Es muss ja nicht immer Marvel oder DC sein, denn auch unter den kleinen, vergleichsweise wenig beachteten Produktionen findet sich ab und an eine kleine Perle, von der man sich wünschen würde, die verantwortlichen Studios würden sich daran ein Beispiel nehmen, wenn es um Storytelling oder Charaktere geht. FAST COLOR – DIE MACHT IN DIR (2018), der von Lighthouse Home Entertainment jüngst im Heimkino erschienen ist, ist eine wohlige Alternative zum gängigen Superhelden-Bombast. Warum, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Fast Color

Drehbuch: Julia Hart, Jordan Horowitz

Regie: Julia Hart

Darsteller: Gugu Mbatha-Raw, David Strathairn, Lorraine Toussaint, Christopher Denham, Saniyya Sidney…

Artikel von Christopher Feldmann

Diversität ist immer noch ein großes Thema im modernen Blockbuster-Zirkus, wobei es dabei nicht nur um weibliche Protagonisten oder Figuren mit sexueller Ambivalenz geht, sondern eben auch um jene mit einer anderen ethnischen Herkunft. Im Jahr 2018 gelang dem Comic-Giganten Marvel mit BLACK PANTHER ein Mega-Hit, der erstmals einen Superhelden mit dunkler Hautfarbe für ein Massenpublikum anbot aber auch dessen ganze Kultur in den Vordergrund rückte. Mit einem Einspiel von über einer Milliarde US-Dollar, sowie Nominierungen bei den wichtigsten Filmpreisen, ein Erfolg auf ganzer Linie. Dass es daneben aber auch ein Film auf die Bildfläche geschafft hat, der ähnliche Themen bedient, das Superhelden-Genre aber gänzlich anders erzählt, haben die Meisten jedoch nicht mitbekommen. FAST COLOR (2018) ist ein zutiefst berührendes Drama um übernatürliche Kräfte und den Zusammenhalt der Familie, das zudem noch eine politische Botschaft mit sich trägt.

Handlung:

Ruth (Gugu Mbatha-Raw) ist besonders. Sie hat Superkräfte, die sie kaum kontrollieren kann. Aus diesem Grund verließ sie einst ihre Familie und ließ sogar ihre gerade geborene Tochter (Saniyya Sidney) zurück. Nun, auf der Flucht vor Menschen, die an ihren Fähigkeiten interessiert sind, zieht es sie zurück in die Heimat und zu ihrer Familie. Doch die Gefahr folgt ihr auf Schritt und Tritt und bedroht bald sogar ihre Nächsten.

FAST COLOR zeichnet schon zu Beginn eine unheilvolle Zukunft, in der die Welt um ihrer Ressourcen beraubt wurde und durch den Klimawandel Wasser zu Mangelware geworden ist. Vor der Kulisse der trostlosen Wüste New Mexicos ist die vom Leben gebeutelte Ruth auf der Flucht vor zwielichtigen Regierungsbeamten, die schwer an ihr interessiert sind. Ruth hat Kräfte, Kräfte die Unheil anrichten können und die sie nicht kontrollieren kann, was dazu führte, dass sie ihre Familie verließ, um sie mehr oder weniger vor sich selbst zu schützen. Was als charakterfokussiertes, melancholisches Portrait einer jungen Frau auf der Suche nach Hoffnung beginnt, entwickelt sich mit voranschreitender Laufzeit zu einer emotionalen Familiengeschichte, die das Thema „Superkräfte“ erstaunlich zurückgenommen und nüchtern behandelt.

Denn auch Ruths Verwandte besitzen gewisse Fähigkeiten, vor allem Dinge mit reiner Willenskraft in ihre elementaren Bestandteile zu zersetzen und wieder zusammenzufügen. Eine Gabe, die sich innerhalb der Sippschaft schon seit Generationen vererbt und daher ein gefundenes Fressen für raffgierige Wissenschaftler darstellt, die als Bedrohung der Handlung dienen. Regisseurin und Autorin Julia Hart ist nicht an großem Brimborium gelegen (dafür war mit Sicherheit nicht ausreichend Budget vorhanden), sondern an den einzelnen Figuren, die mit viel emotionaler Wärme, klugen Beobachtungen und gut geschriebenen Dialogen ihre eigene, nicht unproblematische Vergangenheit aufarbeiten, vor der Kulisse einer trostlos gewordenen Welt, die näher am Abgrund zu stehen scheint, als man meinen würde aber trotzdem mit genug Ambivalenz erzählt wird, um zumindest einen gewissen Interpretations-Spielraum zu bieten. Wer jetzt Blut geleckt hat, sollte sich aber im klaren sein, dass hier kein Effekt-Feuerwerk oder gar Comic-Posen zu erwarten sind, sondern ein gefühlvolles Drama über Familie, Verantwortung und die Stärke der Frauen.

Letzteres wird besonders im abschließenden Showdown klar gemacht, denn Hart, die das Drehbuch gemeinsam mit ihrem Ehemann Jordan Horowitz geschrieben hat, beendet die „Herrschaft des weißen Mannes“ und lässt die tough gezeichneten schwarzen Frauen mit reichlich Power das Ruder übernehmen, um die Welt wieder ins Licht zu führen. Das ist dann in seiner Darstellung zwar wenig subtil aber effektiv genug, um die Botschaft zu verstehen. FAST COLOR ist ein Statement für „Black Power“ und den Feminismus, ohne dabei prätentiös zu sein und mit dem Herz am rechten Fleck.

Das macht sich besonders in der guten Besetzung bemerkbar. Insbesondere Gugu Mbatha-Raw gelingt dabei eine starke und einfühlsame Performance als traumatisierte Mutter, die neben ihren zunächst noch unkontrollierbaren Superkraft-Anfällen auch mit schweren Schuldgefühlen hadert. Die Szenen, in denen sie sich langsam ihrer Tochter annähert sind wunderschön gespielt. Lorraine Toussaint bildet als kraftvoll agierende „Bo“ das Bindestück des Drei-Generationen-Triumvirats. Auch inszenatorisch gelingt Hart eine schöne Symbiose aus ruhigen und stimmungsvollen Bildern, sowie kraftvollen Momenten. Besonders zum Finale, in der dann auch mal Effekte ins Spiel kommen, die durch ihren reduzierten Einsatz, noch mehr Wirkung erzielen und somit weit mehr beeindrucken als jeder CGI-Bombast der großen Tentpole-Produktionen.

Die Blu-ray aus dem Hause Lighthouse Home Entertainment besticht durch exzellente Bild- und Tonqualität, die Extras fallen lediglich mit einem Trailer etwas mager aus. Trotz der geringen Beachtung seiner Zeit im Kino scheint der Stoff dennoch seine Fans gefunden zu haben, immerhin arbeitet Oscar-Preisträgerin Viola Davis derzeit seriellen Umsetzung der Geschichte für Amazon.

Fazit:

FAST COLOR (2018) ist der perfekte Film über Superkräfte und die damit einhergehenden Probleme für Menschen, die sich am routinierten Effekt-Kino der großen Studios satt gesehen haben. Eine einfühlsame Familiengeschichte, mit dem Herz am richtigen Fleck und mit poetischen wie auch metaphorischen Qualitäten.

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