Wer streift da durch Nacht und Nebel? Wer giert nach dem Blut eines jeden Mädel? Sicher nicht Christopher Lee oder Bela Lugosi, zumindest nicht in diesem Film, den Studio Hamburg soeben im frischen HD-Upgrade veröffentlicht hat. Statt dem altehrwürdigen Fürsten der Finsternis, bekommen wir es in BLACULA (1972) mit dem offiziellen Blaxploitation-Pendent des berühmten Blutsaugers zu tun. Vampire, Afros und Funky-Disco-Sound erwarten uns in dieser kultigen Genre-Perle. Aber ist der Ruf auch gerechtfertigt? Das erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: Blacula
Drehbuch: Joan Torres, Raymond Koenig
Regie: William Crain
Darsteller: William Marshall, Vonetta McGee, Denise Nicholas, Thalmus Rasulala, Gordon Pinsent, Charles Macaulay…
Artikel von Christopher Feldmann
Bram Stokers Klassiker der Schauerliteratur, DRACULA (1897), dürfte eine der wohl am häufigsten verfilmten Geschichten aller Zeiten sein. Bereits im Jahr 1921 erblickte die erste filmische Adaption des Romans das Licht der Welt, als ungarischer Stummfilm, der aber als verschollen gilt. Es folgten zahlreiche Wiederholungstäter und fast genauso viele Darsteller, die der Figur des Vampirfürsten Leben einhauchten durften. Max Schreck, Bela Lugosi, Christopher Lee, Jack Palance, Klaus Kinski, Frank Langella oder Gary Oldman, sie alle zierten mal mehr, mal weniger gelungene Filme. Darüberhinaus erschienen unzählige weitere Streifen, die sich zwar inhaltlich nicht unbedingt an Stokers Werk orientierten aber die Figur des Blutsaugers aufgriffen. Daraus sind bis Dato auch einige obskure Produktionen entstanden, die gerne in die Trash-Ecke geschoben werden, man denke an DIE 7 GOLDENEN VAMPIRE (1974) oder DRACULA JAGT MINIMÄDCHEN (1972). Die 1970er waren eben ein experimentierfreudiges Jahrzehnt, in dem auch die Blaxploitation-Welle ihren Zenit erlebte. Genre-Filme, die auf ein afroamerikanisches Publikum zugeschnitten waren und ihre eigenen internen Helden wie Richard Roundtree, Pam Grier oder Rudy Ray Moore hatten. Die findigen Produzenten suchten nach immer neuen Ideen, die sie auf ihre Zuschauerschaft ummünzen konnten und so geschah es, dass der Kult-Vampir höchstpersönlich ein zeitgenössisches Update bekam. Aus Dracula wurde BLACULA, so einfach war das damals. Zwar hat der Film letztendlich nicht mehr viel mit der Ursprungsgeschichte gemein, für einen launigen Trash-Abend reicht es aber allemal!
Handlung:
Der afrikanische Prinz Mamuwalde (William Marshall) hat im Jahr 1780 genug von der Sklaverei und bereist Osteuropa, in Hoffnung auf ein Bündnis mit dem ominösen Graf Dracula, um der Erniedrigung seiner Rasse ein Ende zu setzen. Allerdings hat der transsilvanische Schlossherr wenig Interesse an der guten Sache und offenbart sich als Vampir. Er beißt Mamuwalde und belegt ihn mit dem Fluch des ewigen Lebens und des unstillbaren Verlangens nach menschlichem Blut, bevor er ihn in einen Sarg verfrachtet und ihn, samt seiner Geliebten, in eine Geheimkammer sperrt. Knapp 200 Jahre später wird das Schloss verkauft und das Interieur von zwei Innenarchitekten nach Los Angeles verschifft. Dort erwacht der, als „Blacula“ bezeichnete, Vampir und streift durch die Großstadt. Als er in Tina (Vonetta McGee) die Reinkarnation seiner Geliebten zu erkennen glaubt und einige Menschen sterben, kommt ihm langsam der Kriminalmediziner Dr. Thomas (Thalmus Rasulala) auf die Spur.
BLACULA entstand ohne Frage zu einer Zeit, in der die Blaxploitation-Bewegung ihren Peak hatte und auch heute gehört der urbane Blutsaugerstreifen zu den bekanntesten Werken dieses Subgenres. Gemäß der Verortung im Exploitation/Grindhouse-Segment muss man sich natürlich darauf einstellen, keinen Hochglanz zu sehen. William Crains Schmierentheater ist klassische Low-Budget-Ware, bei der man die spärliche Produktionsqualität an allen Ecken und Enden bemerkt. Die Sets sind günstig und neben Straßenzügen und Wohnungen hat das Ganze optisch nicht viel zu bieten. Selbst die Szenen im Police Department sehen aus, als seien sie in einem x-beliebigen Apartment mit günstigem Interieur heruntergekurbelt worden. Da sieht der Prolog im Schloss Draculas noch am hochwertigsten aus. Aber das macht nun mal den Charme der damaligen Exploitationfilme aus, da wurde eben einfach drauf los gedreht, egal wie viel Budget nun zur Verfügung stand.
