Mit dem Erfolg von George A. Romeros Horrorklassiker DAWN OF THE DEAD (1978) schaffte der Zombie Horrorfilmantagonist endgültig seinen großen Durchbruch und gehört seitdem zum festen Genre-Inventar. Dass Erfolg natürlich auch Trittbrettfahrer auf den Plan ruft, die ein Stück vom Kuchen ergattern wollen, ist kein Geheimnis und besonders im schönen Italien liefen die Produktionsmühlen fortan auf vollen Touren, um den blutgierigen Horrorfans reichlich Content zu liefern. Alexander Jäger alias Sandro Cacciatore hat dieser produktiven Zeit und dem Sub-Genre an sich mit seinem Buch ZOMBIES MADE IN ITALY: DER ITALIENISCHE ZOMBIEFILM VON 1979-1988 (2021) nun ein schriftliches Denkmal geschaffen, das sich auf 147 Seiten dem Aufstieg und Fall der südeuropäischen Untoten widmet. Ob sich das schmökern lohnt, erfahrt ihr in unserer neuen Buch-Kritik!
Autor: Sandro Cacciatore (Alexander Jäger)
Format: E-Book
Seiten: 147
Artikel von Christopher Feldmann
Zombiefilme gehören zum Pflichtprogramm eines jeden Horrorfans. Von Maden und zerfledderten Hautfetzen übersäte Untote, die sich langsam aber unnachgiebig ihren Opfern nähern, haben nicht erst seit TV-Hits wie THE WALKING DEAD (seit 2010) Hochkonjunktur, sondern sind schon seit jeher Bestandteil der genrebedingten Filmsozialisation. Romeros DAWN OF THE DEAD (1978) prägte das moderne Bild der lebenden Leiche maßgeblich und gilt zurecht, neben NIGHT OF THE LIVING DEAD (1968) vom selben Regisseur, als ultimativer Klassiker. Doch wir beschäftigen uns hier ebenso wenig mit den Ursprüngen des Mythos wie das vorliegende Buch aus der Feder Alexander Jägers, der sich für die Veröffentlichung mit dem schmissigen Pseudonym Sandro Cacciatore geschmückt hat. Der Autor des 147 Seiten starken Werkes beschäftigt sich nämlich ausschließlich mit der italienischen Variation des Untoten-Horrors, die mehrheitlich in den Videotheken und Bahnhofskinos der 1980er Jahre vertreten war. Gemeinhin werden die deutlich Effekt-lastigen Gore-Spektakel eher dem Trash, oder besser gesagt, dem schundigen Exploitationfilm zugeordnet, auch wenn einige Titel mittlerweile den Status des Genreklassiker genießen.
ZOMBIES MADE IN ITALY ist in zwei grobe Parts aufgeteilt. Im ersten Teil schildert Jäger per Vorwort allgemeine Informationen zum Zombie-Genre, persönliche Sichtweisen und Erfahrungen, bevor es in medias res geht. So erfährt der Leser erst einmal etwas über die Geschichte des Zombie-Mythos und über die Entwicklung im internationalen Genre-Kino, bevor man in den italienischen Kosmos eintaucht. Es geht um die Entwicklung des europäischen Kinos, die einzelnen Strömungen und schließlich den Wendepunkt mit dem Beginn der 1980er Jahre, in denen sich die qualitativ deutlich im Niedergang befindliche Filmindustrie des Stiefels mehr und mehr zur Plagiatschmiede mauserte, die vornehmlich davon lebte, internationale Erfolge für die Videotheken zu kopieren und meist nur geringfügig zu variieren. So beschreibt Jäger detailliert die Blütezeit des Zombiefilms aber auch den Niedergang. Ein ausufernder aber sehr informativer Prolog, der auch dem etwas weniger versierten Leser eine gute Grundlage bietet, um in den folgenden Hauptteil einzusteigen. Zum Abschluss gibt es noch ein paar Worte zum Revival des Genres und Kampf mit den Zensurbehörden, die dem blutigen Treiben seit jeher eher ablehnend gegenüberstehen.
