanischen Effekten, die einige Schnittfassungen des Streifens auf den Plan riefen. Das Repack von Studio Hamburg Enterprises (Erstauflage Ostalgica) zeigt diese Perle des italienischen Bahnhofkinos natürlich uncut und lädt zum Kopfschütteln ein. Was mag sich der Künstler nur dabei gedacht haben?
Alternativtitel: Scarletto – Schloß des Blutes
Originaltitel: Il boia scarlatto (aka „Bloody Pit Of Horror“)
Regie: Massimo Pupillo (Max Hunter)
Darsteller: Mickey Hargitay, Walter Brandi, Luiso Baratto
Artikel von Kai Kinnert
1648 wird John Steward, besser als scharlachrote Henker bekannt, zum Tode verurteilt und in einem Schrein von Messern durchbohrt. Noch im Tode schwört er Rache. Über 300 Jahre später dringt ein Fototeam in das Schloss ein, wo der Schrein bis heute versiegelt ist. Doch zu ihrem Erstaunen ist das Schloss bewohnt. Der eigensinnige Schlossherr gestattet die Übernachtung und Fotos, wobei der Schrein geöffnet wird. Eine Nacht des Schreckens beginnt, es scheint, als erfülle der scharlachrote Henker nun seinen blutigen Racheschwur.
Ey caramba, die zwickt´s im Schritt. Der Henker ihres Vertrauens hat ein Öko-Kondom auf dem Kopf, die geklaute Maske Zorros vor die Sehmurmeln gespannt und trägt einen breiten Gürtel zur quietschend eng sitzenden Leggings. Rot ist seine Farbe, wild ist der Blick, unverständlich sein Handeln. Dazu gesellt sich als Kanonenfutter ein Fototeam aus kreativen Volltrotteln und Damen in neckischer Unterwäsche, die man heute im urbanen Stadtbild eher als Normalbekleidung bewertet werden würde. Doch bevor die Karawane der Dummen mit den günstig nachgebauten Foltergeräten Bekanntschaft macht, muss der Zuschauer strunzblöde Dialoge, miese Schauspieler und eine völlig spannungsfreie Story über sich ergehen lassen, bis die Streckbank kracht. Fernab jeglicher filmischer Fähigkeit, aus der Not eine Tugend zu machen, schlabbert dieser Tesafilm auf sein letztes Drittel zu, das ihm damals wohl die meisten Kürzungen einbrachte.
Doch das ist alles nicht der Rede wert, denn es sind sehr günstige Effekte mit Farbpinsel, Klappergestell und Gummipendel, ganz aus der Trickkiste des Ohnsorg-Theaters, die da einem serviert werden. Einzig allein die Nummer mit der Spinne, die ist wirklich in ihrer Rätselhaftigkeit rundum gelungen. Eine Unterwäschen-Schönheit wurde auf ein Spinnennetz aus groben Seil gespannt und die Spinne, ein großes Knäuel aus Wischlappen und alten Wollsocken, pendelt langsam an einem Seil hängend auf die Dame zu, während sich die Spinnenbeine mit Hilfe von Nylonfäden bewegen. Soll das wirklich eine Spinne sein oder sind es mit LSD vergiftete Wischlappen? Man weiß es nicht und das spielt auch keine Rolle, denn die Szene ist das Highlight in diesem abgehalftertem Streifen. Warum nicht gleich so. Hier schwingt sich das mangelnde Talent aller Beteiligten zur unschuldigen und unfreiwilligen Komik auf, so, wie man es von einem kultigen Trashfilm erwartet. Minutenlang robbt sich der Retter wie eine dickliche Raupe unter den Seilen durch und bleibt sogar mit einem Knopf am Seil/Spinnenfaden hängen, während sich der zerrupfte Feudel weiter der Dumpfbacke nähert.
Auch Hargity spielt den Henker wie ein Duracell-Hase auf Crystal Meth. Wenn später das Gummipendel schwingt und die Farbpinselklinge rote Striche auf das Dekolletee der Schauspieler-Darstellerin malt, grunzt und zappelt Mickey Hargitay herum, als hätte man ihm sein Heroin weggenommen. Das ist kurzfristig amüsant, doch insgesamt zu wenig. Man muss schon ein echter Fan solcher Bahnhofs-Kracher sein, um hier über die Quadratur des Unvermögens hinweg sehen zu können.
Schlechte Filme können ihren Charme haben, da gibt es so manches zu entdecken. Doch für Der scharlachrote Henker ist es nur eine kurze Reise durch den Kosmos unterhaltsamer Trashfilme, denn letztendlich ist die hier dargebrachte Blödheit so langweilig und frei von Idee, das schon das Nachdenken über den Streifen Schmerzen bereitet. Das Beste an dem Film ist sein Titel.
Die Extras für den Film sind mannigfaltig und von durchschnittlicher Bildqualität. Spannend ist die (nicht gut) abgefilmte Super8-Fassung des Streifens, die, gut geschnitten, den Film auf seine wesentlichen 20 Minuten zusammenstreicht. Die Bildqualität ist identisch mit der Veröffentlichung von 2015.
Trailer: