Cargo Movies hat kürzlich noch einen weiteren, vergessenen Direct-to-Video-Klopper auf den Markt geworfen, der besonders eifrige Fans des B-Action-Segments ansprechen dürfte. Unter dem Titel BLOODBROTHER – THE FIGHTER, THE WINNER (1991) gibt es handfeste Kickbox-Action, familiäres Drama, ganz viel Brüderliebe und Blutsportler Bolo Yeung als rabiates Ungetüm. Näheres findet ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Breathing Fire

Drehbuch: Raymond Mahoney, Wayne Yee
Regie: Lou Kennedy, Brandon De-Wilde

Darsteller: Jonathan Ke Quan, Eddie Saavedra, Ed Neil, Jerry Trimble, Bolo Yeung, Wendell C. Whitaker…

Artikel von Christopher Feldmann

Wer in den späten 1980er und den frühen 1990er Jahren routinierter und anspruchsloser Kunde der örtlichen Videothek und darüber hinaus passionierter Actionfilm-Junkie war, der dürfte sie alle gesehen haben. Damit ist in erster Linie die Flut an US-amerikanischen Martial-Arts-Filmen gemeint, die wie Pilze aus dem Boden schossen. Kinoerfolge wie KARATE TIGER (1986), BLOODSPORT (1988), BEST OF THE BEST (1989) und KICKOBOXER (1989) sorgten für eine überlebensgroße Welle und neben Heroic-Bloodshed-Streifen alá John Woo, war von nun an Kampfsport-Action der heiße Scheiß. Es dürfte wohl kaum eine Woche vergangen sein, in der kein neuer DTV-Streifen im Regal landete. Ein Genre, das recht simpel zu produzieren war. Für einen durchschnittlichen Film benötigte man nicht viel Budget, die Hauptsache waren fähige Kämpfer, die es in den Karate-Schulen zu Hauf gab, schauspielerische Kenntnisse waren sekundärer Natur. Dazu ein paar halbwegs authentische Sets, eine Story vom Format eines Bierdeckels und ganz viele Kicks und Handkantenschläge, fertig war die Rakete und der Durchschnittsglotzer war zufrieden. In genau dieses Schema passt auch die Videotheken-Produktion BLOODBROTHER (1991), im Original BREATHING FIRE, dies es nun erstmals als Scheibe für den Heimgebrauch zu kaufen gibt. Wer generell keine hohen Ansprüche an Production-Value, Schauspiel und Glaubwürdigkeit der Geschichte hat, sondern stumpfes Haudrauf bevorzugt, ist hier genau an der richtigen Adresse.

Handlung:
Gemeinsam mit seiner Bande, raubt Michael Moore (Jerry Trimble) Gold im Wert von mehreren Millionen aus einer Bank. Anschließend erhält jeder der Gangster ein Stück einer Pizza, die zusammengesetzt den Abdruck des Tresorschlüssels ergeben, in dem das Diebesgut gelagert wurde. Unter ihnen ist auch der Bankangestellte Peter (Drake Diamond), der dem Druck nicht mehr standhält und seine Tochter beauftragt, das Stück Pizza an einen alten Kriegskameraden zu übergeben. Doch Michael riecht den Braten und tötet Peter mitsamt seiner Frau, Tocher Annie (Laura Hamilton) schafft es jedoch noch rechtzeitig zu David (Ed Neil), der fortan für ihre Sicherheit sorgt und dem Mord auf den Grund gehen will, nicht ahnend, dass es sich bei Drahtzieher Michael um seinen eigenen Bruder handelt. Der wiederum lässt nichts unversucht, um sich dem Mädchen zu bemächtigen, ahnt allerdings nicht, dass sich ausgerechnet sein Sohn Tony (Eddie Saavedra) und sein Adoptivsohn Charlie (Jonathan Ke Quan) auf die Seite ihres Onkels schlagen, um den Verbrechern das Handwerk zu legen.

Die eben vorgestellte Geschichte, die uns der Film auftischt, wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so sehr mit der groben Kelle geschöpft. Das mag vermutlich auch daran liegen, dass es sich hier um ein Remake des Hong-Kong-Streifens SHAOLIN DEADLY KICKS (1977) handelt, dessen Hauptdarsteller Tan Tao-Liang ist, der hier auch als Executive Producer dabei war. Der Plot kombiniert dabei Heist-Krimi, Gangsterfilm, Familiendrama und Kampfsport zu einem mitunter dezent unfreiwillig komischen Brei, der zwar selten Spannung oder gar irgendeine emotionale Fallhöhe aufbauen kann aber aufgrund seiner Unzulänglichkeiten und bekloppten Ideen prächtig unterhält.

So merkt man dem Film an, dass er phasenweise überhaupt nicht weiß, wo er sein Ei legen soll. Zwar sind der Bankraub und die zwielichtigen Ganoven, die allesamt natürlich perfekt kämpfen können, Dreh- und Angelpunkt, rücken aber immer weiter in den Hintergrund, um Ed Neil als Ex-Vietnam-Kämpfer David den nötigen Raum als beinharter Actionhero zu geben, nur um ihn nach nicht allzu langer Zeit auf die Ersatzbank zu schicken, denn spätestens nach der Hälfe wird BLOODBROTHER auf einmal ein jugendfreundlicher Buddy-Actioner, in dem zwei halbwüchsige Adoptivbrüder den Schurken die Kauleisten polieren. Weder der grimmige Mord an Bankmanager Peter, noch das Mädchen in Nöten haben irgendwann kaum eine Relevanz mehr, stattdessen bekommen Zuschauer locker flockige Bein-Akrobatik mit zwei dauergrinsenden Teenagern geboten.

Dazu gesellen sich hanebüchene Szenen, in denen skrupellose Bankräuber Schlüsselabdrücke mithilfe einer Pizza machen. Ihr kennt das aus alten Abenteuerfilmen, in denen Schatzkarten in mehrere Teile zerlegt werden und an verschiedene Personen ausgehändigt werden. Hier passiert das eben mit einer handelsüblichen Pizza, die mal nach rohem Teig aussieht und plötzlich wie beim Lieblingsitaliener um die Ecke belegt ist. Auch der Kampf mit zwei kleinwüchsigen Barkeepern gehört zu den heimlichen Highlights dieser Videotheken-Rakete und spätestens wenn sich Verbrecher Tank als leicht dümmliches Muttersöhnchen entpuppt, der sich vor der Haustür vermöbeln lässt und sich danach im Hand umdrehen auf die Seite der Guten schlägt, weiß man endgültig nicht mehr, wo der Streifen hin will. Das Drehbuch wirft einfach so viele Elemente in einen Topf, dass es stellenweise wie Kraut und Rüben wirkt aber durchgängig großen Spaß macht, vor allem Fans leicht trashiger B-Film-Kost.

Das große Prunkstück sind aber unterdessen die guten Kampfszenen. Die Regisseure Lou Kennedy und Brandon De-Wilde verstanden ihr Handwerk und liefern Action im Minutentakt. Wirklich aus nahezu jeder Szene entwickelt sich ein Fight zwischen den Protagonisten und den Bösewichten oder eben auch nur zwischen den Protagonisten. Geschlagen und getreten wird immer und wenn nicht muss eine klassisch schmierig schwülstige Trainingsmontage her, um etwas Leerlauf zu überbrücken. BLOODBROTHER wird nie langweilig, hat Tempo und überzeugt durch gute Choreographien und einen wirklich ordentlichen Action-Schnitt. Die Kämpfe sind übersichtlich und haben den nötigen Druck, etwas was bei dieser Art von Film unerlässlich ist. Lausig sind hingegen die Schauspieler. Stuntman und Karate-Trainer Jerry Trimble grimassiert sich als Ober-Mufti einen Wolf und Ed Neil ist der so ziemlich lahmste Held, den ich bisher in einem DTV-Klopper dieser Preisklasse gesehen habe. Gut, dass irgendwann die Kids übernehmen, die eine gute Chemie haben und den Rest der Chose tragen können. Jonathan Ke Quan dürften die meisten Filmfans als Harrison Fords Sidekick in INDIANA JONES UND DER TEMPEL DES TODES (1984) und als Teil der Abenteuer-Bande aus DIE GOONIES (1985) kennen, hier stellt er seine körperlichen Fähigkeiten unter Beweis. Für die nötige B-Movie-Power ist indes Bolo Yeung, der fiese Muskelberg aus BLOODSPORT (1988), verantwortlich, der allerdings eher eine Nebenrolle spielt.

Die DVD stammt von Imperial Pictures und ist im Vertrieb von Cargo Movies erschienen. Entsprechende Abstriche muss man also in Sachen Bild und Ton machen aber immerhin ungeschnitten. Ein klassischer Fall von VHS-Rip, was bei dieser Sorte Unterhaltung aber auch für das nötige Flair sorgt. Extras gibt es keine. Im selben Jahr wie dieser Film wurden noch BLOODBROTHER 2 – CHAMP GEGEN CHAMP (1991) und BLOODBROTHER 3 – FEARLESS TIGER (1991) veröffentlicht, dabei handelt es sich aber um „in Name only“-Sequels, die ein Produkt des deutschen Verleihs sind.

Fazit:
Fans krisseliger Kickbox-Heuler aus den unteren Videotheken-Regalen dürften an BLOODBROTHER – THE FIGHTER, THE WINNER (1991) wirklich Spaß haben. Die Schauspieler mögen zwar schlecht und die Ausstattung mager sein, die Kampfszenen sind aber gelungen und werden oft eingesetzt. Ein temporeicher VHS-Flick mit vielen doofen Szenen, Filmfehlern und unzulänglichen Entscheidungen. Eine kleine Perle des schlechten Geschmacks!

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