Jason Blum hat mittlerweile gefühlt in so ziemlich jedem zweiten, neuen US-Horrorfilm seine kreativen Hände im Spiel. Gerade erst hat er den Hexenclub wiederbelebt, da kommt auch schon der nächste Streifen im Heimkino heraus, bei dem er allerdings nur als ausführender Produzent fungierte. EUROVIDEO präsentiert den kleinen, feinen Grusler, in dem ein sympathischer, junger Mann aus Geldnot die nächtliche Totenwache bei einem kürzlich verstorbenen, streng orthodoxen Juden übernimmt. Doch der im Normalfall ruhige Job, entpuppt sich als echter Horrortrip, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint…

Originaltitel: The Vigil

Drehbuch und Regie: Keith Thomas

Darsteller: Dave Davis, Menashe Lustig, Malky Goldman, Lynn Cohen, Ronald Cohen

Artikel von Christian Jürs

Yakov (Dave Davis) hat seiner streng orthodoxen Gemeinde den Rücken zugekehrt. Jetzt versucht der leicht weltfremde Mann, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Doch alltägliche Dinge, wie zum Beispiel sein neu erworbenes Smartphone, waren ihm bislang fremd. Deshalb, und weil er unter Ängsten leidet, denen er nur durch die Einnahne von Medikamenten Herr werden kann, besucht der Aussteiger eine Selbsthilfegruppe. Dort lernt er die sympathische Sarah (Malky Goldman) kennen, die ein Auge auf den jungen Mann geworfen hat und mit der er sich locker auf ein baldiges Date verabredet. Doch ob es noch dazu kommt, steht in den Sternen, denn als Yakov den Heimmarsch anzutreten gedenkt, wartet sein ehemaliger Rabbi Reb Shulem (Menashe Lustig) vor der Tür und versucht den Abtrünnigen zu bekehren. Yakov jedoch lehnt eine Rückkehr in seine alte, jüdische Gemeinde ab. Trotzdem lässt der Rabbi nicht locker und bittet Yakov um einen Gefallen. Er soll als soegannter „Schomer“ die nächtliche Totenwache am Sterbebett eines gerade verstorbenen Gemeindemitglieds zu übernehmen. Natürlich gegen üppige Bezahlung, die der Rabbi als Lockmittel verwendet, da Yakov derzeit knapp bei Kasse ist.

Aus der finanziellen Not heraus willigt er ein und begibt sich umgehend in die Wohnung des Toten, in der nun nur noch dessen Ehefrau (Lynn Cohen) lebt. Diese warnt Yakov, er möge schnellstmöglich das Haus verlassen, da ihn sonst die Dämonen ihres verstorbenen Mannes heimsuchen würden. Doch der Schomer wider Willen misst den Worten der alten, demenzkranken Frau keine Bedeutung bei. Ein schwerer Fehler, denn was als scheinbar ruhiger Abend begann, verwandelt sich in Kürzester Zeit in einen Altbtraum für Yakov, denn die Dämonen haben ihren toten Wirt verlassen und suchen sich jetzt ein neues Opfer…

Freunde des einfachen, subtilen Horrors werden in The Vigil – Die Totenwache voll auf ihre Kosten kommen. Der kleine, feine Schocker verzichtet, auch aufgrund seines offensichtlich niedrigen Budgets, auf vordergründige Effekte und setzt dafür verstärkt auf sein düsteres, nur spärlich beleuchtetes Setting und unheimliche Geräusche auf der Tonspur. Erst sehr spät bekommen wir das (computeranimierte) Böse zu Gesicht, worauf man besser verzichtet hätte, denn die hier verwendeten CGI-Effekte sehen ziemlich billig aus. Glücklicherweise sind diese Aufnahmen nur minimal eingesetzt worden und der Film setzt stattdessen auf seine wahren Stärken. Neben der bereits erwähnten Atmosphäre, findet man diese in der Hauptfigur Yakov. Endlich einmal wieder eine wirklich sympathische Figur in einem Horrorfilm, mit der man von Anfang bis Ende mitleidet. Diese ist nicht nur gut geschrieben, sondern wird vor allem auch hervorragend verkörptert durch Dave Davis, den man bislang nur aus kleinen Nebenrollen kennen dürfte. Hier beweist er, dass er das Zeug hat, einen Film auf seinen Schultern zu stemmen. Respekt zu dieser Leistung.

Drehbuchautor und Regisseur Keith Thomas schwebte ein Horrorfilm vor, der das Judentum zu seinem zentralen Thema macht. Hierbei geht er nicht nur auf die religiösen Aspekte, sondern auch auf die Vergangenheitsbewältigung des dritten Reiches geschickt ein. Inwiefern er das Thema Massenvernichtung durch die Nazis einbaut, sei hier nicht verraten, nur soviel, dass es mit dem Hintergrund der Gruselgeschichte direkt verbunden ist. Eine kurze, zunächst deplaziert wirkende Eingangssequenz, die erst gegen Ende aufgelöst wird, deutet dies bereits in der ersten Filmminute an.

Die Bild- (2,39:1) und Tonqualität (Deutsch und Englisch in DD 5.1) sind erwartungsgemäß für einen neuen Film gut. Die Synchronisation ist außerdem hochwertig. Als Bonusmaterial bekommt man bei den physischen Veröffentlichungen lediglich ein Wendecover ohne FSK-Flatschen geboten. Nicht viel, aber dafür ist der Film gelungen.

Trailer:

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