Stellt euch mal vor, nicht Harrison Ford hätte den kultigen Abenteurer „Indiana Jones“ verkörpert, sondern TV-Star und Schnauzbartträger Tom Selleck. Klingt komisch, entspricht aber Tatsachen, denn ursprünglich war der passionierte Hawaiihemdenträger aus der Serie MAGNUM, P.I. (1980-1988) die Wunschbesetzung Steven Spielbergs. In HÖLLENJAGD BIS ANS ENDE DER WELT (1983) versuchte Selleck schließlich, den entgangenen Kino-Ruhm zu kompensieren und begab sich als charmant raubeiniger Indy-Epigone auf ein Flugzeugabenteuer quer durch Asien. Mr. Banker Films hat den Film nun im limitierten Mediabook veröffentlicht. Ob das Ganze an das legendäre Vorbild anstinken kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!
Originaltitel: High Road to China
Drehbuch: Sandra Weintraub, S. Lee Pogostin; nach dem gleichnamigen Roman von Jon Cleary
Regie: Brian G. Hutton
Darsteller: Tom Selleck, Bess Armstrong, Jack Weston, Wilford Brimley, Robert Morley, Brian Blessed…
Artikel von Christopher Feldmann
Normalerweise würde an dieser Stelle eine Review zu irgendeinem beliebigen Videotheken-Klopper aus den 1990er Jahren in einer schnöden DVD-Ausgabe folgen, so wie man es eben von Mr. Banker Films gewohnt ist. Die verarzten in der Regel den geneigten B- und C-Film-Fan mit allerhand kruden Streifen aus den Untiefen der Direct-to-Video-Hölle, doch dann flatterte ein Mediabook ins Haus, inklusive Blu-ray. Ungewohnt. Bei dem hier vorliegenden Streifen handelt es sich auch nicht um Grabbeltischware, sondern um einen vermeintlichen Abenteuerklassiker bei dem immerhin Brian G. Hutton auf dem Regiestuhl saß, der in diesem Genre beheimatet war. Trotz aller Indizien, die für ein kurzweiliges Vergnügen sprechen, entpuppt sich HÖLLENJAGD BIS ANS ENDE DER WELT (1983) jedoch als zähe Veranstaltung, die weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.
Handlung:
Istanbul 1922. Die schöne Millionärstochter Eve (Bess Armstrong) hat zwölf Tage Zeit, um ihren verschollen Vater (Wilford Brimley) zu finden und sein Erbe vor seinem ruchlosen Geschäftspartner Bentik (Robert Morley) zu retten. Mit Hilfe des tollkühnen Piloten O’Malley (Tom Selleck) beginnt quer durch Asien eine rasante Jagd durch die Luft. Die Verfolger sind ihnen dicht auf der Spur … sie riskieren Kopf und Kragen. Denn sie haben nur eine Chance: Alles oder Nichts!
In den 1980er Jahren sorgte der von Steven Spielberg in Szene gesetzte RAIDERS OF THE LOST ARK (1981) für eine ganze Reihe Knock-Offs, die sich am Erfolg des Klassikers orientierten, um etwas von dem Welterfolg und der dadurch gewonnenen Popularität für sich zu beanspruchen. Egal ob ROMANCING THE STONE (1984) oder der von Cannon Films produzierte QUATERMAIN-Film mit Richard Chamberlain aus dem Jahre 1985, verwegene Abenteurer an exotischen Schauplätzen waren en Vogue. HÖLLENJAGD BIS ANS ENDE DER ENDE DER WELT bekleidet da schon einen etwas vergessenen Posten, und dass, obwohl die Zeichen auf ein Unterhaltungsspektakel der alten Schule hindeuten.
Die Handlung verbaut die klassischen Versatzstücke, die einen zeitgenössischen Abenteuerfilm ausmachen. Ein tollkühner, raubeiniger und natürlich männlicher Held, einen weiblichen Sidekick, der nach anfänglicher Ablehnung romantische Gefühle entwickelt, exotische Schauplätze und ein gewisses Maß an Action, Spannung und Witz. Als Vorlage diente dabei der Roman UNTERNEHMEN DRACHENRITT (1977) von Jon Cleary, die aber für die filmische Umsetzung einige Federn lassen musste, um das finale Produkt zu zurechtzustutzen, dass es sich möglichst an Spielbergs Kinoerfolg anbiedern konnte. Da liegt auch das größte Problem des Films, denn HÖLLENJAGD ist eben nur eine magere Light-Variante des Indy-Streifens und narrativ ziemlich dünn. Der Plot ist einfach gestrickt aber eben auch nie mehr als Mittel zum Zweck, ohne einen wirklichen Mehrwert. Immer dann, wenn der Film sich auf seine Figuren konzentrieren will, scheitert er, indem er ihnen relativ belanglose Momente zukommen lässt. Das hat zur Folge, dass sie größtenteils farblos bleiben und nie den Spaß und das Mitgefühl beim Zuschauer hervorrufen, wie es einst Harrison Ford schaffte. Und wenn sich dann die Handlung noch als überraschungsfreie Fingerübung entpuppt, fehlt dieser Defizit eben noch deutlicher auf.
