Als 1996 Der Hexenclub in die Kinos kam, wurde dem Film nur ein mäßiger Erfolg zuteil. Ich selbst hatte in meiner Heimatstadt Lübeck das Pech, dass der Film erst gar nicht startete. Also begab ich mich mit Freunden nach Hamburg, wo der Streifen in einem wohnzimmergroßen Kinosälchen lief, von dem man aus alle paar Minuten die U-Bahn vorbeirumpeln hörte. Trotzdem, der Film bereitete uns eine Menge Spaß, auch wenn der erhobene Zeigefinger, den die Handlung transportierte, ein klein wenig den Gesamteindruck trübte. Die guten Jungdarsteller/innen Robin Tunney (Prison Break), Rachel True (Half-Baked) und die kurz darauf mit Scream durchstartenden Neve Campbell und Skeet Ulrich machten dieses Manko wieder wett. Vor allem aber blieb Fairuza Balk (Das Leben nach dem Tod in Denver) in bleibender Erinnerung, denn sie durfte in ihrer Rolle als durchgeknallte, letztendlich böse Hexe herrlich freidrehen. Auf dem Videomarkt konnte der Film sich dann auch durchsetzen und entwickelte sich als kleiner Kultfilm. Trotzdem sollte es ein viertel Jahrhundert dauern, bis endlich eine Fortsetzung auf den Markt geworfen wurde. Hierbei handelt es sich um ein Werk vom Horror-Label Blumhouse, welches kürzlich von SONY PICTURES ENTERTAINMENT im Heimkino veröffentlicht wurde.
Originaltitel: The Craft: Legacy
Regie: Zoe Lister-Jones
Darsteller: Cailee Spaeny, Zoey Luna, Gideon Adlon, Lovie Simone, Michelle Monaghan, David Duchovny
Artikel von Christian Jürs
Meine letzte Sichtung des Teeniestreifens mit Horroreinschlag Der Hexenclub lag etliche Jahre zurück, schätzungsweise zu seeligen VHS-Zeiten. Also bestellte ich mir, als das Rezensionsexemplar des offiziellen Sequels mit dem deutschen Titel Blumhouse´s Der Hexenclub in meinem Briefkasten landete, flugs auch noch den Originalfilm, der ebenfalls von Sony Pictures Entertainment vertrieben wird. Mein Fazit zum alten Film lautet: Ein immer noch extrem kurzweiliger Streifen von Regisseur Andrew Fleming (Vision der Dunkelheit / Einsam, Zweisam, Dreisam), gemünzt auf die Jugend der Generation-X. Erstaunlich, dass Blumhouse Productions jetzt, wo der Film bereits in Vergessenheit geraten ist, ein Sequel produzierte.
Original vs. Sequel
Das Grundgerüst ähnelt sich dabei wie ein Ei dem Anderen. Im Originalfilm zog die Teenagerin Sarah Bailey (Robin Tunney) nach Kalifornien, wo sie als Newcomierin einer katholischen High School Anschluss suchte. Diesen fand sie in den drei Möchtegern-Hexen Nancy (Fairuza Balk), Bonnie (Neve Campbell) und Rochelle (Rachel True), die nun genügend Mitglieder für ihren Hexenzirkel hatten, um alle vier Himmelsrichtungen auszufüllen. Nach einem vollzogenen Blutschwur gelang es ihnen tatsächlich, mit Hilfe einer alten Gottheit, magische Fähigkeiten zu erlernen, durch die sie sich ihre geheimsten Wünsche erfüllen konnten. Dabei übertrieben sie es allerdings und ein junger Mann kam zu Tode, weswegen Sarah die Reissleine- und damit den Zorn ihrer Mithexen auf sich zog. Ein mörderischer Kampf zwischen den jungen Damen entfachte.
Auch im Sequel kommt eine nette, schüchterne Teenagerin in die große Stadt. Diesmal lautet ihr Name Lily (Cailee Spaeny) und sie zieht mit ihrer alleinerziehenden, attraktiven Mittvierzigermutter Helen (Michelle Monaghan) zu deren neuem Lover Adam (David Duchovny), ein ebenfalls alleinerziehender Vater dreier Söhne. Beste Vorraussetzung für eine Modern Family-Patchworkfamilie mit Bezaubernde Jeannie-Charakter. Gleich der erste Schultag mündet dann in einer Katastrophe für Lily, als mitten im Unterricht ihre Regelblutung einsetzt, die sie erstaunlicherweise nicht einmal bemerkt, als das Blut bereits ihren Sitz hinabläuft. Der darauf folgende Spott und die Häme ihrer Mitschüler führen dazu, dass Lily schluchzend das Klassenzimmer verlässt, um sich auf dem Schulklo zu verbarrikadieren. Trost erhält sie flugs von drei ihrer neuen Mitschülerinnen, nämlich Frankie (Gideon Adlon), Tabby (Lovie Simone) und Lourdes (Zoey Luna), die sie bitten, ihrem Hexenzirkel beizutreten.
