Immer wieder schön zu sehen, wenn fast vergessene Filme unerwartet in liebevoll gestalteten Editionen und in tadelloser Qualität veröffentlicht werden. Nach „Der unheimliche Mr. Sardonicus“ und „Das alte finstere Haus“ legt KOCH FILMS die dritte Veröffentlichung ihrer William Castle Collection vor und schließt damit eine weitere Lücke, denn in Deutschland war „Kennwort Kätzchen“ bislang auf keinem Heimkino-Medium erhältlich. Dass dieser Film beinahe in Vergessenheit geraten ist, liegt vor allem an der unglücklichen Vermarktung des Filmverleihs. Der ursprüngliche Titel „The Candy Web“ wurde in „13 Frightened Girls“ geändert, wobei die Zahl der angeblich verängstigten Mädels willkürlich gewählt wurde, denn 13 ist bekanntlich eine Unglückszahl und passt besser zu einem Gruselthriller. Das Problem war nur, dass William Castle gar keinen Gruselfilm gedreht hat, sondern eine Parodie auf Spionage- und Agentenfilme. Offenbar versprach sich der Filmverleih nichts davon, da man von William Castle doch eher Gruselstoffe gewohnt war. Ein großer Fehler und so floppte der Streifen dann auch gnadenlos an den Kinokassen. Unverdientermaßen, wie ich finde, denn der Film ist wirklich charmant.
Originaltitel: 13 Frightened Girls
Regie: William Castle
Darsteller: Murray Hamilton, Joyce Taylor, Hugh Marlowe, Khigh Dhiegh
Artikel von Holger Braasch
Die 16-jährige Candy Hull (Kathy Dunn) ist die Tochter des amerikanischen Botschafters John Hull (Hugh Marlowe) und besucht ein schweizer Internat für Diplomatentöchter. Dieses veranstaltet eines schönen Tages einen Ausflug nach London, zur US-Botschaft. Dort bekommt Candy einiges von den wichtigen Gesprächen mit, welche Geheimdienstleute halt so führen. Von dem Geheimdienstagenten Wally Sanders (Murray Hamilton) ist sie sogar regelrecht hingerissen und macht ihm gleich einen Heiratsantrag. Der ist gerade mit dem Fall Kagenescu beschäftigt. Kagenescu (Walter Rode) ist ein Russe, der geheime Informationen anzubieten hat und daher für den Westen unheimlich wichtig ist. Außerdem schmiedet Wallys Sekretärin Soldier (Joyce Taylor) schon Heiratspläne, doch Wally ist nicht wohl bei dem Gedanken, mit seiner Sekretärin verheiratet zu sein. Da hat ihm die frühreife Tochter seines Freundes John gerade noch gefehlt. Während des Besuchs in London nutzt Candy ihren Zugang zu den verschiedenen Botschaften, um ihre weiblichen Reize auf Diplomaten-Partys zu erproben. Zufällig kommt sie dabei einer Verschwörung chinesischer Verbrecher auf die Spur. Unter dem Decknamen „Kätzchen“ lässt sie Wally Sanders anonyme Briefe mit Informationen zukommen und schon bald steht Candy vor der Leiche von Kagenescu. Bald kann sie auch ihrer Freundin Mai-Ling (Lynne Sue Moon) nicht mehr trauen, denn diese ist die Tochter des chinesischen Botschafters und der scheint in die Sache verwickelt zu sein. Es dauert natürlich nicht allzu lange, bis die Gegenseite dem Amateurspion auf die Schliche kommt. Da wäre es gut für Candy, wenn auch die amerikanische Botschaft bald erfährt, wer sich hinter dem Decknamen „Kätzchen“ verbirgt.
