Harry Potter war gestern. Nein, eher vorgestern. Denn gleich im Anschluss and die Fanatsysaga machte sich Hauptdarsteller Daniel Radcliffe daran, sein Image als Zauberschüler möglichst weit abzustreifen. Bislang war der Part als Leiche in Swiss Army Man der skurille Höhepunkt seiner Rollenwahl. Dies könnte nun getoppt worden sein, denn hier muss sich Radcliffe mit zwei an die Hände genagelten Knarren als Killer wider Willen in einem tödlichen Onlinegame behaupten. Sein Gegner ist eine durchgeknallte Killerin, die von Samara Weaving dargestellt wird. Die hat sich bereits in Ready or not erfolgreich gegen ihre Widersacher behauptet. Ob ihr das Glück auch diesmal hold ist oder ob sich der Bezwinger von Lord Voldemort durchsetzen kann, erfahrt ihr in der ungekürzten FSK 18 Fassung, die LEONINE nun im Heimkino veröffentlicht hat. Wir haben uns das Ballerballett einmal angeschaut.
Regie: Jason Lei Howden
Darsteller: Daniel Radcliffe, Samara Weaving, Ned Dennehy, Natasha Liu Bordizzo
Artikel von Christian Jürs
Miles Lee Harris (Daniel Radcliffe) ist im Leben ein echter Looser. Er hasst seinen Job als Programmierer eines Abzocker-Handygames und die Beziehung zu seiner wunderhübschen Freundin Nova (Natasha Liu Bordizzo) konnte er auch nicht aufrecht erhalten. Trotzdem hält er den Kontakt zu ihr, was der regenbogenhaarfarbenen Schönheit aber so gar nicht in den Kram passt. Um seinen Frust abzubauen, trollt er im Forum eines brutalen Onlinegames der Organisation SKIZM herum und beschimpft die Macher aufs wüsteste. Die finden dies gar nicht lustig und machen den Versager daheim ausfindig und überwältigen ihn.
Als Miles am nächsten Morgen erwacht, ist nichts mehr, wie es einst war. An seinen Händen sind zwei Pistolen festgetackert, die jeweils mit exakt 50 Schuss bestückt sind. Panisch versucht er, diese wieder los zu werden, doch stellt sich dies als unmöglich heraus. Ebenso die einfachsten Dinge wie anziehen, pinkeln oder die Nutzung seines Smartphones stellen den jungen Mann nun vor schier unlösbare Aufgaben, bei denen sich mit Leichtigkeit ein Schuss aus den Waffen lösen könnte. Er erfährt von Riktor (Ned Dennehy), dem Boss von SKIZM, dass er aufgrund seiner Unverschämtheit als Kandidat des tödlichen Gladiatorenonlinegames auserkoren wurde. Sein Gegner ist die scheinbar unschlagbare Nix (Samara Weaving), die bislang jeden noch so brutalen Kämpfer ausschalten konnte. Wird es Miles gelingen, die folgenden Stunden zu überleben oder wird auch er ein Opfer der ballerfreudigen, durchgeknallten Killerin?
Guns Akimbo wirkt auf den ersten Blick recht originell. Der Film ist wild, bunt und die Kamera komplett entfesselt. Vor zehn Jahren wäre der Streifen eingeschlagen wie eine Bombe. Heute aber wirkt er wie eine Mischung aus Crank, Nerve, Hardcore und Gamer. Und Guns Akimbo wäre nur zu gerne ein neuer Crank, leider ist er qualitativ maximal bei Gamer angesiedelt. Zu abgedreht sind die meisten Charaktere, zu wenig Backstory zum Mitfiebern bekommt unser „Held“ und zu sehr nach billigem CGI sehen die blutigen Kopfschüsse aus. Trotzdem langweilt der Film natürlich nicht, was aber weniger dem hohen Tempo, sondern mehr dem Talent von Daniel Radcliffe geschuldet ist, dem man einfach gerne zuschaut. Er hat es in den letzten Jahren mit Leichtigkeit geschafft, sich vom Harry Potter Image zu lösen. Auch Samara Weaving macht eine gute Figur, bekommt jedoch zu wenig Backstory, als dass man mit ihrem Charakter mitfiebern könnte. Der Rest des Casts bleibt, auch dank mangelnder Figurenzeichnung, austauschbar. Schade auch, dass man das Handicap der Hauptfigur in so wenigen, lahmen Witzchen abhandelt. Hier wäre mehr drin gewesen.
Mehr drin ist dafür in der Heimkinovariante von Guns Akimbo. Während dem Kinopublikum nur eine Gewaltentschlackte FSK 16 Fassung präsentiert wurde, bekommt man im Heimkino ca. 1 Minute mehr Action geboten. Im Grunde hätte die Freiwillige Selbstkontrolle die offensichtlichen CGI-Blutspritzer aber auch ungekürzt passieren lassen können mitsamt Jugendfreigabe. Bild (2,40:1) und Ton (Deutsch und Englisch in DTS-HD Master Audio 5.1) sind super. Die Synchronisation ist ebenfalls top (Radcliffe hat seinen Stammsprecher Nico Sablik). Als Bonus gibt es eine Featurette und Trailer. Das Mediabook verfügt außerdem über ein 24 seitiges Booklet.
Guns Akimbo ist nettes Fast Food für zwischendurch. Quasi ein Big Mac Menu Small mit Cola Zero. Zum Big Kahuna Burger mit Fritten und Coke bringt er es jedoch nicht.