Besonders „Eve“ ist ein echter Schaden für den Film. Sie ist der Faktor, der die Geschichte ins Rollen bringt, handelt aber größtenteils wenig sympathisch und begibt sich lediglich auf die Suche nach ihrem Vater, aus Angst, dass ihr das Taschengeld ausgeht. Keine Frage, natürlich hatten die Macher hier eine gewisse Dynamik im Sinn. Reiche, verzogene Göre trifft auf den unkonventionellen, raubeinigen Kriegshelden, eine dienliche Konstellation für zahlreiche Reibereien, aus der sich irgendwann eine, zugegeben erzwungene, Romanze ergeben muss.
Anstatt Charme mutiert die frühe Version eines It-Girls ganz schnell zum lauten Störfaktor, der man immer wieder wünscht, dass O’Malley ihr mal ordentlich aufs Fressbrett haut. Der versucht inzwischen das Geschehen durch seinen natürlichen, kernigen Charme zu retten, was ihm auch ab und an gelingt, allerdings fehlen ihm die wirklich starken Momente, die das reißbrettartige Drehbuch nicht hergibt. Tom Selleck mach im Großen und Ganzen einen guten Job und es erscheint plausibel, dass Spielberg den Mimen für seinen Film im Visier hatte, auch wenn er für mich immer der Hawaiihemden tragende „Thomas Magnum“ bleiben wird. Der Rest der Besetzung bleibt hingegen maßlos unterfordert. Jack Weston verkommt zum Stichwortgeber, Wilford Brimley taucht erst in den letzten 20 Minuten auf und Vorzeige-Brite Robert Morley hat als Bösewicht nicht mal eine Handvoll Szenen und ist lediglich das Ergebnis von Nachdrehs. Über Bess Armstrong ist alles gesagt.
Man muss dem Film zugestehen, dass die Produktion durchaus turbulent war. Ursprünglich war noch John Huston als Regisseur vorgesehen, durch zahlreiche Verzögerungen in der Vorproduktion und beim Schreiben des Drehbuchs verließ er schließlich das Projekt und wurde durch Brian G. Hutton ersetzt, der immerhin durch seine Men-on-a-Mission-Klassiker AGENTEN STERBEN EINSAM (1968) und STOSSTRUPP GOLD (1970) mit dem Genre vertraut gewesen ist. Doch erst die tatsächlichen Dreharbeiten avancierten zum Chaos. Unfälle, Ausfälle und tagelange Verzögerungen sorgten dafür, dass das Drehende nicht eingehalten werden konnte, einzelne Szenen mit Selleck sogar im Studio gefilmt werden mussten, da dieser wieder in den USA für MAGNUM, P.I. vor der Kamera zu stehen hatte. Diese Turbulenzen merkt man dem Film auch irgendwie an, denn abseits der schönen Flugszenen wirkt alles irgendwie unrund und schleppend. Der Score stammt im Übrigen von Bond-Komponist John Barry, der allerdings weniger prägnant als dessen berühmte Kompositionen daherkommt.
Das Mediabook aus dem Hause Mr. Banker Films gibt es in drei Covervarianten, die die klassischen Poster-Artworks des Films verarbeiten. Ansonsten gefällt mir die Gestaltung des Backcovers wenig, da erwarte ich von einer limitierten Collector’s Edition mehr. Die Bildqualität ist gut und zumindest nicht totgefiltert aber etwas arg körnig. Der Ton ist in Ordnung und auch das 16-seitige Booklet überzeugt. Ansonsten fällt das Bonusmaterial mager aus, es gibt lediglich eine Bildergalerie und einen Trailer.
Fazit:
HÖLLENJAGD BIS ANS ENDE DER WELT (1983) kann als Versuch betrachtet werden, aus dem Indiana-Jones-Erfolg Kapital zu schlagen, zumindest wurde Jon Clearys Vorlage insoweit verfremdet. Nichts desto trotz liegt hier ein maximal mittelprächtiger Abenteuerfilm vor, der wirkliche Highlights vermissen lässt und gerade auf der narrativen Ebene erstaunlich dünn ausfällt. Am Ende sorgt lediglich Selleck für charmante Unterhaltung, die aber nie über „ist okay“ hinauskommt.
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