Eigentlich wollte er Maler werden, doch dann entschied sich Peter Greenaway um und wurde Filmregisseur. Seinen Sinn für Kunst kann man auf jedem von ihm gedrehten Stück Zelluloid erkennen, so auch im vorliegenden Fall. Die dreckig-düstere Geschichte um einen sadistischen Gangsterboss, der gerne gut isst und jeden anderen Menschen wie Dreck behandelt, sowie um seine Frau, die aus verständlichen Gründen fremdgeht, ist optisch gut komponiert und wirkt dabei bewusst künstlich, wie ein Theaterstück. Ob der Film, der von JUSTBRIDGE ENTERTAINMENT in der Mediabookvariante und damit erstmals auf Blu-ray auf den Markt gebracht wurde, auch heute noch als zeitloses Kunstwerk betrachtet werden kann oder ob der Zahn der Zeit daran genagt hat, erfahrt Ihr in den folgenden Zeilen…
Originaltitel: The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover
Drehbuch und Regie: Peter Greenaway
Darsteller: Michael Gambon, Helen Mirren, Richard Bohringer, Alan Howard, Tim Roth
Artikel von Christian Jürs
Der jähzornige und äußerst gewalttätige Gangsterboss und Schutzgelderpresser Albert Spica (Michael Gambon), diniert mit seiner Frau Georgina (Helen Mirren) und seinen untergebenen Mannen (u.a. Tim Roth) am Liebsten im Restaurant „Le Hollandais“, von dem er Miteigentümer ist. Jeden Abend kehrt er dort ein und beherrscht die Szenerie, indem er die Gäste und Angestellten wie den letzten Dreck behandelt. Niemand traut sich, gegen den brutalen Unhold vorzugehen, sonst ergeht es demjenigen schlecht.
Was der Fiesling nicht ahnt, dabei ist es recht offensichtlich, ist, dass Georgina ihren Mann direkt hinter seinem Rücken betrügt. Jeden Abend, während ihrer Besuche im Le Hollandais verschwindet sie für einen längeren Zeitraum auf dem Örtlichen des Restaurants, so sie sich sexuell mit Michael (Alan Howard), einem Stammgast des Lokals, vergnügt. Die beiden lieben einander heimlich, doch ihre gegenseitige Zuneigung hat keine Chance, denn sollte Albert Wind von der Sache bekommen, wird Blut fließen. Immer wieder packt den Sadisten die Eifersucht und er stürmt die Restauranttoilette, um seine Ehefrau beim Seitensprung zu ertappen, doch jedes mal können die Liebenden ihre Liaison mit knapper Not verborgen halten. Eine Tatsache, die Georgina zusätzlich erregt. Erstaunlich, dass sie ihr Geheimnis so lange aufrecht erhalten können, wissen doch der Koch (Richard Bohringer) und seine Angestellten ebenfalls bescheid über die Affaire. Da aber alle Anwesenden den brutalen Gangsterboss hassen, halten sie dicht. Eines Abends jedoch platzt die Bombe und die Situation eskaliert…
Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber ist ein Kunstwerk. Jede Einstellung ist durchdacht, die Bilder wirken wie komponiert. Bereits die allererste Szene ist eine aufwändige Plansequenz, voller Timing, aber auch voll von Ekel. Denn gleich zu Beginn sehen wir, zu was Albert wirklich fähig ist. Ein armes Schwein, welches ihm Geld schuldet, bekommt dies am eigenen Leib zu spüren. Ohne zuviel zu verraten, einige Hunde, rohes Fleisch, nackte Haut und Fäkalien spielen dabei eine Rolle. Bereits hier dürften sich Zuschauer, die es nicht allzu extrem oder auch künstlich mögen, verabschieden. Ja, auch optisch ist das Ganze eher ungewöhnlich, sind doch die Außenaufnahmen ebenfalls in einer Studiohalle entstanden, was dem Film einen gewollt theaterhaften Look einbringt. Dass ein junger Koch regelmäßig während der Arbeit Opernarien von sich gibt, unterstreicht dieses Feeling zusätzlich. Das Mainstreampublikum und Personen ohne stabilen Magen (das FSK 18 Logo ziert nicht umsonst das Mediabookcover) dürften sich mit Grausen abwenden.
Allen anderen bietet der Film neben einer interessanten, hervorragend gefilmten Optik ein grandioses Schauspiel aller Beteiligten. Wer hätte gedacht, dass der jedem Kind als freundlicher Dumbledore bekannte Michael Gambon so ein widerliches Ekel spielen kann? Helen Mirren, die hier mit Mitte vierzig erstaunlich freizügig agiert (und sich dabei nicht zu verstecken braucht), ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Auch der Rest vom Cast ist toll. So darf Tim Roth als rückgratloser Handlanger Albert Spicas einen echten Bückling geben, der vor seinem Boss kuscht. Peter Greenaway hatte Cast und Optik fest im Griff. Beeindruckend.
Bild (1,85:1 / auf Blu-ray 1080p) und Ton (DVD 5.1 DD / Blu-ray 2.0 DTS-HD MA) sind ausgezeichnet und lassen das Alter des Streifens vergessen. Als Bonusmaterial gibt es ein, wie immer ausführliches und gut geschriebenes, Booklet von Christoph N. Kellerbach (wer sonst?).
Trailer: