„Zu hart für die FSK!“, hieß es in der Mediabook-Ankündigung für den Blumhouse-Schocker BLOODLINE (2018). Doch die Jugendschützer zeigten sich im Nachhinein doch noch gnädig und gewährten dem Serienkiller-Thriller mit „Stiffmeister“ Seann William Scott immerhin die Freigabe ab 18 Jahren, weshalb Lighthouse Home Entertainment den Film nun ungeschnitten im Keep-Case für den schmalen Geldbeutel auswertet. Ob sich der Streifen auch lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Bloodline

Drehbuch: Will Honley, Henry Jacobson, Avra Fox-Lerner
Regie: Henry Jacobson

Darsteller: Seann William Scott, Mariela Garriga, Dale Dickey, Christie Herring, Raymond Cham Jr., Nick Boraine…

Artikel von Christopher Feldmann

Type-Casting ist eine schwierige Sache, von der so mancher Darsteller ein Lied singen kann. Funktioniert man erstmal in einem bestimmten Rollentypus, schafft man es nur selten, aus diesem auszubrechen. Einige haben es versucht aber nur wenigen ist dies auf längere Sicht geglückt. Beliebt sind natürlich Rollen, die das krasse Gegenteil zum bisherigen Schaffen darstellen und den jeweiligen Mimen für ein gänzlich anderes Publikum etablieren sollen. Elijah Wood ist es zum Beispiel geglückt, sein liebliches Frodo-Image aus der DER HERR DER RINGE-Trilogie (2001-2003) abzulegen und mit Filmen wie SIN CITY (2005) und MANIAC (2012) eine komplett neue Zuschauerschaft zu erschließen, die ihm ermöglicht, ganz andere Facetten zu zeigen. Auch Daniel Radcliffe tut seit dem Ende der HARRY POTTER-Saga alles, um sich von seinem Dasein als Zauber-Teenager loszueisen und brillierte seither in Filmen wie SWISS ARMY MAN (2016) und zuletzt GUNS AKIMBO (2019). Auch Seann William Scott, von dem man dachte, er wird auf Lebenszeit Steve Stiffler aus AMERICAN PIE (1999) bleiben, hat nun den Schritt ins ernste Fach gewagt und der hat sich gewaschen, spielt er in BLOODLINE (2018) als unterkühlter Serienkiller doch konsequent gegen sein bisheriges Profil an und landet damit einen Volltreffer. Aber auch abseits der schauspielerischen Leistung überzeugt der beinharte Thriller mit diversen Qualitäten.

Handlung:
Der unterkühlte Evan Cole (Seann William Scott) ist Vertrauenslehrer an der örtlichen High-School und hat es tagtäglich mit den Problemen der Schüler zu tun, sei es häusliche Gewalt oder gar Missbrauch. Privat sieht es weitaus besser aus, erwarten er und seine Frau Lauren (Mariela Garriga) doch ihr erstes Kind. Allerdings hält das Baby beide auf Trapp und strapaziert mit ständigem Geschrei und ausbleibender Gewichtszunahme die Nerven seiner Eltern. Um dem Stress und dem Druck zu entfliehen, kehrt der frisch gebackene Familienvater seine dunkle Seite nach außen und beginnt damit, die Probleme seiner Schüler auf ganz eigene Art zu lösen, indem er die jeweiligen Übeltäter brutal ermordet. Dies bleibt aber nicht lange unentdeckt und als die Leichen gefunden werden, sitzt Evan schon bald die Polizei im Nacken.

Blumhouse Productions sind eben doch noch für eine Überraschung gut, denn zwischen dem seichten Mainstream-Grusel haut das Unternehmen von Erfolgsproduzent immer wieder mal kleine aber feine Genre-Perlen auf den Markt, die zwar preiswert produziert wurden aber oftmals mit einer gewissen kreativen Freiheit der Macher aufwarten. BLOODLINE hingegen erfindet das narrative Rad nicht neu, sondern setzt auf bekannte Elemente, die man schon mehrfach gesehen hat. Fans der Serie DEXTER (2006-2013) zum Beispiel konnten die Storyline bereits 96 Episoden lang verfolgen, denn im Endeffekt ist Henry Jacobsons Serienkiller-Thriller nicht viel mehr, als eine düstere Variation des Plots der bekannten Showtime-Serie. So folgt der Zuschauer dem Protagonisten Evan, der sein alltägliches Leben mit Kind und Kegel und seinen Tötungsdrang in Einklang bringen muss. Jacobson, der neben seiner Tätigkeit als Regisseur auch am Drehbuch mitschrieb, wählt dabei einen deutlich düstereren Ansatz, als es die langlebige Show mit Michael C. Hall tat. Dialoge werden fast schon spärlich eingesetzt, viel mehr lässt man die Bilder wirken. Auch Spannung wird der interessierte Zuschauer wahrscheinlich vergeblich suchen.

BLOODLINE teilt sich in zwei Akte. Während im ersten Teil des Films die Morde und das überfordernde Familienleben Evans im Fokus stehen, widmet sich das Drehbuch im zweiten Teil wesentlich mehr den psychologischen Aspekten. Eingeleitet wird dies durch einen kleinen Twist (den wir an dieser Stelle natürlich nicht verraten wollen), der einen genaueren Einblick in die Ursprünge von Evans Mordlust gewährt. Dies mag auf den ersten Blick etwas plakativ wirken, funktioniert jedoch in Anbetracht der eng gesteckten Story-Beats. Erst als die Polizei langsam aber sicher die Spur aufnimmt, entwickelt sich ein gewisses Tempo und eine unheilvolle Grundspannung, die letztendlich sehr schön aufgelöst wird.

Man merkt recht schnell, dass der Fokus des Films viel stärker auf der Stilistik liegt, als auf einem originellen Skript. Regisseur Jacobson scheint augenscheinlich ein großer Fan des italienischen Giallos zu sein, so komponiert wirken einzelne Einstellungen, so präzise sind die Lichtsetzungen und das Spiel mit Farben wie Blau und Rot. Die optische Gestaltung erinnert fast schon an Werke Mario Bavas wie etwa BLUTIGE SEIDE (1964) oder BAY OF BLOOD (1971). Auch Giallo-Papst Dario Argento dürfte als Inspiration gedient haben, denn gerade die einzelnen Mordsequenzen, die leichten Sadismus ausspielen und durchweg mit handgemachten Effekten punkten können, erinnern an die kunstvoll arrangierten Blutbäder des italienischen Regisseurs. Besonders der Mord an einer Frau unter der Dusche ist so inszeniert, als hätte der Maestro selbst die Anweisungen gegeben. Lange Einstellungen, das Spiel mit der Schärfe und ein kühler, schwurbelnder Electro-Score, irgendwo zwischen John Carpenter und Tangerine Dream.

Darstellerisch begeistert natürlich in erster Linie Seann William Scott, der keinen Zweifel mehr daran lässt, dass er mehr kann als den High-School-Proll Steve Stiffler zu spielen, beziehungsweise Variationen in anderen ähnlich gelagerten Komödien. Die unterkühlte, fast schon beängstigend minimalistische Persönlichkeit der Hauptfigur transportiert der Schauspieler mit Bravour. Auch seine Co-Stars Mariela Garriga als Lauren und Dale Dickey als Evans Mutter Marie überzeugen in ihren Rollen. Besonders Dickey wirkt angenehm creepy, gleichzeitig aber auch herzlich.

BLOODLINE ist bereits als Mediabook über Nameless Media erschienen und derzeit auch als Video on Demand verfügbar. Wer allerdings gerne physische Medien sammelt und keinen Wert auf edle Sammlereditionen zu Mondpreisen legt, kann sich schon bald die einfache Keep-Case-Variante von Lighthouse Home Entertainment ins Regal stellen. Bild- und Tonqualität sind sehr gut, wobei gerade mit der passenden Anlage der Score und auch die Atmosphäre noch besser zum tragen kommen. Extras sind leider keine vorhanden.

Fazit:
Wer mal wieder Lust auf einen einfachen aber effektiven Thriller hat, kommt bei BLOODLINE (2018) auf seine Kosten. Der Plot mag zwar nicht sonderlich originell sein, allerdings überzeugt der Serienkillerfilm durch seine gute Atmosphäre, tadellose Schauspielleistungen und seine optischen Vorzüge.

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