Kennwort Kätzchen ist eine harmlose und beschwingte Abenteuerkomödie, die sich an ein jugendliches Publikum richtet. Hierzulande wurde der Film seinerzeit mit einer FSK 16 bedacht (nicht feiertagsfrei!). Aus heutiger Sicht hat der Streifen sicherlich einigen Staub angesetzt, aber in mancher Hinsicht wirkt er schon wieder erfrischend und frech. Wenn die 16-jährige Candy deutlich ältere Männer bezirzt, kann man schon mal ins Grübeln kommen, zumal dies recht unbedarft und witzig inszeniert ist. Kathy Dunn erinnert mich hier ein wenig an Elliot (Ellen) Page. Als charmanter Geheimdienstler Wally macht Murray Hamilton eine sehr gute Figur. Er spielte in Der weiße Hai (1975) und Der weiße Hai 2 (1978) den sturen Bürgermeister Vaughn, der Chief Brody (Roy Scheider) seinen Job schwer macht. Er war auch Mr. Robinson in Die Reifeprüfung (1968). Leider starb er 1986 im Alter von 63 Jahren an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung. Joyce Taylor spielte hauptsächlich in US-Serien, wie Bonanza (1962) und Der kleine Vagabund (1964-65) mit. Sie war aber auch in Das Gift des Bösen (1963) an der Seite von Vincent Price zu sehen. Anfang der 70er-Jahre zog sich Joyce Taylor aus dem Filmgeschäft zurück. Was man sich bei ihrem Rollennamen „Soldat“ (im Original: „Soldier“) gedacht hat, fragt sich auch der britische Autor Stephen Laws, der bei der Doku Flesh and Blood: The Hammer Heritage of Horror (1994) als Assistant Director mitgewirkt hat und im Bonusmaterial von Kennwort Kätzchen auf die abenteuerliche Produktionsgeschichte des Films eingeht.
William Castle war berühmt für seine Gimmicks und seine ungewöhnlichen Werbeideen. Für die 13 aus verschiedenen Ländern stammenden Diplomaten-Töchter ließ er Casting-Wettbewerbe in verschiedenen Ländern machen, wobei es mit der Nationalität aber nicht so genau genommen wurde. Für Liberia wurde z. B. eine Amerikanerin gecastet und am Ende hatte man insgesamt 15 Mädchen, anstatt 13. Ursprünglich hatte Castle sogar selbst einen Auftritt im Film, wo er die sogenannten “Danger Cards“ präsentierte, die Teil einer Gewinnaktion sein sollten. Da der Film jedoch später umbenannt wurde, kam dieses Material nicht zum Einsatz, denn Castle nannte hier noch den alten Titel The Candy Web. Auf einen Gruselmoment verzichtete Castle trotzdem nicht. Gleich zu Anfang, wenn der Schulbus unterwegs nach London ist, seilt sich plötzlich eine dicke Vogelspinne vor der Windschutzscheibe ab. Was so eine exotische Spinne zwischen Schweiz und England zu suchen hat, bleibt allerdings ungeklärt. Kurios ist auch, dass der Busfahrer der minderjährigen Candy bedenkenlos das Fahren überlässt, was dann auch etwas holprig wird, wenn die Spinne auftaucht, doch Candy kriegt natürlich im letzten Moment die Kurve. Da behaupte noch einer, dass es mit der Gleichberechtigung damals nicht weit her war.
Das Mediabook von Koch Films enthält den Film in hervorragender Qualität auf DVD und auf Blu-ray. Auch der deutsche Ton ist in erstaunlich guter Qualität erhalten geblieben. So erstrahlt dieses fast vergessene Werk in neuem Glanz. Im Bonusmaterial sind enthalten: Ein ca. 10-minütiges Interview mit dem britischen Autor Stephen Laws, William Castles “Danger Card“ Auftritte, US-Trailer, Englischer Trailer, Einführung in den britischen Trailer, Vorspänne aus Deutschland, USA, Großbritannien, Frankreich und Schweden, sowie eine Bildergalerie mit 62 Fotos und Werbematerialien. Zu den Extras gibt es optionale deutsche Untertitel. Außerdem enthalten: Ein 16-seitiges Booklet mit Text von Thorsten Hanisch.
Trailer: