Dieser Film musste schon bei seiner Veröffentlichung für das R-Rating Federn lassen und kam auch im Ausland nur in dieser Fassung heraus. In Kanada und Irland wurde „Rocktober Blood“ sogar zum Video Nastie. Hierzulande kam die Direct to Video-Produktion im Jahr 1986 auf VHS heraus und landete prompt auf dem Index. Erst 2011 (also 25 Jahre später) wurde die Indizierung aufgehoben. Jetzt erscheint auch hierzulande der Film auf DVD. Aufgrund der problematischen Materiallage sollte man von der Veröffentlichung von MARITIM PICTURES / CARGO RECORDS aber nicht zu viel erwarten. Es handelt sich nur um die bekannte R-Rated-Version und die Qualität bringt leider auch keine Verbesserung zu vorigen Veröffentlichungen. Mehr dazu im folgenden Artikel – ist eine schräge Geschichte!

Originaltitel: Rocktober Blood

Regie: Beverly Sebastian

Darsteller: Tray Loren, Donna Scoggins, Cana Cockrell, Renee Hubbard

Artikel von Holger Braasch

Sänger Billy „Eye“ Harper (Tray Loren) arbeitet mit seiner Band und seiner Freundin Lynn Starling (Donna Scoggins), ebenfalls eine Sängerin, an einem neuen Song. Toningenieur Kevin (Kevin Eddy) macht anschließend noch einige Gesangsaufnahmen mit Lynn und lädt sie bei der Gelegenheit noch zu einem Drink ein, was Lynn aber ablehnt. Nach den Aufnahmen nimmt Lynn noch ein Entspannungsbad im Whirlpool, der sich im oberen Geschoss des Studios befindet. Währenddessen kommt Billy ins Studio zurück, wo er nur Kevin und seine Assistentin Mary (Mary Well) antrifft. Nachdem er Kevin die Kehle aufgeschlitzt und Mary an einem Jackenhalter aufspießt hat, bedrängt er Lynn. Ein Security bekommt das mit und greift ein. Doch Billy geht auf den Sicherheitsmann los und jagt ihn nach draußen, wobei er selbst auch das Weite sucht. Zwei Jahre später: Lynn und die restlichen Bandmitglieder touren als HEAD MISTRESS durch die Gegend. Ein Reporter nutzt die Gelegenheit und stellt Lynn mehrere Fragen zu Billys Schreckenstaten. Billy wurde aufgrund ihrer Aussagen zum Tode verurteilt, beteuerte aber bis zum Schluss seine Unschuld. Doch kurz nach dem Interview taucht Billy plötzlich wieder auf und terrorisiert Lynn – zunächst mit Telefonanrufen. Er stalkt sie und beginnt Leute zu killen, die mit Lynn in Verbindung stehen. Die Leichen versteckt er und treibt Lynn langsam aber sicher in den Wahnsinn. Lynn überredet ihre Freunde mit ihr zusammen Billys Grab zu öffnen, da sie glaubt, dass es leer ist. Doch dies stellt sich als falsch heraus, logischerweise ist die Leiche aber auch schon längst verwest und nicht mehr so leicht zu identifizieren. Am nächsten Abend bereiten sich Lynn und die Band auf eine Bühnenshow vor. Billy taucht wieder auf und offenbart Lynn, dass er seine Songs nur für Lynn geschrieben hat. Jetzt will er mit Lynn seinen letzten großen Auftritt auf der Bühne absolvieren, bevor er mit ihr zusammen zur Hölle fährt. Doch einen coolen Abgang mit Stil lässt er sich dabei nicht nehmen – Künstlerehre.

In den 80ern kam die Kombination von Hardrock und Horror regelrecht in Mode. Genre-Filme, wie Hard Rock Zombies (1985), Slumber Party Massacre 2 (1987), Shocking Heavy Metal (1987) oder auch Shock ‚em Dead (1991) stellten Rockbands in den Mittelpunkt der Handlung. Horrorfilme richteten sich zunehmend an ein jugendliches Publikum und wurden gerne mit zeitgenössischen Rocksongs aufgepeppt, die oft auch originell in die Handlung eingebaut wurden. Man denke da an The Hidden – Das unsagbar Böse (1987), wo das Alien gerne Heavy Metal hört. Oder Freitag der 13. – Teil 6: Jason lebt (1986), wo unter anderem auch die Songs von Alice Cooper für ironische Brechungen sorgen. Eine gelungene Hommage ans Genre-Kino der 80er-Jahre ist Jennifer’s Body (2009), für den Genre-Kennerin Diablo Cody das Drehbuch schrieb. Hier sorgt eine vom Teufel besessene Rockband für Angst und Schrecken. Für mich ist Jennifer’s Body einer der gelungensten Genre-Filme der letzten Jahre, leider bekam er nicht die Anerkennung, die er meines Erachtens verdient hätte. Die Verfilmung des Bühnenstücks The Rocky Horror Picture Show traf 1975 den Nerv der Zeit und kann wohl als Vorreiter für diese Spielart des Horrorfilms bezeichnet werden. Weniger bekannt, aber nicht weniger bemerkenswert ist Brian De Palmas schrilles Horror-Musical Phantom im Paradies (1974), in dem ein entstellter Musiker Rache an einem skrupellosen Plattenmogul nimmt. Ein frühes Meisterwerk von Brian De Palma, das aber ziemlich unterging. Als weiterer wichtiger Einfluss ist der Rockmusiker Alice Cooper zu nennen, der damals seine Auftritte mit spektakulären Bühnenshows kombinierte, in denen dem „Grand Guignol“ gehuldigt wurde – Gore and Splatter and Rock’n Roll.

Rocktober Blood stellt in seinem Genre ein ziemliches Kuriosum dar. Hauptsächlich in Proberäumen und auf der Bühne gedreht, kann der Film auf jeden Fall mit fetzigen Hardrock-Songs der Band Sorcery auftrumpfen. Mitglieder der Band sind im Film als HEAD MISTRESS zu sehen und spielen die Songs „I’m Back„, „Killer on the Loose„, „Rainbow Eye’s“ und „Watching You„. Die Morde sind zwar nicht nicht ganz unblutig, aber im Vergleich mit anderen zeitgenössischen Slasher-Filmen nicht sonderlich spektakulär. Doch wie gesagt – der Film wurde schon vor seiner Veröffentlichung in den USA zensiert. Dies fällt vor allem bei der Bühnenshow am Ende des Films auf, wo eine Frau mit einer „Messer-Gitarre“ erstochen wird (Alice Cooper lässt grüßen). Hier sind auch deutliche Sprünge in der Musik zu hören. Apropos Sprünge – die Handlung ist nicht nur arg an den Haaren herbeigezogen, sondern auch die Erzählweise ist reichlich haarsträubend. Das fängt schon mit der Anfangssequenz an, wo der wildgewordene Billy plötzlich dem Wachmann hinterher rennt und gleich darauf der Zeitsprung (2 Jahre später) erfolgt. In einer kurzen Dialogszene erfährt man dann, dass Billy mittlerweile auf dem elektrischen Stuhl geröstet wurde. Kurz darauf ist er aber wieder unterwegs, um Lynn zu terrorisieren – nach 2 Jahren. Einfach so. Dass wieder einige Leute ermordet wurden, scheint lange Zeit keinem aufzufallen und wie es Billy im großen Finale schafft, sich unbemerkt Zutritt zur Bühne zu verschaffen, ist auch ziemlich mysteriös. Vor allem aber die Auflösung ist so gar nicht plausibel und noch nicht einmal mit der Verrücktheit des Killers zu erklären. Ich will nicht zu viel verraten, aber der Twist am Ende wurde schon zuvor gerne in Slasher-Filmen verwendet. Allerdings wirkte er selten so doof und hanebüchen aus dem Hut gezogen, wie in Rocktober Blood. Das muss man eigentlich schon wieder gesehen haben, um es zu glauben. Und doch funktioniert die letzte Szene des Films auf seltsame Weise ganz gut. Für das Ende hat man genau den richtigen Moment gewählt.

Die amerikanische Filmregisseurin Beverly Sebastian drehte in den 70er- und 80er-Jahren Independentfilme, bei denen sie auch meist das Drehbuch schrieb. Ihr Ehemann Ferd Sebastian war dabei oft als Co-Regisseur tätig. Bereits in den 60er-Jahren gründeten die beiden Panama Films Distribution. Zunächst produzierten sie nur Werbespots und Dokumentationen, Anfang der 70er-Jahre ging es dann mit Low Budget-Filmen los, weil dort die Gewinnspanne höher und das Verlustrisiko geringer war. Dazu zählt z. B. der Backwood-Thriller Hetzjagd im Sumpf (1973). Auch die beiden Söhne Ben und Tracy arbeiteten an den Filmen mit, so entstand ein richtiger Familienbetrieb. Nach Running Cool (1993) zog sich die Familie jedoch weitgehend aus dem Filmgeschäft zurück. Seit 2012 leitet Beverly Sebastian die gemeinnützige Organisation The National Greyhound Foundation, die sich um Windhunde kümmert, die aus dem Hunde-Rennsport ausgeschieden sind. Im Jahr 2016 sorgte eine Crowdfunding-Kampagne für Verwirrung, die zur Finanzierung einer Fortsetzung zu Rocktober Blood gestartet wurde. Auf YouTube gab es sogar einen Trailer zu der geplanten Fortsetzung. Den Fans wurde außerdem versprochen, dass der erste Film in einer neu gemasterten Edition auf Blu-ray und DVD herauskommen soll, welche auch den vergriffenen Soundtrack auf CD beinhaltet. Diese Edition konnte man bei Panama Films Distribution vorbestellen.

Nachdem man von der Fortsetzung nichts mehr hörte, hieß es plötzlich, dass die Spenden an die gemeinnützige National Greyhound Foundation gehen sollen. Und für die Remastered Edition bräuchte man mindestens 1000 Bestellungen, um diese produzieren zu können. Das war schon alles etwas suspekt und bald forderten die ersten Besteller ihr Geld wieder zurück. Schließlich wurde die sogenannte Remastered Edition ausgeliefert. Doch bei den gelieferten DVDs, Blu-rays und CDs handelte es sich lediglich um selbstgebrannte Discs. Außerdem wurde für den Film nur eine abgenudelte VHS als Vorlage verwendet und bei der CD handelte es sich um einen Rip der Schallplatte. Als Bonus gab es auf den Film-Discs noch eine ca. 20-minütige Doku über The National Greyhound Foundation – dreister geht es wirklich nicht. Hinzu kam aber noch, dass viele Exemplare davon defekt waren und auf keinem Player liefen. Zuerst dachte man, Bootleggern auf den Leim gegangen zu sein, doch die Sebastians bestätigten, dass es sich um offizielle Veröffentlichungen handelt. Doch damit nicht genug – später boten die Sebastians einige Originalrequisiten aus Rocktober Blood bei Ebay an, die sich aber als Fälschungen herausstellten.

Mit minderwertigen Veröffentlichungen ihrer eigenen Filme hatte Panama Films Distribution schon vorher die Filmfans verärgert. So wurden auch andere Filme der Sebastians lediglich von Videobändern gezogen und auf DVD gepresst. Wie man sieht, ist es also nicht immer vorteilhaft, wenn Filmemacher die Rechte an ihren Werken behalten und den Vertrieb selbst in die Hand nehmen. In diesem Fall kann man wohl von einer richtigen Vollkatastrophe sprechen. Die schier unfassbare Vermarktungspolitik bei Rocktober Blood kann man auf bandsaboutmovies.com nachlesen. Hauptdarsteller Tray Loren spielte nach Rocktober Blood noch in zwei weiteren Direct to Video-Produktionen der Sebastians mit. Nach Abrechnung im Dschungel (1988) und American Angels (1990) kam allerdings nichts mehr.

Die DVD von Maritim Pictures / Cargo Records präsentiert den Film in mäßiger VHS-Qualität. Das Bild ist etwas matschig und die schlechte Komprimierung macht sich gelegentlich durch Klötzchenbildung bemerkbar. Bei Bewegungen ruckelt es außerdem. Immerhin weist das Bild keine VHS-Störungen auf, wie es bei diversen Uploads auf YouTube der Fall ist. In der Titelsequenz wird unter dem Filmtitel copyright 2014 Sebastian Trust eingeblendet. Die genaue Filmlänge beträgt 87:22 Min. (84:50 Min. ohne Abspann) und als Bonus gibt es (neben dem englischen Originalton) noch vier Trailer: Blue Tiger (Deutscher VHS-Trailer / 2:00 Min.) / Rocktober Blood (Amerikanischer VHS-Trailer / 1:56 Min.) / Animal Protector (Deutscher VHS-Trailer / 1:33 Min.) / Masterblaster (Deutscher VHS-Trailer / 1:58 Min.)

Trailer:

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