Mit Heroin gefüllte Narzissen, halbseidene Geschäftsmänner, Messermorde und ein deutsch sprechender Christopher Lee auf Verbrecherjagd. Im neusten Teil unserer „Edgar Wallace“-Retrospektive geht es heiß her, mit der ersten deutsch-englischen Koproduktion der Reihe. Ob DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN (1961) seine Versprechen hält, erfahrt ihr in unserem filmischen Quarantänelager!

„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“

Drehbuch: Trygve Larsen, Donald Taylor, Basil Dawson, Gerhard F. Hummel, Horst Wendlandt
Regie: Ákos von Ráthonyi

Darsteller: Joachim Fuchsberger, Sabina Sesselmann, Christopher Lee, Klaus Kinski, Albert Lieven, Ingrid van Bergen, Jan Hendriks…

Artikel von Christopher Feldmann

1961 war eine spannende Zeit für die Produzenten bei Rialto-Film. Ursprünglich sollte DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN das Follow-Up zum Krimi DER GRÜNE BOGENSCHÜTZE (1961) bilden, aufgrund von Schwierigkeiten bei den Arbeiten am Drehbuch, gab man dem Film DIE TOTEN AUGEN VON LONDON (1961) von Newcomer Alfred Vohrer den Vorzug, mit durchschlagendem Erfolg, denn der Film avancierte zum bis dato größten Erfolg der Serie. Da Egon Eis, hier wieder unter seinem Pseudonym Trygve Larsen gelistet, Probleme hatte, den Wallace-Roman THE DAFFODIL MYSTERY zu einem funktionierenden Skript zu adaptieren und diverse Entwürfe immer wieder verworfen wurden, sahen sich Wendlandt und Co. unter Zugzwang. Lediglich durch Zufall konnte das Projekt in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Bei der Suche nach britischen Verleihern für die Filme, lernte Preben Philipsen den britischen Autor Basil Dawson kennen, einen glühenden Fan der Romane. Dieser machte ihn mit den britischen Produzenten Steven Pallos und Donald Taylor bekannt und man beschloss gemeinsam eine Wallace-Verfilmung in Angriff zu nehmen. Da die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN zur Sprache kamen, schlugen die britischen Kollegen eine Koproduktion vor, was Riatlo dankend annahm. Auf Basis von Eis‘ Entwürfen schrieb Basil Dawson eine englische Fassung, an die Produzent Taylor letztendlich noch einmal Hand anlegte. Diese Version wurde dann von Horst Wendlandt und Gerhard F. Hummel persönlich übersetzt und dem deutschen Markt angepasst. Herausgekommen, ist ein auf den ersten Blick spannender und interessanter Krimi, der den Zuschauer nüchtern zurücklässt. Insgesamt zählt der prominent besetzte Film zu den schwächsten Beiträgen der Reihe.

Handlung:
London wird durch mehrere brutale Morde an jungen Frauen erschüttert. Der Täter hinterlässt an den Tatorten stets einen Strauß gelber Narzissen. Scotland Yard ist sich sicher, dass man es mit einem Wahnsinnigen zu tun hat. Jack Tarling (Joachim Fuchsberger), Agent einer internationalen Fluggesellschaft, hat jedoch eine andere Theorie. In seinen Augen stehen die Morde mit einem international operierenden Drogenhandel zusammen, bei dem Heroin in künstlichen Narzissen geschmuggelt wird. Gemeinsam mit seinem chinesischen Kollegen Ling Chu (Christopher Lee) nimmt Tarling die die Im- und Export-Firma des Geschäftsmanns Raymond Lyne (Albert Lieven) ins Visier. Auch er verruchte Cosmos-Club scheint mit den Ereignissen in Verbindung zu stehen, waren doch alle Opfer des Narzissenmörders in dem zweifelhaften Etablissement beschäftigt und ausgerechnet Barmann Peter Keene (Klaus Kinski) ist mit Lyne gut bekannt.

DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN beginnt relativ atmosphärisch mit einem Mord an einem asiatischen Mädchen und zeigt schon in den ersten Minuten, dass die Reihe bereits einige Stilmittel des später populären Giallo-Genres vorweggenommen hat. Was darauf folgt, ist ein recht formelhafter Krimi, der eigentlich sämtliche Zutaten beinhaltet, die ein Wallace-Film benötigt. Es gibt den unbekannten Serienmörder, halbseidene Verdächtige, eine verbrecherische Organisation, die es zu entlarven gilt, eine Frau in Nöten und einen smarten Ermittler, der die Geschichte schließlich zu einem guten Ende führt.

Selten wurden diese Zutaten aber so lieblos und eintönig in den kriminalistischen Schnellkochtopf geworfen, wie im Fall der gelben Narzissen. Das mag diverse Gründe haben, einer davon ist mit Sicherheit das Drehbuch, welches zwei essenzielle Dinge falsch macht. Auf Basis von Eis‘ Ideen fertigte Basil Dawson ein Skript an, welches die eigentliche Geschichte des Romans grundlegend veränderte und die auftretenden Figuren in ein ganz neues Licht rückte. Das hat zur Folge, dass das zu lösende Rätsel relativ durchschaubar geraten ist. Kundige Fans werden noch vor der Hälfte des Films erraten haben, wer letztendlich der gesuchte Mörder ist und wer noch weiteren kriminellen Aktivitäten nachgeht. Immer wieder hat man das Gefühl, dass dieser Umstand den Autoren und Produzent klar war, weshalb sie den Versuch unternommen haben, ein möglichst komplexes Beziehungsgeflecht zu etablieren, um den Zuschauer an anderer Stelle zu überraschen. Das hat leider viel Verwirrung zur Folge, denn so richtig kommt man stellenweise nicht mit. DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN ist unnötig verkompliziert und mitunter langweilig geraten, was man aber nicht nur dem laschen Drehbuch zuschreiben sollte.

