Die Schizophrenie zwingt Nathaniel Ayers zu einem Leben auf der Straße. Als Kind schon begabt, erkrankte Ayers in der Jugend an der Schizophrenie und machte es so unmöglich, ihn zu einem großen Musiker auszubilden. So zog er als Obdachloser in die Straßen von L.A. und hatte als Halt nur die Liebe zur Musik Beethovens und eine alte Violine, die nur noch zwei Saiten hatte. Eines Tages dringen die zarten Klänge des kaputten Instruments an das Ohr von Journalist Steve Lopez, was später zu einer komplizierten Freundschaft zwischen den beiden führen wird. Die besten Geschichten schreibt das Leben, muss sich Regisseur Joe Wright (Die dunkelste Stunde, 2017) gedacht haben und schien im Endergebnis von seinem künstlerischen Anspruch überrascht worden zu sein. JUSTBRIDGE ENTERTAINMENT brachte das musikalische Drama nun auf Blu-ray heraus.
Originaltitel: The Soloist
Regie: Joe Wright
Darsteller: Jamie Foxx, Robert Downey Jr., Tom Hollander, Catherine Keener, Lisa Gay Hamilton
Artikel von Kai Kinnert
Der Kolumnist Steve Lopez ist immer auf der Suche nach einer interessanten Story. In Nathaniel Ayers findet er sie. Das auf den Straßen von Los Angeles lebende musikalische Genie leidet an Schizophrenie, die seiner möglichen Karriere als Cellist fein frühes Ende setzte. Behutsam versucht Lopez den sanften, verwirrten Mann über die Musik wieder in sein altes Leben zurückzuführen. Ayers ist dankbar, nimmt schrittweise die Hilfe an, reagiert aber aggressiv, als Lopez seine eigenen Wünsche für Ayers Leben über die seines neuen Freundes stellt.
Es tut mir leid – ich bitte den Leser um Verzeihung. Es gibt mit Sicherheit Menschen, die diesen Film toll finden und es sei ihnen auch wirklich gegönnt. Technisch ist Der Solist sauber gemacht und außerdem prominent besetzt, gute Voraussetzungen also.
Aber ich musste mich durch diesen Hollywood-Streifen quälen, es war echt anstrengend. Wenn Jan Josef Lievers (Boerne) und Axel Prahl (Thiel) die Story spielen würden, wäre es nicht schlechter geworden. Vielleicht sogar realistischer und damit besser. Dabei ist die Originalstory prima, aber was Regisseur Joe Wright mit der Drehbuchautorin Susannah Grant (Erin Brockovich, 2000) aus den realen Ereignissen gemacht haben, ist auf vielen Ebenen schlichtweg gescheitert. Boerne als Avers und Thiel als Lopez – fertig wäre das Drama-Comeback von Wolfgang Petersen. Aber dazu wird es nie kommen und so wurden damals Jamie Foxx und Robert Downey Jr. besetzt, die beide ihre Rolle nicht stemmen können, denn Joe Wright gab ihnen keinen Platz dafür.
Wright hatte keinen Plan, was er da eigentlich für einen Film machen will. Groß und dennoch klein sollte es sein, echt und doch künstlich, kitschig und doch real, krass im Elend und dennoch ist Beethoven überall. Drehbuchautorin Grant stellt den Journalisten Lopez in den Mittelpunkt der Story und lässt ihn so (unfreiwillig) zu einer narzisstischen Figur verblassen, die Selbstmitleid als Motor zum Handeln hat. Avers Leben und Talent sind Beiwerk in der Story, alles dient dem Entertainment und der Möglichkeit, alsbald ein großes Orchester einzuspielen, das alles dramatisch kaschiert, denn Jamie Foxx kann letztendlich das Instrument nur eingeschränkt spielen und Robert Downey Jr. nicht großartig schauspielern. Und da Wright plötzlich die Musik und die Filmkunst mit dem Drama eines egoistischen Drehbuchs in Einklang bringen musste, entschied er sich für die Künstlichkeit der Darstellung und liefert uns ein Abziehbild, das letztendlich wiederum mit Foxx und Downey Jr. gut besetzt worden ist.
Die Skid Row, ein fieser Stadtteil von Los Angeles, ist wichtiger Bestandteil des Films und wurde komplett mit fast 2000 Komparsen aus der echten Skid Row in einem Industrieviertel nachgestellt – wirklich aufwändig also. Dennoch springt der Funke nicht über, denn alles an diesem Film wirkt nachgestellt und bedient sich einer kitschigen Art, wie man sie nur bei entgleisten Hollywood-Streifen erleben kann. Foxx findet keinen glaubwürdigen Übersprung zum musikalischen Genie Avers und kopiert stattdessen mit viel Gesichtsakrobatik die Hingabe an ein gelebtes Talent. Robert Downey Jr. macht derweil den Dackelblick zur Dauervorstellung, vermeidet dabei jede schauspielerische Raffinesse und wirkt so in der Künstlichkeit des Geschehens unsympathisch. Das Orchester spielt auf, wo es nur kann – und zur Not schwingt sich die Musik mit den Tauben zum Himmel gen auf. Die Kamera schwülst im professionellen Dauerschwung über das Geschehen, das Licht gibt sich dramatisch und Beethoven soll uns ob der inszenierten Armut am sentimentalen Punkt packen. Das ist oberflächlich und ohne künstlerische Konsequenz. Wenn man schon den Humanismus zum Thema machen will, dann sollte man auch die Figur in den Mittelpunkt stellen, die es betrifft. Die Geschichte von Nathaniel Avers ist real viel besser und freundlicher, als es das Drehbuch mit seiner kommerziellen Hollywood-Dramatik wiedergeben konnte. Und so nervte mich der Film in seiner Gestelztheit nach 20 Minuten, denn Joe Wright wollte mit aller Kraft ein feinfühligen Film drehen – jedoch wählte er dabei mangels Idee die falschen Mittel.
Der Solist ist technisch gut. Wer Fan von diesem Steifen ist, darf sich über die Blu-ray freuen.
Wie zu Anfang erwähnt, fand der Film bei mir keinen Anklang. Künstlerisch zu aufgesetzt, schauspielerisch zu eingeschränkt und im Look zu unentschlossen – da zog sich die Laufzeit von 116 Minuten angestrengt dahin. Das 28seitige Booklet von Christoph N. Kellerbach war eindeutig spannender.
Das Bild der Blu-ray ist satt und sauber, der Ton ebenso. Als Extras gibt es ein Making-of, unveröffentlichte Szenen, ein kurzes Feature über The Juillard School, einen Audiokommentar von Joe Wright und das erwähnte Booklet.
Trailer: