Auch wenn die Corona-Pandemie die Filmindustrie weiterhin schwer beeinträchtigt, verhindert sie nicht, dass Liam Neeson weiterhin auf ihn zugeschnittene Actionthriller dreht. Der Vorzeige-Rächer der Generation Ü60 hat seinem Portfolio mit HONEST THIEF (2020) nun einen weiteren Streifen hinzugefügt, den Leonine Distribution nach der Veröffentlichung als Video on Demand nun auch physisch im Heimkino auswertet. Hier könnt ihr nochmal unsere Kritik nachlesen!
Originaltitel: Honest Thief
Drehbuch: Steve Allrich, Mark Williams
Regie: Mark Williams
Darsteller: Liam Neeson, Kate Walsh, Jai Courtney, Anthony Ramos, Jeffrey Donovan, Robert Patrick…
Artikel von Christopher Feldmann
In den letzten zehn Jahren wurde es besonders modisch, altgediente Hollywood-Stars entgegen ihrer üblichen Darbietungen in kernigen Actionrollen zu besetzen. Was sich bei Kollegen wie Sean Penn in THE GUNMAN (2015) und Kevin Costner in 3 DAYS TO KILL (2014) allerdings als kommerzielle Bruchlandung entpuppte, erwies sich für Wegbereiter Liam Neeson als ergiebige Altersvorsorge. Auf den überraschend sehr erfolgreichen Rache-Streifen TAKEN (2008) folgten nämlich nicht nur zwei Sequels, sondern auch eine ganze Reihe nach ähnlichem Muster gestrickte Actionthriller, in denen der Charaktermime den menschelnden Helden gibt, wie etwa UNKNOWN IDENTITY (2011), NON-STOP (2014), A WALK AMONG THE TOMBSTONES (2014), RUN ALL NIGHT (2015), THE COMMUTER (2018) oder zuletzt HARD POWDER (2019). Mittlerweile scheint es so, als sei der inzwischen fast 70-jährige Ire fast ausschließlich auf den immer gleichen Rollentypus abonniert, liefert dabei aber meistens solide Kost ab, die vor allem die Fans befriedigt. Auch sein neuester Streich HONEST THIEF (2020) schlägt mal wieder in dieselbe Kerbe und dürfte eben jene zufriedenstellen, die bereits an den letzten Werken ihre Freude hatten.
Handlung:
Als sich der berüchtigte Bankräuber Tom (Liam Neeson) Hals über Kopf in Annie (Kate Walsh) verliebt, möchte er seinen riskanten Job endgültig an den Nagel hängen. Er beschließt, sich dem FBI zu stellen, um für sich einen Deal zu verhandeln: er bietet die Rückgabe seiner neun Millionen Dollar Beute gegen eine saubere Weste und Straffreiheit an. Beim FBI glaubt man nach Toms Kontaktaufnahme zunächst, dass man ihnen einen Streich spielen will. Anstatt erfahrener Kollegen, werden die jungen Agenten Nivens (Jai Courtney) und Hall (Anthony Ramos) mit dem Fall beauftragt. Als diese herausfinden, dass es sich bei dem Anrufer tatsächlich um den langjährig gesuchten, Meisterdieb Tom handelt, können sie ihr Glück kaum fassen. Denn dessen Geld könnte ihre Eintrittskarte in ein besseres Leben sein. Ein Katz-und-Maus-Spiel um die Millionenbeute beginnt, bei dem die Grenzen zwischen Gut und Böse immer mehr verschwimmen…
Einen neuen Liam-Neeson-Film zu schauen, ist fast so wie die regelmäßige Pizza-Bestellung beim Stammitaliener um die Ecke, man weiß eben was man bekommt und es schmeckt. Anders als die ganzen anderen in die Jahre gekommenen Actionhelden, bei denen ordentliche Filme mittlerweile Randerscheinungen sind (Hi, Bruce!), liefert Neeson seit Jahren immer ordentliche Qualität ab. Zwar handelt es sich bei den Streifen nie um wirkliche Überflieger, die besonders lange im Gedächtnis haften bleiben, dafür funktionieren sie für den Moment und entpuppen sich meist als solide Gebrauchsware, die kurzweilige Unterhaltung bieten.
HONEST THIEF (2020) ist genau so ein Film. Der Plot um einen geläuterten Bankräuber, der seine über die Jahre beträchtlich gewachsene Beute zu Gunsten der neuen Liebe zurückgeben möchte, ist nicht unbedingt die Krone der Kreativität aber immerhin mindestens zweckdienlich, um einen unterhaltsamen Actionthriller in Gang zu bringen, der genau weiß, in welchen Parametern er sich bewegt. So klappt Neesons Vorhaben natürlich nur bedingt und er muss sich schnell gegen korrupte FBI-Agenten zu Wehr setzen, die es nicht nur auf die Kohlen abgesehen haben, sondern dem eigentlich ganz sympathischen Ganoven auch noch einen Mord anhängen wollen. Was sich daraus ergibt, dürfte kundigen Filmfans natürlich klar sein. Neeson greift erneut auf sein „Particular Set of Skills“ zurück und holt zum Rundumschlag aus. Das mag zwar mittlerweile etwas abgedroschen und arg konstruiert sein, entpuppt sich aber als ordentlich aufgezogenes Thriller-Garn für Zwischendurch, das nach etwas mehr als 90 Minuten den Zuschauer auch wieder in den Abspann entlässt. Besondere Twists und herausstechende Szenen sucht man zwar vergebens, insgesamt befindet sich das Ganze aber auf dem Niveau „kann man machen“. So darf Neeson natürlich hier und da wieder die Fäuste sprechen lassen und sich auf seine Vergangenheit als Ex-Irgendwas verlassen, was sich aber in die flott erzählte Story ganz gut einfügt.
Das größte Plus ist natürlich wieder der Leading-Man selbst. Neeson ist einfach ein kompetenter und charismatischer Schauspieler, der diese Art von Rolle mittlerweile auf Knopfdruck beherrscht und dabei immer überzeugt. Seine Darbietungen haben trotz der Bad-Ass-Attitüde immer etwas wohlig warmes und man fühlt sich gut aufgehoben. Man merkt dem Schauspieler auch an, dass er durchaus Spaß an dieser Sorte Film hat, weswegen man ihm die immer gleichen Mid-Budget-Reißer auch nicht übel nimmt. Auch Kate Walsh funktioniert gut als Neesons Leinwandpartnerin. Die Beiden besitzen eine gute Chemie und die Liaison kauft man ihnen auch ab. Walsh hat auch wie ihr Co-Star eben jene Wohlfühl-Aura und ist einfach von Grund auf sympathisch. In den Nebenrollen strauchelt der Film allerdings, denn sowohl die beiden schurkischen FBI-Agenten, von denen Anthony Ramos denjenigen mit Gewissensbissen spielt, als auch Jeffrey Donovan als positiver Agent Meyers bleiben eher blass und vergessenswert. So richtig fies darf nur Jai Courtney sein, dessen Performance als John McClane Jr. in STIRB LANGSAM 5 (2013) mir immer noch die Fußnägel rollen lässt. Als Bösewicht funktioniert er hingegen, auch wenn das Skript ihm ansonsten keinerlei Personality zugesteht. Größtes Manko ist hingegen die geringe Screentime von Robert Patrick. Der „T-1000“ hat nur eine kleine Nebenrolle und ist nicht wirklich lange im Film, was insofern schade ist, als dass Patrick eigentlich der ideale Gegenspieler für Neeson gewesen wäre, der mit ihm auf Augenhöhe agieren könnte. Aber „Hätte, Hätte, Fahrradkette“.
Inszenatorisch bewegt sich HONEST THIEF ebenso auf soliden Füßen. Regisseur Mark Williams, der auch am Skript mitschrieb, weiß genau, wo die Grenzen liegen. So konzentriert er sich deutlich mehr auf die Thriller-Elemente, als auf ausufernde Actionszenen. Zwar gibt es auch hier Shootouts und Keilereien, diese sind aber kurz und knackig und dominieren nie den Film. Auch ist es schön, dass der Regisseur immerhin den Anstand besitzt, Neesons körperliche Fähigkeiten zu respektieren, was bedeuten, dass der Zuschauer hier von Kampfszenen mit Schnittgewitter, was gerne genutzt wird, um die fehlenden Skills des Hauptdarstellers zu kaschieren, verschont bleibt. Unterm Strich ist dieser Film ein klassischer, geerdeter Mid-Budget-Film, der seine Ansprüche nicht zu hoch setzt aber durchweg kompetent gemacht ist. So etwas gibt es mittlerweile nur noch selten.
HONEST THIEF erschien bereits im Januar per Stream, nun können sich auch Verfechter klassischer Blu-ray- und DVD-Ausgaben den Streifen ins heimische Regal stellen. Als Extra gibt es neben dem Trailer noch ein Featurette, sowie Interviews mit Cast & Crew.
Fazit:
HONEST THIEF (2020) liefert die altbewährten Zutaten, die man mittlerweile von Liam-Neeson-Filmen gewohnt ist und bietet solide Unterhaltung. Zwar hat der Actionthriller hier und da seine Schönheitsfehler und gerade in Nebenrollen bleibt er ziemlich blass, unterm Strich hat man es hier jedoch mit einem solide produzierten Film zu tun, der Neeson-Fans zufriedenstellen dürfte. Nicht mehr und auch nicht weniger.
Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen