Was einmal funktioniert, klappt auch ein zweites Mal, zumindest besagt das eine alte Hollywood-Weisheit. Getreu diesem Motto dürfte wohl auch die Komödie MÄNNERTRIP (2010) entstanden sein, bei der die Macher auf bereits Bewährtes zurückgegriffen haben. Ob das Sequel/Spin-Off um den exzentrischen Rockstar Aldous Snow die Lacher auch ein zweites Mal für sich verbuchen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik, denn Studio Hamburg hat der Buddy-Comedy mit Russell Brand und Jonah Hill eine Blu-Ray-Neuauflage spendiert!
Originaltitel: Get Him to the Greek
Drehbuch & Regie: Nicholas Stoller
Darsteller: Russell Brand, Jonah Hill, Elisabeth Moss, Rose Byrne, Sean „P. Diddy“ Combs, Colm Meaney…
Artikel von Christopher Feldmann
Fortsetzungen und Remakes/Reboots sind in der Traumfabrik eine feste Konstante. Hin und wieder kommt es aber auch vor, dass findige Produzenten auf Spin-Offs setzen. Funktioniert ein Handlungselement oder gar eine Figur eines Films sehr gut und kommt dementsprechend auch beim Publikum an, ist ein Spin-Off oft die logische Konsequenz. Man denke zum Beispiel an den Actionklassiker AUF DER FLUCHT (1993), in dem Tommy Lee Jones eine Oscar-prämierte Performance als U.S. Marshal Samuel Gerard abliefert. Eigentlich eine größere Nebenrolle, die für den Nachfolger AUF DER JAGD (1998) ins Zentrum gerückt wurde. Auch Dwayne Johnson und Jason Statham wurde eine ähnliches Schicksal, war das Duo doch das Prunkstück in FAST & FURIOUS 8 (2017), so dass ein Spin-Off mit dem Titel HOBBS & SHAW (2019) schnell beschlossene Sache war. Auch im Komödien-Bereich ist dies nicht unüblich. Mit seiner Darstellung des durchgeknallten Rockstars Aldous Snow war Russell Brand ein echter Szenendieb im Comedy-Hit NIE WIEDER SEX MIT DER EX (2008), die Geschichte war allerdings auserzählt und bot wenig Nährboden für eine klassische Fortsetzung. Also mussten Regisseur und Autor Nicholas Stoller und Produzent Judd Apatow kreativ werden und schusterten mit MÄNNERTRIP (2010) ein Spin-Off, welches sich gänzlich auf den britischen „Live Fast, Die Young“-Rocker konzentriert. Die Rechnung ging allerdings nur bedingt auf, denn trotz solidem Einspiel, zog der Film gegenüber dem Erstling in Sachen Erfolg den Kürzeren. Auch qualitativ hat man ganz klar eingebüßt, denn trotz soliden Gags und guten Darstellern, verkommt das Ganze recht schnell zur müden Parade der Zoten und Peinlichkeiten.
Handlung:
Aldous Snow (Russell Brand) gilt als Ikone der Rockmusik und befindet sich auf dem Zenit seines Ruhms und künstlerischen Schaffens, als er sich zum Unmut vieler Kritiker und Fans als Weltverbesserer inszeniert und mit dem lächerlich schlechten Album „African Child“ einen absoluten Flop landet. Snows Karriere geht in die Brüche, seine Ehe mit dem Popstar Jackie Q (Rose Byrne) scheitert und Alkohol- und Drogeneskapaden sind wieder an der Tagesordnung. Derweil kommt man bei der Plattenfirma in Los Angeles auf die glorreiche Idee, das legendäre Konzert Snows im Greek Theatre nach 10 Jahren erneut aufzulegen und gewinnbringend zu vermarkten. Um sicher zu stellen, dass der exzentrische Rocker es auch heil von London nach L.A. schafft, entsendet Plattenboss Sergio (P. Diddy) seinen Mitarbeiter Aaron (Jonah Hill), um Aldous bei der Reise zu begleiten und ihn im Zaum zu halten, denn der muss in genau 72 Stunden bei der Revival-Show auf der Bühne stehen. Allerdings entpuppt die Chance seines Lebens für Aaron als folgenschwere Katastrophe, denn der durchgeknallte Musiker hat seinen eigenen Kopf sorgt dafür, dass die Reise nicht ohne Probleme verläuft.
Für das Spin-Off MÄNNERTRIP stand recht offensichtlich das Credo „höher, schneller, weiter“ Pate. War Russell Brands Performance als arg durchgeknallter Rockgott in wohl dosierter Form noch das Highlight in der Romantic Comedy NIE WIEDER SEX MIT DER EX (2008), schraubte man diese Attitüde für den Nachfolger gewaltig nach oben. Da hätten wir auch schon das erste Problem, dass sich als ständiger Begleiter der Handlung entpuppt. Die Karikatur Aldous Snow hat deshalb so gut funktioniert, weil sie immer wieder in die Handlung des Vorgängers eingestreut wurde und sie um gute Gags ergänzte. Allerdings verfliegt der Witz recht schnell, sobald man es bis zum Exzess auswalzt und das Publikum damit übersättigt. Es nutzt sich schlichtweg ab. Auch in MÄNNERTRIP sind die weirden Star-Allüren nur eine gewisse Zeit lang wirklich witzig, spätestens nach der Hälfte scheint Stoller nicht mehr viel Gutes eingefallen zu sein, weshalb man schließlich gänzlich auf Peinlichkeiten und Gross-Out setzt, um den Zuschauer bei Laune zu halten.
Für sich genommen ist die Handlung eine klassische Buddy-Comedy wie wir sie schon oft gesehen haben. Man nehme zwei möglichst gegensätzliche Charaktere, einen möglichst geerdeten und einen extrovertierten, und lasse sie zusammen auf eine möglichst ereignisreiche Reise gehen. Das war 2010 schon nicht neu, ist aber ein dankbares Gerüst, um die beiden Protagonisten von einem Fettnäpfchen ins nächste treten zu lassen. Das funktioniert mal mehr, etwa wenn Jonah Hill vollgepumpt mit Alkohol und Marihuana bei der Today Show aufschlägt, oder mal weniger, wenn die Beiden einen Abstecher nach Las Vegas machen. Der Humor hält sich die Waagschale aber im Gegensatz zu NIE WIEDER SEX MIT DER EX setzen die Macher hier voll und ganz auf Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll. Wobei Rock ’n‘ Roll so eine Sache ist, denn obwohl Aldous im Film als Gottheit der modernen Rockmusik abgefeiert wird, sind die Songs, die Russell Brand im übrigen selbst eingesungen hat, weit von diesem Genre entfernt und eher Teenager-Plastik-Produktionen mit ein paar Gitarren-Sounds. Hier spürt man doch sehr, dass die Komödie ziemlich auf Mainstream gebürstet ist, was ihr stellenweise mehr schadet, als nützt.
Wirklich witzig ist MÄNNERTRIP immer dann, wenn Seitenhiebe gegen die moderne Musikindustrie ausgeteilt werden. Sei es Snows aberwitzige Inszenierung als weißer, afrikanischer Weltall-Jesus oder die Maschinerie der Plattenfirmen, die für den schnellen Dollar einem Star genau das erzählen, was er hören will. So wird die Absurdität dieser Branche in diversen Szenen auf die Spitze getrieben, etwa wenn Rose Byrne als Teenie-Idol Jackie Q in einem Musikvideo ihren Anus besingt.
So sind es auch die Nebendarsteller, die immer wieder die Hauptakteure etwas überragen. Neben Byrne ist vor allem Rapper P. Diddy als aufbrausender Plattenboss Sergio eine helle Freude. Diddy spielt mit viel Hingabe den cholerischen Musikmagnaten als augenzwinkernde Variation seiner selbst. Auch Colm Meaney darf sich als Aldous‘ Vater so richtig ausleben. In einer Nebenrolle ist auch THE HANDMAID’S TAIL-Star Elisabeth Moss zu sehen, die aber leider nicht viel zu tun hat, außer Bestandteil einer doch eher befremdlichen denn lustigen Sex-Szene mit Russell Brand und Jonah Hill zu sein. Letzterer nudelt sein übliches Spiel ab und darf allerlei Cringe-Momente liefern und wer die sonstigen Hill-Komödien kennt, weiß, auf was er sich einstellen muss. Trotz Abnutzungserscheinungen weiß auch Russell Brand einmal mehr zu überzeugen und bekommt freundlicherweise auch etwas mehr Charakter spendiert. Dazu gesellt sich eine ganze Reihe von Cameos, denn von P!nk, Christina Aguilera und Tom Felton bis hin zu Pharrell Williams und Lars Ulrich geben sich hier zahlreiche prominente Musiker die Ehre. Auch Kristen Bell hat einen kleinen Auftritt als Sarah Marshall und knüpft somit die Verbindung zu NIE WIEDER SEX MIT DER EX.
Nicholas Stoller, der in der Vergangenheit die beiden BAD NEIGHBOURS-Filme (2014/2016) inszeniert hat und für zahlreiche Drehbücher, wie zum Beispiel für SEX TAPE (2014) und ZOOLANDER 2 (2016), verantwortlich war, liefert hier den gewohnten Hochglanz-Look, der auf so ziemlich jede Hollywood-Komödie gepresst wird. Optisch ist hier wenig außergewöhnliches, bei diesem Genre kommt es darauf aber auch nicht an.
Studio Hamburg hat dem Film nach knapp 10 Jahren eine Neuauflage auf Blu-Ray spendiert, allerdings nur in der Kinofassung. Die Unrated-Version hat fünf Minuten mehr Material auf dem Buckel und ein paar derbere Erweiterungen zu bieten. Bild- und Tonqualität sind sehr gut, Extras gibt es leider keine.
Fazit:
MÄNNERTRIP (2010) kann dem Vorgänger nicht ganz das Wasser reichen. Zwar funktionieren einige Gags gut und auch die Seitenhiebe auf die Musikindustrie, sowie die Nebendarsteller machen wirklich Spaß, allerdings verlässt sich die Buddy-Komödie zu oft auf peinliche Zoten, die nicht besser werden, wenn man sie wiederholt. Ein weiteres Beispiel dafür, dass gute Ideen wohl dosiert besser funktionieren, als in der fünffachen Steigerung. Fans von Jonah Hill kommen aber trotzdem auf ihre Kosten!
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