Auch in Sachen Inszenierung hinkt die deutsch-britische Koproduktion seinen Kollegen ziemlich hinterher. Auf dem Regie-Stuhl saß der gebürtige Ungar Ákos von Ráthonyi, der ansonsten eher im Komödien-Fach beheimatet war. Dass ihm das nötige Fingerspitzengefühl für dezentes Grusel- und Spannungskino fehlt, merkt man recht schnell. DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN wirkt optisch relativ lieblos und spielt sich zum großen Teil in wenig beeindruckenden Kulissen ab, die auch alle sehr künstlich aussehen. Vergleicht man das Ganze mit den Vohrer-Filmen, wird man das verstehen. Diese waren in ihrer Kameraführung, in ihrer Lichtsetzung und in ihren Regieeinfällen wesentlich kreativer und atmosphärischer, zumal es Vohrer auch meisterlich Verstand für einen gewissen Schauer zu sorgen. Ákos von Ráthonyi war leider nicht im Besitz dieser Fähigkeiten. Vielleicht war das auch zum Teil den Drehbedingungen geschuldet, denn in der vorgegebenen Zeit wurden letztendlich zwei Filme realisiert.

Da es sich hier um eine Koproduktion handelt, wurden zwei verschiedene Versionen gedreht, eine britische und eine deutsche, mit jeweils unterschiedlichen Schauspielern. Statt Joachim „Blacky“ Fuchsberger spielte in der britischen Version William Lucas die Rolle des Jack Tarling, Penelope Horner übernahm den Part von Sabina Sesselmann und Colin Jeavons war an Stelle von Klaus Kinski zu sehen. Alle weiteren Schauspieler sah man in beiden Versionen des Films, auch die deutschstämmigen Mimen Albert Lieven, Jan Hendriks und Ingrid van Bergen. Die deutsche Prominenz spielt dabei besonders gut auf. Fuchsberger gibt wieder mit einem unwiderstehlichen Charme den Ermittler, während Albert Lieven mit Bravour den fiesen Geschäftsmann gibt. Eine Rolle, die er noch in zwei weiteren Wallace-Produktionen spielen durfte. Sabina Sesselmann hingegen reiht sich in die Riege der eher blassen Krimi-Schönheiten ein. Dafür protzt der Film mit einer funkelnden Nebenbesetzung. Klaus Kinski darf wieder alle Register ziehen, während Jan Hendriks hier seinen Einstand in der Krimi-Reihe feiert. Prominente Unterstützung bekommt Scotland Yard hier in Form von Walter Gotell, den eifrige Kinogänger als russischen General Gogol aus mehreren James Bond-Filmen der Moore-Ära kennen durften. Der eigentliche Superstar, zumindest aus heutiger Sicht, ist sicherlich Christopher Lee, der hier mit viel Witz und Charme den Chinesen Ling Chu darstellt. Übrigens, Lee wurde für die deutsche Version nicht synchronisiert, im fertigen Film ist er mit seiner originalen Stimme zu hören. Einzig Eddi Arent fehlt bei der Mörderhatz, denn DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN ist der einzige Wallace-Film aus der Schwarz/Weiß-Ära, in dem er nicht auftritt.

Da es sich hier, wie schon mehrfach erwähnt, um eine Ko-Produktion mit der britischen Firma Omnia Pictures handelte, fanden auch die Dreharbeiten in London statt. Die Innenaufnahmen erfolgten dabei in Middlesex, und zwar in den Shepperton Studios. Außenaufnahmen wurden in London gedreht, damit ist DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN einer der wenigen Wallace-Filme aus deutscher Hand, für die ausschließlich Originalaufnahmen in London gedreht wurden. Dieser Umstand ermöglichte es den Machern gleich noch neues Archivmaterial zu sammeln, welches für spätere Produktionen verwendet wurde. Das bisherige Stock-Footage, was bei den Arbeiten zu DER FROSCH MIT DER MASKE (1959) entstand, war mittlerweile aufgebraucht. Für die Musik war hier der britische Komponist Keith Papworth zuständig, der einen smoothen aber auch ereignislosen Score anfertigte. Bevor die Dreharbeiten abgeschlossen waren, ging in Deutschland schon der nächste Film der Reihe, DER FÄLSCHER VON LONDON (1961), in Produktion.

DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN startete am 20. Juli 1961 in den deutschen Kinos, in Groß-Britannien erst am 20. Mai des darauffolgenden Jahres unter dem Titel THE DEVIL’S DAFFODIL. Ohne Schnittauflagen seitens der FSK bekam der Krimi eine Freigabe ab 16 Jahren (mittlerweile ist er ab 12 Jahren freigegeben) und erwies sich, trotz gemischter Kritiken, als großer Erfolg. Mit etwa 3,5 Millionen Besuchern im deutschsprachigen Raum, konnte Rialto-Film seinen Vorgänger DIE TOTEN AUGEN VON LONDON übertrumpfen.

Fazit:
DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN (1961) stellt etwas Besonderes dar. Gänzlich in London und Umgebung gedreht, ist die Ko-Produktion erstaunlich britisch geraten, nicht zuletzt durch Christopher Lee in einer prominenten Rolle. Jedoch hat der Krimi im Vergleich zu den rein deutschen Wallace-Filmen das Nachsehen. Die hatten teilweise auch etwas schwächere Drehbücher, machten aber vieles durch Stil und inszenatorisches Geschick wieder wett. Das gelingt dem ersten von zwei Filmen mit Blumen im Titel jedoch nicht, weswegen hier, trotz guter Besetzung, eher Langeweile angesagt ist.

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