„Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird!“, lehrte uns bereits ein altes klingonisches Sprichwort. Da passt es doch ganz gut, dass Maritim Pictures/Cargo Movies mit BLUE TIGER – AMERICAN YAKUZA 2 (1994) einen klassischen Rachethriller im Angebot haben, der einmal mehr die Erinnerungen an glorreiche Videotheken-Zeiten wach werden lässt, in denen japanische Mafiosi des Öfteren als ruchlose Bösewichte herhalten mussten. Ob Virginia Madsen diesen etwas entgegen zu setzen hat und ob der Streifen an sich überzeugen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Blue Tiger

Drehbuch: Joel Soisson

Regie: Norberto Barba

Darsteller: Virginia Madsen, Tôru Nakamura, Dean Hallo, Ryo Ishibashi, Yuji Okumoto, Harry Dean Stanton…

Artikel von Christopher Feldmann

Die „Yakuza“ haben eine lange Tradition. Von Außenstehenden gerne über einen Kamm geschert, besteht die japanische Mafia aus vielen kleinen Gruppen, deren Geschichten meist Jahrhunderte zurückreichen. Das Wort „Yakuza“ bildet dabei nur den Oberbegriff. Und trotzdem wurde es quasi als Synonym für den bösen Japaner verwendet, wenn man in Hollywood ruchlose Schurken benötigte. Spätestens Ridley Scotts meisterhafter Actionthriller BLACK RAIN (1989) sorgte dafür, dass mythologisch behaftete Mafia-Killer aus Fernost wieder gefragt waren, was von weiteren Hollywood-Produktionen wie SHOWDOWN IN LITTLE TOKYO (1991) oder DIE WIEGE DER SONNE (1993) aufgegriffen wurde. BLUE TIGER – AMERICAN YAKUZA 2 (1994) folgt ebenfalls diesem Trend, entpuppt sich aber sehr schnell als blaustichiges Rachedrama, denn exploitatives Actionfest.

Handlung:

In Los Angeles tobt ein Bandenkrieg. Sowohl die lokale Mafia, als auch die „Yakuza“ streiten sich um das Reisebusgeschäft. Als es in einem Supermarkt zu einem Attentat auf ein hohes Mafia-Mitglied kommt, fällt diesem ein kleiner Junge zum Opfer. In tiefer Trauer beschließt dessen Mutter Gina (Virginia Madsen), sich am Mörder ihres Sohnes zu rächen. Ihr einziger Anhaltspunkt: Die Tätowierung eines blauen Tigers auf der Brust des Killers. Von einem alten Tätowierer (Harry Dean Stanton) erfährt sie die Legende vom blauen und roten Tiger, die in tödlicher Leidenschaft miteinander verbunden sind. Gina lässt sich einen roten Tiger stechen, kauft sich eine Waffe und geht im Nachtleben als Kellnerin getarnt auf die Jagd.

Zu aller Erst sollte man erwähnen, dass es sich im Falle von BLUE TIGER – AMERICAN YAKUZA 2 (1994) mitnichten um eine Fortsetzung des Action-Krimis AMERICAN YAKUZA (1993) handelt, sondern um einen eigenständigen Film, bei dem der deutsche Verleih mal wieder etwas dazu geflunkert hat, um das Tape seiner Zeit besser an den Mann zu bringen. Es hat wohl dazu beigetragen, dass auch hier Ryo Ishibashi und Yuji Okumoto in mehr oder weniger tragenden Rollen zu sehen sind.

Liest man sich die Prämisse des Films durch und wirft nochmal einen Blick auf das DVD-Cover, steigt die Vorfreude auf einen straighten Rache-Reißer, wahrscheinlich irgendwo im tonalen Dunstkreis von DEATH WISH 5 (1994) angesiedelt, in dem Virginia Madsen das weibliche Abziehbild von Charles Bronson gibt und zahlreiche fernöstliche Baddies über den Jordan treibt. Das verspricht auch schon mal in etwa der Trailer, der zudem schon Madsens Transformation zum Rache-Engel mit auffälliger Tätowierung vorwegnimmt. Da lechzt doch das Videotheken- und Männerherz eines jeden Fans einschlägiger Trivialfilmkunst der frühen 1990er Jahre. Schaut man den Streifen dann schlussendlich, macht sich schnell Ernüchterung breit, denn BLUE TIGER ist weniger reißerische Exploitation-Unterhaltung, sondern viel mehr eine etwas unausgereifte Melange aus Gangsterkrimi und Rachedrama, die weitaus weniger Rambazamba bietet, als zuvor angenommen.

