Wenn eine Beziehung längerfristig andauert, erlischt fast immer in deren Laufe die Leidenschaft oder sie zündelt nur noch auf Sparflamme weiter. So auch in der Ehe von Lena und Sergei, die uns in diesem russischen Erotikdrama aus dem Hause CAPELIGHT PICTURES aus weiblicher Sicht geschildert wird. Wie verhält man (Frau) sich, wenn der Partner plötzlich Geheimnisse vor einem hat und im Bett im warsten Sinne des Wortes „tote Hose“ herrscht? Eine interessante Frage, der hier auf erotische Weise nachgegangen wird. Viele Partnerschaften sind an solchen Hürden bereits zerbrochen. Ob die Hauptfigur in diesem Film eine „befriedigende“ Lösung parat hält, könnt Ihr in unserem Artikel nachlesen.
Originaltitel: Vernost
Regie: Nigina Saifullajeva
Darsteller: Evgeniya Gromova, Aleksandr Pal, Marina Vasileva, Aleksey Agranovich
Artikel von Christian Jürs
Lena (Evgeniya Gromova) hat augenscheinlich alles, was man sich im Leben wünschen kann. Beruflich geht es für die 30 jährige, äußerst beliebte Gynäkologin steil bergauf. Zudem ist sie glücklich verheiratet mit dem ebenfalls recht erfolgreichen Theaterschauspieler Sergei (Aleksandr Pal). So scheint es zumindest. Denn längst hat sich die Gewohnheit eingeschlichen in das einst so heiße Liebesleben des Vorzeigepärchens. Im Grunde leben beide Partner nur noch nebeneinander her. Als Sergei eines Tages verdächtige Textnachrichten seiner jungen Schauspielkollogin Katya (Marina Vasileva) erhält, mit der er auf der Bühne ein leidenschaftliches Liebespaar verkörpert, ahnt Lena, dass ihr Mann es mit der Treue nicht allzu ernst nimmt. Gewissheit erhält sie, als er sich eines Morgens nicht von ihr zur Theaterprobe fahren lassen will, vor dem Haus jedoch ohne zu zögern in ein fremdes Auto einsteigt.
Doch statt eine Aussprache einzufordern, packt die eifersüchtige und (sorry für die Ausdrucksweise) untervögelte Lena einen Entschluss. Sie möchte einmal wieder so richtig verführt und (nochmals sorry) flachgelegt werden. Also wirft sie sich nach der Arbeit in Schale, geht auf die Piste und wirft sich dem Erstbesten an den Hals. Doch der Auserkorene entpuppt sich nicht als Hauptgewinn, sondern als Zonk. Zuerst ist er nicht einmal in der Lage, die Miete für das Stundenhotel zu berappen. Im Bett zeigt er dann allerdings seine wahren Qualitäten: Ganze 45 Sekunden unmotiviertes Rumgewippe (ich habe die Zeit gestoppt), dann ist die Ladung verschossen und Lena sexuell noch frustrierter als zuvor. Ihr Blick während der Lachhaften Nummer ist ganz großes Kino.
Wieder daheim versucht sie ihre neu erlangte Schuld durch einen Spontan-Blowjob zu sühnen, doch bekommt ihr irritierter und überrumpelter Ehemann keine Erektion. Ein weiteres Indiz für seine andernorts getätigten sexuellen Tätigkeiten? Lena wagt, noch frustrierter und ausgehungerter als bisher, einen zweiten Versuch des Seitensprungs. Doch eine heimliche Nummer am Strand mit dem sympathisch wirkenden Vadim (Pavel Vorozhtsov) bleibt nicht unentdeckt…
Capelight Pictures ist bekannt dafür, ausgewählte Produktionen aus Russland hierzulande zu vermarkten. Größtenteils handelt es sich dabei um Science Fiction Produktionen wie zuletzt bei Attraction 2 – Invasion. Doch auch in anderen Genres gab es einige interessante Produktionen. Aus dem Erotikbereich fällt mir spontan der recht sehenswerte Buy Me – Käufliche Liebe ein. Dieser beschäftigte sich mit jungen Mädchen, die ihr finanzielles Glück im Moskauer Nachtleben als Prostituierte suchten. Verlangen – Die Begierden einer Frau schlägt gänzlich andere, ruhigere Töne an. Mit viel Gefühl erzählt uns Regisseurin Nigina Saifullajeva von einer Frau in den besten Jahren, die sich von ihrem Partner nicht mehr verstanden, ja, nicht mehr begehrt fühlt. Da die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt wird, verstehen wir schnell, warum sie handelt, wie sie handelt und verurteilen sie dabei nicht. Im Gegenteil, wir können es ihr nachfühlen. Doch der Produktionscredit zu Beginn vom Ministry of Culture Russian Federation, lässt Schlimmes ahnen. Und so wird gegen Ende dann leider ganz kräftig die Moralkeule geschwungen. Eigentlich schade, denn die gelungene Inszenierung und vor allem das zurückhaltende, dafür aber sehr offene und vor allem überzeugende Spiel von Hauptdarstellerin Evgeniya Gromova machen diesen Film unbedingt sehenswert. Doch Russland ist ein sauberes Land, da muss sich auch der Film dran halten. Gleichgeschlechtliche Liebe gibt es selbstverständlich auch nicht. Wie wir bereits dank Will Ferrells Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga wissen, gibt es keine Homosexualität in Russland. Schmunzel.
So bleibt ein Film, der feinfühlig erzählt und mit (ich kann es immer nur wiederholen) Evgeniya Gromova einfach nur perfekt besetzt ist, am Ende jedoch einen fahlen Beigeschmack behält. Wer den Film wegen seiner Erotik schauen will, dem sei gesagt, dass hier das Drama überwiegt und der Film keinesfalls selbstzweckhafte Fleischbeschau darbietet. Im Gegenteil, die Erotikszenen gehören zwingend zur Geschichte, nehmen aber nicht so viel Raum ein, wie es mancher erwarten mag. Dafür sind diese Szenen schön gefilmt und fügen sich in das positive Gesamtbild…mal abgesehen von den letzten Minuten. Immerhin stimmt das Schlussbild versöhnlich, lässt es doch Raum für Spekulationen.
Bild und Tonqualität der vorliegenden Blu-ray sind sehr gut. Die Synchronisation ist aufwendig. Als Bonus gibt es leider nur Trailer.