Der eigentliche Hauptteil des Buches besteht aus detaillierten Retrospektiven zu einzelnen Filmen aus der Blütezeit des italienischen Zombiefilms. Natürlich widmet sich Jäger den großen Klassikern wie Lucio Fulcis WOODOO – DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES (1979) und EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL (1980). Aber auch die Schlock-Fraktion kommt auf ihre Kosten, denn sowohl Sleaze-Perlen wie Joe D’Amatos, mit Hardcore-Szenen gespickter IN DER GEWALT DER ZOMBIES (1980), als auch anerkannte Trash-Schätze wie Bruno Matteis DIE HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN (1980) oder Claudio Fragassos ZOMBIE 4 – AFTER DEATH (1989) werden ausreichend berücksichtigt und rekapituliert. Hier enthält der interessierte Leser viele Informationen zu der Produktionsgeschichte und der Entstehung im Allgemeinen aber auch eine analytische Komponente lässt sich der Autor in seinen persönlich gefärbten Texten nicht nehmen. Ein kompakter Leitfaden durch die Höhen und Tiefen des Genres, der enzyklopädisch dafür sorgt, dass sich unkundige Horrorfans die Watchlist vollpacken kann. Besonders interessant sind die Artikel zu den Werken aus der zweiten Reihe, die nochmal ganz neue Blickwinkel eröffnen. Auch auf deutschsprachige Veröffentlichungen wird eingegangen, was besonders löblich ist.
ZOMBIES MADE IN ITALY liest sich erstaunlich gut und ist mit 147 Seiten wirklich kurzweilig. Es ist immer schön, wenn Autoren zum Punkt kommen und sich bei Bewertungen von Filmen nicht in zu viel Geschwafel verlieren. Jäger liefert in seinen Beschreibungen die wichtigsten Fakten und bringt dabei eine persönlich gefärbte Note ein, was besonderen Spaß beim lesen bereitet. Inhaltlich kann man hier nicht meckern und auch der Schreibstil ist wunderbar flüssig. Natürlich hätte man noch den ein oder anderen Film, der Zombiethematik enthält mit einbringen können, das Buch liefert aber einen kompakten Querschnitt durch ein Genre, zu dem ich auch immer gerne zurückkehre. Gemessen an der Auswahl sollte man aber festhalten, dass das Buch eine gute Einsteiger-Lektüre darstellt. Versierte Genrekenner und italophile Cineasten werden hier vermutlich nicht wahnsinnig viel neues entdecken, denn die Werke von Fulci, Mattei oder Lenzi dürften Menschen wie mir durchaus geläufig sein. Für alle, für die es in dieser Sparte noch viel zu entdecken gilt und die sich noch nie so wirklich an das italienische Horrorkino herangetraut haben, haben wir hier im Grunde genommen das ideale Grundwerk, mit dem man vorab Informationen einholen oder nach der Sichtung selbige vertiefen kann.
ZOMBIES MADE IN ITALY ist als E-Book für Kindle erhältlich und kann für gerade einmal läppische 2,99 Euro erstanden werden. Eigentlich wäre es schön, wenn es auch eine Taschenbuchausgabe mit schönem Layout, ordentlicher Cover-Gestaltung und Filmmotiven zwischen den Zeilen geben würde. Ich persönlich bin kein großer Fan von digitalen Büchern und greife lieber zu gebundenen Ausgaben. Das ist die größte Kritik, die man dem Buch anlasten kann, denn für als Kindle-Version macht es einen etwas lieblosen Eindruck, zumal auch das Cover nicht sonderlich einladend aussieht. Vielleicht sollte man da nochmal Hand anlegen. Ansonsten ein wirklich gelungenes Filmbuch, das Lust auf Gekröse und saftigen Italo-Schmodder macht.
Fazit:
ZOMBIES MADE IN ITALY: DER ITALIENISCHE ZOMBIEFILM VON 1979-1988 (2021) deckt die Must-Sees und die bekannten Titel aus der zweiten Reihe ab. In kompakter, flüssig lesbarer Form werden sämtlich Klassiker des italienischen Untotenhorrors abgearbeitet, womit hier besonders Einsteiger und Genre-Neulinge auf ihre Kosten kommen. Aber auch versierte Filmgucker werden hier noch das ein oder andere Detail entdecken und zumindest an den persönlich gefärbten Abhandlungen ihren Spaß haben. Für den unschlagbaren Preis eine echte Empfehlung!
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