Tatsächlich bemüht sich der Film um einen möglichst ernsten Tonfall und verzichtet zum großen Teil auf ausladende Actionsequenzen oder stilisierte Revenge-Momente. Stattdessen versucht man Protagonistin Gina als trauernde, innerlich zerrissene Frau darzustellen, die sich mehr schlecht als recht daran versucht, den Mörder ihres Sohnes zur Strecke zu bringen. Der Plot setzt dabei seine Schwerpunkte durchaus mehr auf Drama, versucht aber immer wieder ein wenig auf Gangsterkrimi zu setzen. Das hat zur Folge, dass Virginia Madsens Figur immer wieder aus der Handlung verschwindet und der Fokus auf die „Yakuza“ gelegt wird, allen voran auf die beiden Brüder, gespielt von Tôru Nakamura und Ryo Ishibashi. Aber auch deren Zwistigkeiten werden nur ansatzweise herausgearbeitet. Dass es sich um Ishibashis Figur um einen echten Killer handelt und bei Nakamura um einen vom Gewissen geplagten Emporkömmling, wird erst mit zunehmender Laufzeit so richtig klar. Hier steht eher die Fehde mit der rivalisierenden Mafia im Vordergrund aber was am Reisebusgeschäft am Ende so lukrativ ist, bleibt ebenso im Dunkeln wie die Charaktere der Bösewichte.

Immerhin liefert die Fehde ein paar gute Shootouts, in denen zahlreiche blaue Bohnen abgefeuert werden und die Blood-Squibs zum Einsatz kommen. So richtig berührend gestaltet sich aber lediglich das Ende des Films, welches sich sehr melancholisch gestaltet und mich wirklich positiv überrascht hat, vor allem weil es die Geschichte zu einem runden Abschluss bringt. So muss man BLUE TIGER am Ende eher als Drama, denn als Actionfilm bezeichnen, ein Umstand den man beachten sollte, da man sonst leicht enttäuscht werden könnte.

Weniger enttäuscht, sondern wirklich überrascht war ich bei der Inszenierung des Films. Für eine Videopremiere sieht der, von Norberto Barba inszenierte, Film wirklich ordentlich aus und besticht vor allem durch seine unterkühlte Optik und seinen angenehm düsteren Blaustich, der schon fast an einen Noir-Film erinnert. Zwar muss man auch Abstriche machen, da das Budget wahrscheinlich keine Extravaganzen zuließ, dennoch hat man hier ein wirklich wertiges B-Movie vor sich, das aufzeigt, dass in den frühen 1990er Jahren noch Arbeit und Liebe in derartige Produktion geflossen sein muss. Darstellerisch bewegt sich das Ganze ebenso auf solider Basis. Virginia Madsen liefert eine gute Performance ab, auch wenn ich ihr den ein oder anderen Bad-Ass-Moment gewünscht hätte. Ryo Ishibashi, Tôru Nakamura und KARATE KID 2-Baddie Yuji Okumoto überzeugen ebenfalls, Letzterer bleibt hingegen etwas unterfordert. In einer Nebenrolle ist zudem Harry Dean Stanton zu sehen und auch Virginias Bruder, Michael Madsen, gibt sich in einem kleinen Gastauftritt als Waffenverkäufer die Ehre.

Die DVD, die über Cargo Records im Handel erschien, stammt von Maritim Pictures und präsentiert den Film erstmals hierzulande auf Scheibe. Die vorliegende Fassung ist selbstverständlich ungekürzt und überzeugt durch ihre gute Bildqualität. Wenn man bedenkt, dass man sich bei DVDs, die uns über den Vertrieb erreichen meist auf schrabbeliges 4:3 VHS-Bild einstellen muss, gleicht es schon einer Offenbarung, dass BLUE TIGER hier in 16:9 daherkommt. Auch die Tonqualität passt. Als Extras gibt es eine Trailershow, sowie ein Wendecover ohne Freigabe-Flatschen.

Fazit:

Videotheken-Kinder und Genre-Fans, die bei dem Titel BLUE TIGER – AMERICAN YAKUZA 2 (1994) schon nass im Höschen werden, sollten gewarnt sein. Hier handelt es sich nicht um einen actionlastigen Rachefilm, sondern mehr um ein Drama mit etwas Gangster-Einschub, weshalb man schnell enttäuscht sein könnte. Wer seine Erwartungen allerdings runterschraubt, bekommt einen durchaus soliden B-Film geboten, der vor allem optisch einige Leckerbissen in Petto hat.

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