Schnell finden die jungen Mädchen, die optisch wie ein gephotoshopter Klon ihrer Vorbilder aus dem ersten Teil wirken, heraus, dass sie tatsächlich über magische Fähigkeiten verfügen . Während im Originalfilm nun die Junghexen damit beginnen, ihre Probleme auf übersinnliche Art zu bewältigen (entfernen von extremen Brandnarben, Rache für Mobbing und plötzlicher Reichtum), wird hier zunächst fröhlich, aber inhaltlich oberflächlich gehext. So zaubern sich die jungen Damen Glitzerschminke ins Gesicht oder lassen die Zeit um sich herum stillstehen, um total crazy Selfies mit den eingefrorenen Mitschülern erstellen zu können. Klingt oberflächlich? Ist es leider auch. Hierzu passt, dass Lilys neue Freundinnen keinerlei Tiefe oder Hintergrund in der Charakterzeichnung besitzen. Sie sind einfach nur da und rasten lediglich mal aus, wenn ihr Lieblingssong auf einer Party gespielt wird. Im Original konnte die durchgeknallte Fairuza Balk einem Busfahrer noch glaubhaft entgegenrauntzen, dass sie die Freaks seien. Hier fällt dieser Satz als Hommage zwar auch, trotzdem bleiben die drei Mädels aber oberflächlich wie die Freundin vom Wendler. Lediglich Lily hat einen Grund zur Rache an einem Mitschüler, obwohl auch der banal bleibt. Sie verzaubert Timmy (Nicholas Galitzine), der sie zuvor aufgrund ihres Menstruationsmissgeschicks bloßstellte, und verdammt ihn, wie einst Skeet Ulrich im Original, dazu, sich endlos in die Hexe zu verlieben. Es geht doch nichts über neue Ideen, um ein Franchise wiederzubeleben.
Neu ist hingegen die Idee, dass keiner der Hexen die neue Macht zu Kopf steigt. Im Gegenteil, als es zu einem tragischen Vorfall kommt, ziehen allesamt sofort die Reißleine. Ganz im Sinne der Cancel Culture. Das ist zwar vorbildlich und politisch sehr korrekt, die ganze Geschichte droht jedoch in Belanglosigkeit zu versinken, weswegen das Drehbuch dann trotzdem noch einen Bösewicht aus dem Hut zaubert. Dieser kündigt sich allerdings bereits zehn Meilen gegen den Wind an und dürfte lediglich die nebenbei am Smartphone spielende Junggeneration noch überraschen. Das Finale kann man dann auch als „kurz und schmerzlos“ bezeichnen, ist es doch bereits vorbei, bevor es überhaupt richtig angefangen hat.
Respektvoll wollte Regisseurin und Drehbuchautorin Zoe Lister-Jones umgehen und zauberte trotzdem nur einen mutlosen, müden Teeniefilm für die Generation TikTok. Während das Original wild und böse daher kam und lediglich gegen Ende moralisch (dann aber auch passend) daher kam, schwingt hier die Moralkeule über dem gesamten, lauen Film, der vor sich hinplätschert. Passend dazu bekam das Sequel auch eine FSK 12 (im Original PG-13) Freigabe, während der Originalfilm mit einem blauen FSK 16 (R-Rated) Siegel veredelt wurde.
Die vorliegende Blu-ray punktet mit sauberer Bild- und Tonqualität und einer Handvoll Extras. So gibt es neben zwei Werbefeaturettes auch noch vier alternative Szenen mit Einleitung der Regisseurin. Die Synchronisation ist ebenfalls ordentlich und David Duchovny bekam wieder seinen bestens passenden Sprecher Benjamin Völz verpasst, auf den man in den letzten Akte X Staffeln ja leider verzichten musste. Sogar die einzig wiederkehrende Figur aus dem ersten Teil, die hier nicht gespoilert wird, hat für nur einen einzigen Satz ihre Originalsynchronstimme erhalten, was durchaus vorbildlich ist. Schade, dass Michelle Monaghan mit einer neuen Stimme versehen wurde, was aber nicht sonderlich negativ ins Gewicht fällt.
Alles in allem ein enttäuschendes, spätes Sequel. Liebe Kids von heute, auch wenn der Originalfilm aus dem Jahr 1996 den heutigen Zeitnerv nicht mehr zu treffen vermag und niemand mit einem Smartphone darin hantiert, tut Euch den Gefallen und kauft Euch das Original zuerst, welches ebenfalls von Sony Pictures Entertainment vertrieben wird. Der 1996er Streifen bereitet wesentlich mehr Spaß als dieser leider enttäuschende, lauwarme Aufguß und steigert zudem die Sehfreude am vorliegenden Film. Denn dieser ist mit allerlei Eastereggs aus dem Original versehen, die man lediglich verstehen kann, wenn man den ersten Teil kennt.
Trailer: