Die Jungs sind irre. Irische Freiheitskämpferwurzeln hin oder her, in diesem düster-schräg-prepostapokalyptischen Metaphernmärchen hat Ned Kelly definitiv nicht das Zeug zum Volkshelden, außer vielleicht auf dem Catwalk. Die Gang trägt Frauenkleidern und lebt im australischen Abgrund, getrieben von Wut, Gewalt und literarischer Triebhaftigkeit, eingefangen in einer fantastisch tristen Naturkulisse, die auch einem Mad Max Spin-Off gut stehen würde. Zur spannenden Natur Australiens gesellt sich noch eine gute Besetzung und Russell Crowe, der ganz Herr seiner Szenen ist. KOCH FILMS brachte den Streifen nun in die heimischen Wohnzimmer.

Originaltitel: True History of the Kelly Gang

Regie: Justin Kurzel

Darsteller: George MacKay, Charlie Hunnam, Nicholas Hoult, Russell Crowe, Orlando Schwerdt, Essie Davis

Artikel von Kai Kinnert

Volksheld und Freiheitskämpfer oder gemeingefährlicher Verbrecher? Im Australien des 19. Jahrhunderts wird der in die einfachen Verhältnisse einer irischen Einwandererfamilie geborene Edward „Ned“ Kelly zum Volksfeind Nummer eins. Mit seiner Bande, den „Söhnen der Schande“, leistet er der Polizei Widerstand und wird zum Rockstar unter den Entmachteten – bis die Situation eskaliert. Kelly baut sich eine Festung und bereitet sich auf die große Schlacht vor.

Es gibt so einiges an dem Streifen, über dass man nicht Meckern kann. Da gibt es die starke und reduzierte Kamera, die stets die richtigen Ausschnitte und Symmetrien für die Erzählung der Story findet und sich streckenweise kunstvoll in die Gefilde eines Stanley Kubriks aufschwingt. Die Szene, in der sich Ned Kelly einen Faustkampf auf der dekadenten Party der Briten liefert, gefeiert als der Affe aus dem Hinterland, wirkt wie ein Barry Lyndon meets Uhrwerk Orange. Aber auch die Szenen mit dem abgestorbenen Wald schaffen das richtige Setting für diese konstant unzugängliche Story, die sich schwer tut, Sympathien für seine Figuren aufzubauen. Die Inszenierung bleibt düster und ist von Sexualität durchzogen, egal was es ist – normal ist das alles nicht. Gute Stimmung kommt in dem Streifen also nicht auf, dafür ist diese dann aber auch gekonnt gefilmt worden.

Die Idee des Punk ist für das Thema eigentlich auch nicht schlecht gewählt. Durch seine Ausstattung und die Wahl der Drehorte, enthebt sich Outlaws einer klar zuzuordnenden Zeit und könnte ebenso gut auch im Jahr 2323, also nach dem Untergang der technischen Zivilisation, irgendwo im australischen Hinterland spielen. Es gibt auch diesen Moment im Film, wo die Punk Musik eine Rolle spielt, insofern macht Regisseur Justin Kurzel schon deutlich, das es hier nicht um ein True-Crime-Event geht, sondern um eine literarische Betrachtung der Legende und einen narzisstischen Ned Kelly, der seine Kindheit nicht verarbeiten konnte.

Gespielt ist das alles großartig. Das Ensemble lässt sich nicht lumpen. Der junge Ned Kelly (Orlando Schwerdt) hat ein Ausnahme-Gesicht mit Ausnahme-Frisur und könnte so unverändert jedes The Shining Remake retten. Charlie Hunnam als britischer Sergeant gefällt auch sehr gut und eben Russell Crowe. Wie ein Schwarzes Loch saugt Crows Präsenz die Szenen auf. Der Typ spielt selbstsicher und selbstzufrieden und es macht Spaß ihm dabei zuzusehen. Obwohl er jetzt Bud Spencer in einem Bio-Pic verkörpern könnte, macht der Schauspieler Crowe viel aus seiner physischen Unbeweglichkeit. Timing ist sein Geschäft. Russell trifft im Original den richtigen Ton und die deutsche Synchronisation tut dies auch.

Einen schönen Einblick in die Arbeit von Russell Crowe zeigt das Behind-The-Scenes in den Extras der Blu-ray/DVD. Trotz der ruhigen Art von Crowe wird schnell klar, das er in seinen Szenen das Kommando über Justin Kurzel hat. Der Typ ruht in seiner Arbeit und erzählt der Regie freundlich, wie der Hase läuft. Und tatsächlich ist es so, dass Russell Crowe den richtigen Riecher hatte. Seine Rolle ist ein filmischer Magnet, im positiven Sinne, denn in den Szenen mit Crowe bekommt der Film plötzlich ein charismatisches Format, da seine Rolle sympathisch und finster zugleich ist. Doch leider endet sein Auftritt nach einigen Minuten wieder und man muss seine Sympathie an Charlie Hunnam heften, der auch keine sauber Weste hat, aber zumindest so wirkt.

Es sind also viele gute Elemente in diesem Streifen vorhanden, doch Justin Kurzel vermag es nicht, seinem Film ein gewisses Charisma zu verpassen, dass den Zuschauer an das Geschehen bindet. Crowe hätte durch seine pure Präsenz den Film retten können, doch leider ist sein Auftritt begrenzt und somit verschwand die Chance auf einen runden Film.

Outlaws – Die wahre Geschichte der Kelly Gang ist trotz vieler, guter Ansätze, einer tollen Kamera und guten Schauspielern ein nur mäßiger und durchwachsener Film geworden. Der Funke will nicht überspringen, die Figuren sind einfach unsympathisch und trotz seiner punkigen Ansätze fehlt dem Film der Sog ins Geschehen.

Und am Ende tragen sie Frauenkleider und verschanzen sich in einer Holzhütte. Manchmal reicht das einfach nicht.

Das Bild der Blu-ray ist klar und sauber, der Ton ist gut. Als Extras gibt es ein Behind The Scenes, Interviews, Trailer und eine Bildergalerie.

Trailer:

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