Der Gang zum Briefkasten sollte sich mal wieder lohnen. Einen seltsamen, schwarzgenoppten Luftpolsterumschlag aus dem Hause WOLFY-OFFICE, der wahrscheinlich aus dem Ganzkörper-Sklavenanzug von Kim Jens Witzenleiter höchtpersönlich gefertigt wurde, gab es darin zu entdecken. Doch anstelle des langersehnten Finales seiner DIE PRÜFUNG Quadrilogie, lag eine höchst unerwartete CD mit dem Titel DAS HAUS HAT GELBE FENSTER darin. Was es damit auf sich hat, habe ich ergründet und liefere Euch hier nun das Ergebnis…
Ein Hörspiel von Maidon Bader & Thomas Gaevert
Sprecher: Annabelle Leip, Nicole Gospodarek, Jannek Petri, Annette Strasser, Kirstin Petri, Iris Disse, Walter Renneisen
Artikel von Christian Jürs
Anna (Annabelle Leip) hat ein altes, verfallenes und unter Denkmal stehendes Haus am Stadtrand geerbt. Doch Anna, die in der ruhigen, abgelegenen Behausung eine Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag sieht, zieht nicht alleine ein. Zu ihr gesellt sich Valentina (Nicole Gospodarek), eine heimatlose Künstlerin. Diese ist, im Gegensatz zu Anna, wenig ordnungsliebend und widmet sich lieber ihrer künstlerischen Ader. So schießt sie zum Beispiel Fotos von sich, während sie in der Badewanne in mit Menstruationsblut verdünntem Wasser liegt. Dafür kann sie, im Gegensatz zu Anna, ziemlich gut kochen, was die Wogen bei Anna immer wieder glättet. Trotzdem, unterschiedlicher können zwei Menschen kaum sein.
Annabelle Leip
Trotz allem freunden sich die beiden Frauen nach und nach miteinander an. Doch die Harmonie ist nur von kurzer Dauer. Zunächst häufen sich unerklärliche Ereignisse, wie die Waschmaschine, die sich wie von Geisterhand einzuschalten scheint. Dann tritt mit Robert (Jannek Petri) ein Mann in Valentinas Leben, der die von Anna so geschätzte Idylle je unterbricht. Als Valentina schließlich nächtelang von zu Hause fern bleibt, wachsen Anna die Dinge über den Kopf. Oder spukt es gar im alten Haus mit den gelben Fenstern?
Nicole Gospodarek
Als eine „Gruselfiktion“ preist das Cover dieses ziemlich unkonventionelle Hörspiel an, welches ausnahmsweise einmal nicht von Kim Jens Witzenleiter erdacht wurde, sondern, ebenso wie das grandiose Fünf nach Acht, welches wir Ende letzten Jahres bereits besprochen haben, aus fremder Feder stammt. Tatsächlich haben wir hier ein Hörspiel, welches per Crowdfounding bei Startnext gestartet wurde, jedoch sein Ziel verfehlte. Es ist also Wolfy-Office zu verdanken, dass wir Das Haus hat gelbe Fenster nun doch noch auf die Ohren bekommen. Doch hat sich diese Mühe gelohnt?
Jannek Petri
Ja, definitiv, aber auch nicht für Jedermann. Denn das Hörspiel von Maidon Bader und Thomas Gaevert geht ungewöhnliche Wege. Als ruhiges Kammerspiel mit Geigen- und Akustikgitarrenmusik unterlegt, umschifft Das Haus hat gelbe Fenster gekonnt Tempo, Humor und auch Grusel. Nein, unheimlich ist dieses Hörspiel so gar nicht, weshalb man den Begriff „Gruselfiktion“ mit Vorsicht genießen sollte. Der Horror entsteht hier eher durch die Einsamkeit und Lethargie, die unsere Figuren, insbesondere Anna, die uns die Geschichte auch als Erzählerin schildert, durchlebt. Gepaart mit den schrägen Klängen aus der Geige und den knarzenden Stufen, kann man die Situation durchaus als gruselig empfinden, jedoch nicht im klassischen-, sondern mehr im Arthouse-Sinne.
Annette Strasser
Das Haus hat gelbe Fenster ist das wohl ungewöhnlichste Hörspiel aus dem Hause Wolfy-Office, welches auf den ersten Blick so gar nicht ins Programm passen möchte. Aber ich kenne Kim Jens Witzenleiter und bin mir sicher, dass er diesbezüglich bestimmt noch einige Asse im Ärmel hat. Seine neueste Veröffentlichung möchte ich hiermit nur denen uneingeschränkt empfehlen, die sich gerne einmal ein unkonventionelles, ruhiges Stück anhören möchten. Die empfohlene Altersfreigabe ab 12 Jahren ist zwar in Ordnung, Hörer diesen Alters werden sich allerdings mit Sicherheit über die 60 Minuten Laufzeit gewaltig langweilen. Am besten mit einem Glas Rotwein auf der Couch genießen. Und vergewissert Euch vorab, dass die Waschmaschine wirklich ausgeschaltet ist.