BLACULA atmet diesen Geist in nahezu jedem Frame. Basiert die Story lediglich auf Motiven von Bram Stoker, packen die Macher so ziemlich jedes Element in das Geschehen, welches anno 1972 gefragt war. Urbane Ghettos, Afro-Frisuren, bunte Outfits und funky Disco/Soul-Musik. Das sorgt bisweilen für unfreiwillig komische Szenen, zum Beispiel als der titelgebende Vampir seine Angebetete verfolgt. Im Normalfall eine Spannungsszene, die hier aber durch den groovigen Score zum Schmunzel anregt. Auch der Verlauf des Plots nimmt es nicht so genau mit der Logik oder dramaturgischen Gepflogenheiten, so bleiben einzelne Beweggründe der Figuren bis zum Schluss unklar und auch ganze Szenen wollen nicht wirklich zusammenpassen. Das sorgt des Öfteren für trashige Momente, wie der Auftritt einer Discoband, die einen ganzen Song performen darf. Macht keinen Sinn aber immerhin Laune.
Optisch sieht der Streifen aber auch nicht schlechter aus als sämtliche Blaxploitation-Werke, die zu dieser Zeit im Akkord produziert wurden. Die Effekte sind mäßig und unser Protagonist muss sich mit angeklebten Koteletten und Plastikgebiss zufrieden geben. Wirklichen Horror sucht man hier vergebens, stattdessen wirken gerade die Momente, in denen es gruselig oder gar furchteinflössend sein soll erstaunlich unbeholfen. Dazu kommen noch stellenweise dämliche Dialoge und eines der wohl nervigsten Homosexuellenpaare, die man sich vorstellen kann. Würde man sowas heute bringen, wäre die öffentliche Hexenverbrennung nicht weit. Sowas ging eben nur damals. Lediglich Hauptdarsteller William Marshall bringt etwas Präsenz mit und füllt seine Rolle erstaunlich gut aus. Zum Schluss wird es noch ein wenig actionreich, was die vielen Füllszenen, die sich über den Film erschrecken aber nicht ausgleichen kann. BLACULA ist eben alles andere als gut, sondern schlecht aber immerhin unterhaltsam schlecht. Nichts desto trotz hat er seinen Stellenwert, als Dokument für eine Zeit, in der einfach gemacht wurde, eine Zeit, in der eine benachteiligte Bevölkerungsgruppe ihr eigenes Kino hatte.
Nun haben neugierige Fans filmischen Fast-Foods, den schwarzen Vampirreißer als Blu-Ray zu erwerben. Aber wie wir schon bei der Veröffentlichung von COFFY (1973) festgestellt hatten, ist die Scheibe alles andere als gelungen. Auch hier hat Studio Hamburg sämtliche Filter über den Film gejagt, die ihn sämtlicher Charakteristik berauben. Keine schmuddelige Patina, kein Filmkorn. BLACULA wurde dermaßen aufpoliert, dass die Darsteller auch hier das Antlitz von Wachsfiguren haben. Solche Grindhouse-Schinken vertragen diese Form der Aufbereitung eher selten. Auch der Inhalt der Scheibe ist mehr als mau. Bonusmaterial ist, bis auf zwei Trailer zu COFFY (1973) und FOXY BROWN (1974), nicht vorhanden, es existieren nicht mal Untertitel für die Originalfassung, bei der auch die Tonqualität eher suboptimal ist. Die deutsche Fassung klingt da ein wenig besser, insgesamt aber eine eher lieblose VÖ. Dabei wäre hier mehr möglich gewesen, immerhin wurde der Film bereits im Rahmen von DIE SCHLECHTESTEN FILME ALLER ZEITEN mit Oliver Kalkofe und Peter Rütten gezeigt. Die SchleFaZ-Version wäre hier geeignetes Bonusmaterial gewesen.
Fazit:
BLACULA (1972) ist kein guter Film, sondern ein eher unfreiwillig komischer Versuch, der damaligen Blaxploitation-Welle einen neuen Input zu geben. Wär allerdings solche Streifen goutieren kann, bekommt einen netten, launigen B-Film geboten, der in geselliger Runde vermutlich mehr Spaß macht, als wenn man ihn alleine genießen muss. Filmhistorisch hat das Ganze dennoch seinen Reiz, weshalb man auch unter diesem Aspekt gerne einen Blick riskieren kann, solange man seine Erwartungen etwas herunterschraubt.
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